1407 Meter unter dem Meeresboden

Der Aufbau der Erde gleicht dem eines Pfirsich: In der Mitte liegt der Kern, den eine dicke Schicht aus „Fruchtfleisch“, der Erdmantel, umgibt. Außen ist die Erde mit der Erdkruste wie mit einer Schale überzogen. Der Blick unter diese „Schale“, insbesondere unter den Meeresboden, ist bei Forschern heiß begehrt. Im Mai berichtete ein internationales Forscherteam im Magazin Science nun von einem großen Erfolg: Erstmals ist es einer Expedition des Internationalen Tiefseebohrprogramms IODP gelungen, den oberen Teil der zweigeteilten so genannten ozeanischen Kruste im Pazifik zu durchbohren. IODP steht für Integrated Ocean Drilling Program. Die Besonderheit dieser Bohrung besteht darin, dass sie den unteren Teil der Kruste in einer Tiefe von 1407 Metern unter dem Meeresboden erreichte, ohne das Profil des oberen Teils zu beschädigen. Forscher der Universität Karlsruhe sind an diesem Bohrprogramm mit einem Projekt beteiligt. Die Gruppe am Institut für Mineralogie und Geochemie erforscht unter der Leitung von Professor Dr. Heinz-Günter Stosch, unter welchen Bedingungen sich Edelmetalle in der Erdkruste anreichern.

Die Karlsruher Wissenschaftler untersuchen vor allem, warum sich die Elemente der Platingruppe nur an bestimmten Stellen im Profil angelagert haben. Mit dieser vollständigen und intakten Probe ist es zum ersten Mal möglich, eine ‚Bestandsaufnahme’ der Edelmetalle in dieser Schicht vorzunehmen. Dr. Birgit Scheibner, Teilnehmerin an der Expedition und Mitarbeiterin von Professor Stosch, beurteilt diese Bohrung dafür als entscheidenden Schritt: „Jetzt können wir die Prozesse, die für die Verlagerung des Platins innerhalb der Ozeankruste verantwortlich sind, erstmals quantitativ beschreiben.“ Angetrieben wird die Edelmetallverlagerung durch die so genannte hydrothermale Zirkulation in der ozeanischen Kruste. Das Seewasser, das durch die Erdkruste dringt, ist vergleichsweise agressiv und löst so das Platin aus dem Gestein heraus. Ändern sich die Bedingungen in der Umgebung, ist beispielsweise das Wasser an einer Stelle kälter, gibt es das Platin wieder ab. An bestimmten Stellen entsteht so eine hohe Konzentration von Edelmetallen in der Kruste. Durch die Plattenbewegung wird die Erdkruste mit den Edelmetallen teilweise auf die Kontinente aufgeschoben. Dadurch wird der Abbau der Metalle möglich.

Doch nicht nur der Edelmetalle wegen waren die Forscher auf dem Bohrschiff „Joides Resolution“ unterwegs. Sie untersuchen auch, wie die ozeanische Kruste überhaupt gebildet wird. Sie entsteht an den Mittelozeanischen Rücken – vulkanisch aktiven Zonen am Meeresboden. Die Mittelozeanischen Rücken driften auseinander und treiben die Bewegungen der Erdplatten an. Diese Bewegung kann an den Plattengrenzen Erdbeben auslösen. Die Bildung der ozeanischen Kruste genau zu verstehen, ist daher ein zentrales Ziel der Erdbebenforschung.

Die Bohrung soll im Jahr 2008 weitergeführt werden – von der Übergangszone zwischen Ober- und Unterkruste bis zur Grenze zwischen Kruste und Erdmantel ist es noch ein weiter Weg. Nächstes Ziel ist nun das vollständige Durchbohren der Unterkruste.

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