Wie hoch ziehen die Wolken?

Bildbeschreibung: Wie hoch ziehen die Wolken wirklich? Statt mit dem Flugzeug darüber zu fliegen und direkt nachzusehen, bestimmt Jürgen Fischer die Wolkenhöhe aus Messungen des Satelliten MERIS. Statt der Höhenmeter geben die Wissenschaftler den Atmosphärendruck an, so wie ihn ein Flugzeugpilot an der Wolkenoberkante finden würde. Dabei entspricht die rote Farbe über Italien und Polen (800 Hektopascal) 1900 Meter, die grüne Farbe über dem Mittelmeer (500 Hektopascal) 5600 Meter. © Institut für Weltraumwissenschaften, Freie Universität Berlin

Wettervorhersagen gibt es inzwischen für lange Zeiträume im Voraus. Doch das heißt nicht, wie jeder weiß, dass die Prognosen auch wirklich stimmen. Ein Grund dafür ist, dass die verwendeten Daten ungenau sind, wie zum Beispiel die über die Wolkenhöhe oder die über den Teilchenaustausch zwischen den verschieden hohen Schichten der Atmosphäre.

Prof. Dr. Jürgen Fischer, Direktor des Instituts für Weltraumwissenschaften an der Freien Universität Berlin (FU), errechnet diese Größen aus den Messdaten, die seit rund drei Jahren MERIS zur Erde funkt. MERIS, das heißt ausgeschrieben MEdium Resolution Imaging Spectrometer, ist eines der zehn wichtigen Instrumente auf dem Forschungssatelliten Envisat. Es dient auch der Vorbereitung der Instrumente für neue Satelliten. „Um entscheiden zu können, ob neue Verfahren zum Beispiel in der nächsten Generation der Meteosat Wettersatelliten eingebaut werden sollen, überprüfen wir jetzt, wie gut die Verfahren sind“, sagt Jürgen Fischer.

Herkömmliche Verfahren errechnen die Wolkenhöhe aus Temperaturprofilen. „Das wird sehr ungenau, wenn die Wolken tief liegen, da dann die thermische Abstrahlung des Bodens stört“, erklärt Jürgen Fischer. Deshalb hat er schon vor über zehn Jahren vorgeschlagen, die Atmosphäre mit Licht in einem spektralen Bereich zu untersuchen, in dem es vom Sauerstoff in der Atmosphäre absorbiert und von den Wolkentropfen reflektiert wird. Dieses infrarote Licht mit einer Wellenlänge von 760 Nanometer ist nicht sichtbar, wird aber in ausreichender Menge von der Sonne ausgestrahlt. MERIS misst, was an den Wolken reflektiert wird. Je tiefer sie liegen, desto länger ist der Weg des Lichts durch die Atmosphäre und desto mehr Licht dieser Wellenlänge wird von den Sauerstoffmolekülen absorbiert.

Da die Vorlaufzeiten bei der Entwicklung der Satelliten 10 bis 15 Jahre betragen, kann Jürgen Fischer seine Theorien erst seit zwei Jahren überprüfen oder validieren, wie der Fachmann dazu sagt. Dazu hat er mit Lasertechniken vom institutseigenen Forschungsflugzeug die Ergebnisse der neuen Methode nachgemessen. „Bei Wolken unterhalb von drei Kilometer können wir die Höhe auf etwa 150 Meter genau bestimmen. Das ist vier bis fünf Mal genauer als mit den anderen Verfahren“, sagt er.

Außerdem versagen die temperaturbasierten Verfahren in vielen Fällen ganz, zum Beispiel in den Tropen. Wolken spielen in der innertropischen Konvergenzzone eine sehr große Rolle für die Klimaentwicklung. „Dort reichen die Wolken oft zwischen 14 und 20 Kilometer hoch, und es ist wichtig, den Energieaustausch in die hoch gelegene Stratosphäre zu kennen“, sagt Jürgen Fischer. Außerdem werden dabei chemische Stoffe nach oben transportiert, die zum Beispiel für das Ozonloch verantwortlich gemacht werden. In anderen Regionen der Erde dominieren wiederum die tiefen Wolken. Sie reagieren empfindlich auf kleine Teilchen in der Atmosphäre, die Aerosole. Ihre Vermehrung durch menschengemachte Emissionen hat nach gegenwärtigem Kenntnisstand, entgegen dem allgemeinen Trend in den letzten Jahrzehnten, die Klimaerwärmung gebremst. „Um diese Effekte einzuschätzen, muss man die Wolkenhöhe genau kennen, und wir haben gezeigt, dass das mit unserer Methode sehr gut funktioniert“, fasst Jürgen Fischer zusammen.

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Ilka Seer idw

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