Erwärmung schärft Grenzen in dünnen Materialschichten

Diffuse Schichtgrenzen in einem Materialsystem aus vielen dünnen Schichten können sich durch Erwärmen entgegen nahe liegender Erwartung schärfer ausprägen. Das zeigen Experimente, die von Wissenschaftlern aus Debrecen und Wien konzipiert und an einer Messapparatur des Hahn-Meitner-Instituts in Berlin durchgeführt worden sind. Die Ergebnisse sind im Wissenschaftsmagazin Science veröffentlicht (Vol 306 / 10. 12. 2004, 1913-1915).


Vielschichtsysteme werden in zahlreichen technischen Anwendungen verwendet, beispielsweise in Leseköpfen für die Datenspeicherung oder in optischen Komponenten für Röntgenstrahlung. Für die Qualität dieser Systeme ist wesentlich, dass die einzelnen Schichten möglichst scharf voneinander abgesetzt sind. Um das zu erreichen, setzt man aufwändige Herstellungsverfahren ein. Dass Grenzen zwischen Materialschichten auch durch einfaches Erwärmen schärfer werden können, zeigen neueste Experimente, die an einer Apparatur des Hahn-Meitner-Instituts in Berlin durchgeführt wurden. Die Idee für das Experiment und die theoretischen Voraussagen stammen von dem ungarischen Wissenschaftler Zoltán Erdélyi von der Universität Debrecen.

Für die Experimente wurden in Debrecen Systeme aus Vanadium- und Molybdänschichten mit diffusen Schichtgrenzen hergestellt (Dicke der Schichten 5-6 nm, Dicke der Grenzschicht 1 nm). Da die beiden Metalle dazu neigen, sich miteinander zu vermischen, würde man erwarten, dass die Grenzen zwischen den Schichten diffuser werden sobald man das System erwärmt. Tatsächlich diffundiert zwar ein Teil des Molybdäns in das Vanadium, dabei entsteht aber eine deutlich abgesetzte Schicht aus Vanadium mit einer konstanten Beimischung von Molybdän. Die Grenzen zwischen dem Molybdän und der Molybdän-Vanadium-Mischung sind dabei deutlich schärfer als im ursprünglichen System. Die Ursache für dieses Verhalten ist darin zu suchen, dass Molybdän wesentlich schneller in Vanadium hineindiffundiert als umgekehrt. Die Veränderung der Schichtstruktur beim Erwärmen wurde in-situ – also während der Veränderung – mit Hilfe von Synchrotronstrahlung verfolgt; die Temperatur wurde während des Experiments von 20°C bis auf 700°C erhöht.

Die Ergebnisse regen dazu an, über Anwendungen nachzudenken, in denen man das festgestellte Verhalten nutzen könnte, um Schichtsysteme für praktische Anwendungen zu verbessern oder einfacher als bisher herzustellen. Ivo Zizak vom Hahn-Meitner-Institut, der sich um die praktische Durchführung des Experiments gekümmert hat, betont jedoch vor allem die Bedeutung der Ergebnisse für die Grundlagenforschung, insbesondere, weil die Messungen im Experiment die theoretischen Voraussagen von Zoltán Erdélyi genau bestätigen konnten.

Die Messungen wurden an der Anlage KMC2 durchgeführt, die das Hahn-Meitner-Institut am Berliner Elektronenspeicherring BESSY betreibt. Dieses Instrument ist vielseitig einsetzbar für hoch aufgelöste Röntgendiffraktometrie und Oberflächenstreuung. Wie die Mehrheit der Instrumente des Hahn-Meitner-Instituts steht es auswärtigen Forschern für ihre Messungen zur Verfügung.

Seit 1999 unterhält das Hahn-Meitner-Institut eigene Anlagen bei BESSY. Die Experimente mit Synchrotronstrahlung, die dort durchgeführt werden, sind eine wesentliche Ergänzung der Arbeiten am Hauptstandort des Instituts in Berlin-Wannsee, wo vor allem Neutronen und schnelle Ionen als Sonden eingesetzt werden.

Kontakt:

Dr. Ivo Zizak, zizak@hmi.de

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MA Thomas Robertson idw

Weitere Informationen:

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