Der Entwicklungsgeschichte der Erdkruste auf der Spur


In einem geologisch bislang wenig erforschten Gebiet in Namibia haben Wissenschaftler von der Universität Würzburg einige hundert Kilogramm Steine gesammelt. Nun untersuchen sie deren Entwicklungsgeschichte. Damit wollen die Forscher ein weiteres Puzzleteil zum Verständnis der frühen Erdgeschichte beisteuern.

Vergleicht man die Entwicklungsgeschichte der 4,56 Milliarden Jahre alten Erde mit einem 100 Meter langen Maßband, so umfasst die Geschichte des Menschen nicht einmal den letzten Zentimeter. Die Entwicklung des Lebens, wie sie anhand von Fossilien belegt werden kann, begann vor etwa 550 Millionen Jahren, also innerhalb der letzten zwölf Meter. Will man ältere Gesteine und ihre Entwicklungsgeschichte zeitlich einordnen, dann sind andere Methoden als die Bestimmung von Fossilien nötig.

Im Nordwesten von Namibia gibt es ein altes Gebirge, dessen gesamte Entwicklung in die ersten 88 Meter des Maßbandes fällt. In einem zum großen Teil unbewohnten und nur mit Geländewagen zugänglichen Bergland am Nordost-Rand der Namibwüste haben sich in den vergangenen Jahrzehnten neben wenigen Geologen nur einige Firmen betätigt, die nach Bodenschätzen wie Kupfer und Nickel suchen. So existiere bislang keine umfassende Arbeit über die geologische Entwicklung dieser sehr alten Gesteinseinheiten, sagt Dr. Barbara Seth.

Die Wissenschaftlerin hat vor Ort 350 Kilogramm der wichtigsten Gesteine gesammelt. In Würzburg untersucht nun Diplom-Geologe Sönke Brandt im Rahmen seiner Doktorarbeit einen Teil davon in Hinsicht auf die Drucke und Temperaturen, die sie im Laufe ihrer Entwicklung überstehen mussten. Er fand beispielsweise heraus, dass Gesteinseinheiten, die ehemals an der Oberfläche gebildet wurden, in eine Tiefe von rund 15 Kilometer versenkt wurden, wo sie Temperaturen von über 900 Grad Celsius ausgesetzt waren. Anschließend wurden diese Gesteine wieder rasch herausgehoben.

Doch wann fanden diese Entwicklungsschritte statt? Das will Dr. Seth im Rahmen ihres Postdoktoranden-Projektes, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wird, herausfinden. Für die Altersdatierung macht sich die Wissenschaftlerin das Entstehen charakteristischer Minerale zunutze, denn die Stabilität vieler Minerale ist abhängig von bestimmten Temperaturen oder Drucken. Bestimmt man das Alter solcher einzelner Minerale, dann lässt sich zeitabhängig eine Druck-Temperatur-Entwicklung des Gesteins rekonstruieren.

Die Datierung einzelner Minerale basiert auf dem Umstand, dass beim Mineralwachstum spezielle Elemente in das Kristallgitter eingebaut werden, die im Laufe der Jahrmillionen einem radioaktiven Zerfall unterliegen. Mit Hilfe der Halbwertzeit dieser so genannten Isotopensysteme kann das Alter des Minerals berechnet werden. Die entsprechenden Arbeiten führt Dr. Seth an der Universität Bern durch.

Besonders geeignet für diese Art der Datierung sind Minerale wie Zirkon, Monazit, Granat oder Biotit: Granat wächst beispielsweise häufig bei ansteigenden Temperaturen, wie sie beim Versenken des Gesteins in die Tiefe der Erde zu Stande kommen. Hingegen entsteht Biotit meist bei der Abkühlung, also beim Wiederherausheben an die Erdoberfläche. Durch all diese Untersuchungen lässt sich herausfinden, wann und in welchem „Stockwerk“ der Erdkruste welche gesteinsbildenden und -verändernden Ereignisse passiert sind.

Weitere Informationen: Dr. Barbara Seth, T (0931) 888-5406, Fax (0931) 888-4620, E-Mail:
barbara.seth@mail.uni-wuerzburg.de

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Robert Emmerich idw

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