Klimaforscher sagen für die Zukunft noch mehr heiße Sommer voraus

Es ist zwar klar, dass einige besonders warme Monate noch kein Beleg für einen Klimawandel sind. «Aber der diesjährige Sommer liegt im Trend», sagte Prof. Christian Schönwiese vom Institut für Meteorologie und Geophysik der Universität Frankfurt. «Ich erwarte in den nächsten Jahrzehnten häufiger heiße Sommer für Deutschland mit jeweils noch höheren Temperaturen als in diesem Jahr.»

Das Hochwasser im vergangenem Jahr und die monatelange Trockenheit sind für Friedrich-Wilhelm Gerstengarbe vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung weitere Indizien für den bereits ablaufenden Klimawandel. Witterungsturbulenzen wie diese seien normal bei einem Klima-Umbruch. Noch sei allerdings unklar, ob der Sommer im weltweiten Durchschnitt wirklich extrem heiß war oder ob dies nur eine eurozentrische Sicht ist. Die weltweiten Daten seien noch nicht zusammengerechnet.

Fest steht für Gerstengarbe jedoch: Die Anzahl der bemerkenswerten Wetterereignisse hat zugenommen. «Innerhalb der letzten 50 Jahre hat sich weltweit die Zahl der Extremereignisse mehr als vervierfacht», sagte Gerstengarbe mit Verweis auf Daten der Versicherung Münchener Rück. «Das ist mit großer Wahrscheinlichkeit auf den Klimawandel zurückzuführen, denn ein Klima, das sich ändert, wird instabiler und dann häufen sich die Extreme.» Ein langer kalter Winter wäre da ebenfalls kein Widerspruch.

Hinweise auf den Klimawandel gibt es genug. Die Durchschnittstemperaturen sind gestiegen. Die Vegetationsperiode hat sich laut Gerstengarbe im vergangenen Jahrhundert um zwei Wochen verlängert. «Sie beginnt eine Woche früher und hört eine Woche später auf.» Doch der Klimawandel gehört zur Erdgeschichte mit ihren vielen Wechseln aus Eis- und Warmzeiten. Ist der derzeitige Klimawandel wirklich außergewöhnlich stark und noch dazu menschengemacht?

Langfristige Abweichungen in der Umlaufbahn der Erde um die Sonne, die Eis- und Warmzeiten verursachen, können nach Aussagen der beiden Klimaforscher nicht allein für den raschen Temperaturanstieg verantwortlich gemacht werden. Dieser Wechsel geschehe in Temperaturzyklen von mehreren zehntausend Jahren.

Auch die Sonnenaktivität hat einen Einfluss. Längerfristige Schwankungen verändern das Erdklima, wie Horst Balthasar vom Astrophysikalischen Institut Potsdam erläutert. Bis vor 20 Jahren seien die Sonnenaktivität und die Temperatur-Kurve der Erde relativ parallel verlaufen. «Seitdem geht die Erdtemperatur schneller hoch, als sie es entsprechend der Sonnenaktivität tun sollte», sagt Balthasar. Ursache sei im Wesentlichen der Ausstoß der Treibhausgase.

Die Berechnungen von Schönwiese deuten in eine ähnliche Richtung: Die Treibhausgase haben in den vergangen 100 Jahren weltweit rechnerisch einen Anstieg von 1 Grad Celsius verursacht. Beobachtet wurden aber nur 0,7 Grad, weil Vulkanausbrüche und der steigende Ausstoß an Schwefeldioxid von 1945 bis zu den 70er Jahren einen kühlenden Effekt hatten. Seitdem es bessere Filteranlagen für Kohlekraftwerke gibt, hat der Ausstoß an Schwefeldioxid deutlich abgenommen. «Daher hat sich der Temperaturanstieg in den letzten zwei Jahrzehnten beschleunigt», sagt Schönwiese. Die Sonnenaktivität könne für bis zu 0,2 Grad des weltweiten Temperaturanstiegs verantwortlich sein.

«Zwei Drittel der Erwärmung sind mit Sicherheit menschengemacht», sagt Gerstengarbe. «Der Rest geht auf natürliche Ursachen zurück.» Gegen die Klima-Erwärmung seien zwei Strategien nötig: Den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren und sich anzupassen. «Das Klimaschutzprotokoll von Kyoto ist nur der Anfang», betont Gerstengarbe. Erst müssten die USA und Russland noch mit ins Boot steigen und dann wesentlich stärkere Reduktionen der Treibhausgase vereinbart werden. Auch in Deutschland sieht Gerstengarbe noch viel Sparpotenzial. «Ein Deutscher verbraucht so viel Energie wie zwei Japaner.»

Zugleich müssten Anpassungsstrategien entwickelt werden. Der Anbau von Pflanzen müsste sich nach den regionalen klimatischen Bedingungen und den Böden richten und nicht nach der Vergabe von EU-Subventionen. «Es ist Unsinn, Mais in Gebieten mit Wasserknappheit anzubauen.»

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