Frühwarnsystem zur Überwachung abrutschgefährdeter Berghänge

Blick auf den fränkischen Weinberg Escherndorfer Lump. Hier arbeiten Würzburger Vulkanforscher an einem Frühwarnsystem für Erdabgänge. Foto: Schuhmann

Der Escherndorfer Lump ist ins Blickfeld der Vulkanologen geraten. Nicht etwa, dass dieser unterfränkische Weinberg im Landkreis Kitzingen kurz vor einem Ausbruch stünde. Vielmehr wollen Forscher von der Uni Würzburg dort ein Frühwarnsystem entwickeln, mit dem sich abrutschgefährdete Berghänge überwachen lassen.

Wie der Würzburger Geophysiker Bernd Zimanowski erklärt, gleitet ein Teil des Escherndorfer Lumps langsam aber sicher in Richtung Tal. Die Ursache dafür finde sich in den 60er-Jahren: Damals wurde im Zuge der Flurbereinigung ein Tälchen im steilen Weinberg in nicht optimaler Weise aufgefüllt. Dieser Bereich ist in Bewegung gekommen – und damit zum Experimentierfeld geworden.

Die Forscher testen am Lump ein neuartiges Messverfahren, das sie eigentlich für die Überwachung von Vulkanen entwickelt haben: Sie erfassen mit Bodensonden die elektrischen Felder, die immer dann auftreten, wenn unterschiedliche geologische Schichten unter Spannung stehen oder sich gegeneinander verschieben. „Damit lassen sich seismische Prozesse analysieren und vorhersagen“, wie Zimanowski erklärt.

Um die Situation an einem rutschenden Hang komplett zu überblicken, führen die Wissenschaftler außerdem laseroptische Messungen an den Stützpfählen der Weinreben durch. Auf diese Weise können sie deren Bewegungen mit millimetergenauer Präzision feststellen. Eine vom Universitätsbund Würzburg finanzierte seismische Station liefert weitere Fakten: „Wenn es in der Erde grummelt, können wir feststellen, aus welcher Richtung das kommt“, sagt der Würzburger Geophysiker. Eine Wetterstation rundet die Messtechnik ab – schließlich beeinflussen auch Temperatur und Niederschlagsmenge die Bodenbewegung.

All diese kontinuierlich erfassten Messwerte münden in ein zentrales Aufzeichnungssystem und lassen sich dann miteinander in Beziehung setzen. Bis Anfang 2004 sollen ausreichende Datenmengen angehäuft sein. Zimanowski: „Möglicherweise steht am Ende des Projekts eine marktreife Methode zur Überwachung von abrutschgefährdeten Berghängen.“ Mit diesem Thema befasst sich auch Diplom-Ingenieur Wolfram Schuhmann in seiner Dissertation.

An den Hängen des Escherndorfer Lumps kooperieren die Geowissenschaftler von der Uni Würzburg mit der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau (Veitshöchheim), dem Messgeräte-Entwickler Helmut V. Röder (Ingenieurbüro Röder, Feldafing) und nicht zuletzt mit dem Weingut Horst Sauer (Escherndorf).

Ein Vorteil für Zimanowskis Team ist hierbei die räumliche Nähe zu Würzburg. Für die eigentlichen Vulkanforschungen müssen dagegen wesentlich weitere Wege zurückgelegt werden – unter anderem nach Hawaii oder zum italienischen Stromboli. Manche Arbeiten erledigen die Wissenschaftler aber auch in der Heimat, nämlich im Physikalisch-Vulkanologischen Labor des Instituts für Geologie der Uni Würzburg.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Bernd Zimanowski
Tel. 0931 – 31-2379, Fax -2378
E-Mail: zimano@geologie.uni-wuerzburg.de

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Robert Emmerich idw

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http://www.uni-wuerzburg.de

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