Wärmespeicher Arktis

Wissenschaftlern des Alfred-Wegener-Institutes (AWI) ist es gelungen, die Herkunft ungewöhnlich warmer Wassermassen in der Arktis zu klären. Die Strömungen im Arktischen Ozean wurden am Computer so simuliert, dass Messdaten aus den neunziger Jahren erklärt werden können, die eine unerwartete Erwärmung und andernorts auch unerwartet tiefe Temperaturen gezeigt hatten. Damit ist die Zirkulation von Wassermassen durch diesen Teil des Weltozeans jetzt besser verstanden. Nicht nur die Temperaturdaten der vergangenen zwei Jahrzehnte werden vom Modell wiedergegeben, es sind auch Vorhersagen möglich. Die wissenschaftliche Publikation wurde von der herausgebenden Amerikanischen Geophysikalischen Gesellschaft als Highlight ausgezeichnet.

In ihrer Publikation beschreiben Michael Karcher, Rüdiger Gerdes, Frank Kauker und Cornelia Koberle vom AWI die Herkunft der ungewöhnlich warmen Wassermasse als Auswirkung einer besonders starken Nordatlantischen Oszillation (NAO). Die NAO ist ein atmosphärisches Phänomen, das die Schwankung des Luftdruckunterschiedes zwischen Island und den Azoren beschreibt. Sie beeinflusst neben Lufttemperaturen, Niederschlägen und Wind auch die Meere. Ende der achtziger Jahre führte sie dazu, dass mehr und wärmeres Wasser über die Framstraße und die Barentssee in den Arktischen Ozean einströmte. So entstand eine Wärmeanomalie in der Arktis, die Anfang der neunziger Jahre unter dem Titel „arctic warming“ Fragen aufwarf. Das Wasser war ein bis zwei Grad wärmer als erwartet.

„Es handelte sich um ein einzelnes Ereignis und nicht um einen kontinuierlich stattfindenden Prozess“, sagt Karcher. In der Computersimulation die mit atmosphärischen Daten der letzten zwanzig Jahre angetrieben wurde, berechneten die AWI-Forscher, wie dieses Wasser in der Arktis über Jahre hinweg in einer Tiefe von 200 bis 1000 Metern zirkuliert, und schließlich die Arktis wieder verlässt.

Im Jahr 2002 wurden von einem russisch-amerikanischen Forscherteam überraschend niedrige Temperaturen nördlich der sibirischen Laptevsee gemessen, die das Modell ebenfalls erklären kann: Die Wärmeanomalie, die Anfang der neunziger Jahre in die Arktis einströmte, ist bereits vorbei gewandert.
Eine weitere Wärmeanomalie hat das Modell vorhergesagt. Danach hat sich 1999 wieder eine warme Wassermenge gebildet, die in die Arktis einfloss. Sie wurde tatsächlich bereits von einem anderen Forscherteam des AWI auf Expeditionen in die Framstrasse beobachtet.
„Diese Bestätigungen des Modells durch aktuelle Messungen zeigen, dass wir jetzt die Strömungen in der Arktis viel besser verstanden haben. Dieser Erfolg ist auch auf die intensive Messtätigkeit mit der ’Polarstern’ zurückzuführen“, sagt Karcher dazu.

Das Autorenteam arbeitet jetzt an einer Ausdehnung der Untersuchungen weiter zurück in die Vergangenheit. Dazu werden die wenigen historischen Messdaten aus den letzten 55 Jahren heran gezogen. Sie wollen auf diese Weise die sehr langfristigen Schwankungen der arktischen Bedingungen in Eis und Ozean untersuchen. Die untersuchten Wassermassen haben, wenn sie die Arktis verlassen, großen Einfluss auf die globale ozeanische Umwälzpumpe und damit auf das Klimageschehen weit über die zentrale Arktis hinaus.

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Dipl.-Phys. Claudia Ratering idw

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