Höchste Treibhausgas-Konzentration seit 800'000 Jahren

Im Rahmen von EPICA („European Project for Ice Coring in Antarctica“) drang ein internationales Forscherteam mit Berner Beteiligung an der Station „Dome Concordia“ im Jahr 2004 in eine Tiefe von 3'270 Metern vor.

Mit einem Alter von über 800'000 Jahren ist dies das älteste je geborgene Eis. In diesem Eisbohrkern ist die Information über acht vollständige Eiszeitzyklen enthalten. An der eingeschlossenen Luft wurden nun die ältesten Konzentrationen von Kohlendioxid (CO2) und Methan (CH4) gemessen.

Diese 650'000 Jahre lange Zeitreihe konnte nun auf 800'000 Jahre ausgeweitet werden. Zwei Studien des „Oeschger Zentrums für Klimaforschung“ der Universität Bern und des „Laboratoire de Glaciologie et Géophysique de l'Environnement“, Grenoble (Frankreich) sowie weitere Partner werden nun in „Nature“ als Titelgeschichte publiziert.

Abrupte Klimaschwankungen bereits vor Hunderttausenden von Jahren

Die eine Arbeit bestätigt den engen Zusammenhang zwischen CO2 und der Temperaturentwicklung. Zudem beschreibt sie die tiefste CO2-Konzentration, die über einen Zeitabschnitt von einigen hundert Jahren vor 667'000 Jahren vorherrschte. In 770'000 Jahre altem Eis entdeckten die Forschenden der Universität Bern zudem natürliche Schwankungen von CO2 und CH4, die denjenigen der letzten Eiszeit vor etwa 40'000 Jahren sehr ähnlich sehen. Dies weist darauf hin, dass auch während früheren Zeiten eine ähnliche Dynamik die Klimaeschichte geprägt hat wie während der letzten Eiszeit. Die Forschenden schliessen daraus, dass sich abrupte Klimaschwankungen – sogenannte Dansgaard-Oeschger-Ereignisse – mit grosser Wahrscheinlichkeit bereits vor 770'000 Jahren ereignet haben.

Neue Einblicke dank hoher zeitlicher Auflösung

Die zweite Arbeit untersuchte den vollständigen CH4-Datensatz über die letzten 800'000 Jahre aus dem EPICA-Eisbohrkern. Die hohe zeitliche Auflösung in Abschnitte von ungefähr 380 Jahren erlaubt erstmals einen Einblick in natürliche Klimaschwankungen, die von mehreren Jahrhunderten bis hin zu ganzen Eiszeitzyklen von 100'000 Jahren dauerten. Dabei wurden die Variationen, die durch die Schiefe der Erdachse und der Richtungsänderung der Erdrotation verursacht werden, in den letzten 400'000 Jahren deutlich stärker. Daraus folgern die Forscher, dass seither Monsun-Strömungen in den Tropen stärker geworden sind.

Die in „Nature“ veröffentlichten Daten liefern neue Eckwerte in der Diskussion über das Ausmass und die Bedeutung des gegenwärtigen Anstieges der Treibhausgase durch die Verbrennung fossi-ler Brennstoffe und die Änderung der Landnutzung. Die heutigen CO2-Konzentrationen in der At-mosphäre sind über 28 Prozent höher als je zuvor in den letzten 800'000 Jahren. Methan ist heute um über 124 Prozent höher als je zuvor in den letzten 800'000 Jahren.

Über 150 Jahre Klimaforschung an der Universität Bern

Treibhausgase wie Wasserdampf, Kohlendioxid und Methan in der Atmosphäre bestimmen die Temperatur der Erdoberfläche, indem die Wärmestrahlung der Erde teilweise absorbiert wird. Ohne diese natürlichen Treibhausgase würde die globale mittlere Temperatur nur gerade -18°C betragen – Leben wäre somit erschwert. Durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Erdöl, Kohle und Erdgas ist die Konzentration von CO2 und CH4 angestiegen, wie dies direkte Messungen in der Atmosphäre seit 1958 belegen. Die Rekonstruktion der Konzentrationen in der Vergangenheit stellt einen Eckpfeiler der Klimaforschung dar, die an der Universität Bern bereits seit 150 Jahren betrieben wird. 2007 wurde das „Oeschger Zentrum für Klimaforschung“ gegründet. Es trägt den Namen von Hans Oeschger (1927-1998), einem Pionier der modernen Klimaforschung, der in Bern tätig war. Das Oeschger Zentrum ist regional vernetzt und global verankert und forscht in Zusammenarbeit mit den Natur-, Human-, Sozial-, Wirtschafts- und Rechtswissenschaften. Es bietet zudem eine „Graduate School of Climate Sciences“ mit einem spezialisierten, international ausgerichteten Master-Studiengang in Klimawissenschaften.

Media Contact

Nathalie Matter idw

Weitere Informationen:

http://www.unibe.ch

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