Transferpreis für Krebsdiagnostik

Basierend auf Ergebnissen der Forschungsgruppe Gynäkologische Molekularbiologie der Frauenklinik am Universitätsklinikum Jena entwickelt das Team um Professor Matthias Dürst, Dr. Alfred Hansel, Kerstin Brox und Dr. Martina Schmitz molekulare Krebsfrüherkennungstests. Als erstes Produkt des vor zwei Jahren gegründeten Unternehmens wird derzeit ein hochspezifisches Diagnostik-Kit für Gebärmutterhalskrebs und seine unmittelbaren Vorstufen entwickelt.

Stolz verweist der Name „oncgnostics GmbH“ an Büro- und Labortür im Jenaer Bioinstrumentezentrum auf das junge Unternehmen, das vor zwei Jahren aus der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe des Jenaer Uniklinikums heraus gegründet wurde und inzwischen sieben Mitarbeiter hat. Während im Labor Kühlschränke brummen und modernste Labortechnik unermüdlich die DNA aus Probenmaterial vervielfacht, wertet Forschungsleiterin Dr. Martina Schmitz die jüngsten Versuchsreihen mit GynTect aus. „Diesen molekularbiologischen Früherkennungstest für Gebärmutterhalskrebs wollen wir als Diagnostik-Kit in diesem Jahr zur Marktreife bringen“, so Geschäftsführer Dr. Alfred Hansel. Der Bedarf für eine aussagesichere Diagnostik ist groß.

Bisherige Tests haben nur begrenzte Aussagekraft

Fast immer wird bei Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom) eine Infektion mit humanen Papillomaviren nachgewiesen. Gegen die häufigsten dieser Virentypen kann man inzwischen impfen, doch die Impfrate ist niedrig. So erkranken in Deutschland jährlich ungefähr 5000 Frauen. Etwa ein Drittel der Patientinnen sterben, obwohl Gebärmutterhalskrebs fast immer vollständig heilbar ist, wenn er denn rechtzeitig erkannt wird. Aber hier liegt das Problem:

Zwar nutzt der überwiegende Teil der Frauen die Möglichkeit zur Krebsvorsorge und lässt einen sogenannten Pap-Test vornehmen, bei dem Zellen aus einem Abstrich vom Gebärmutterhals mikroskopisch auf Krebszellen oder -vorstufen untersucht werden. Aber je nach Erfahrung des Zytologen werden diese manchmal nicht erkannt oder andere Zellen fälschlich als solche interpretiert. Ein DNA-Test von Abstrichzellen auf die Erbsubstanz von Papillomaviren liefert zwar ein eindeutiges Resultat, jedoch liegen nur bei jeder siebten Patientin mit einer Viren-Infektion auch eine Krebsvorstufe oder ein Karzinom vor.

Genau hier setzt oncgnostics an. „Das Herzstück unseres Test-Konzepts sind hochspezifische Markerregionen in den Krebszellen“, erklärt der Biologe Alfred Hansel. „Wenn die DNA-Untersuchung eine Infektion mit Papillomaviren zeigt, können wir mit unserem anschließenden Test anhand dieser Genmarker entscheiden, ob es sich nur um eine Infektion handelt, oder ob Zellveränderungen vorliegen, die auf eine entstehende Krebserkrankung hinweisen und weiter untersucht werden müssen.“

Forschungsergebnisse als Grundkapital

Das Know-how basiert auf Forschungsergebnissen, die die Gründer im Funktionsbereich Gynäkologische Molekularbiologie der Unifrauenklinik erzielten. „Ausgangspunkt für diese Arbeiten ist die enge Zusammenarbeit von klinischen Experten und den experimentellen Wissenschaftlern in der Frauenklinik. Wir behandeln jährlich ca. 2000 Patientinnen mit Verdacht auf Krebsvorstufen in unserem zertifizierten Dysplasie-Zentrum“, so der Klinikdirektor Professor Ingo Runnebaum.

Im genomweiten Vergleich Hunderter Zellproben von gesunden Frauen und Patientinnen fahndeten die Wissenschaftler nach molekularbiologischen Auffälligkeiten und wurden fündig: „Bestimmte Gene in Krebszellen und deren Vorstufen unterschieden sich von den entsprechenden Genen in gesunden Zellen durch spezifische chemische Modifikationen der DNA. An diesem charakteristischen Methylierungsmuster erkennen wir die Krebszellen“, beschreibt Professor Matthias Dürst das Prinzip. Die Anwendung der besten ermittelten Marker ließen sich die Wissenschaftler patentieren.

Mit ihrer Idee und einer Gründungsförderung im Exist-Programm des Bundeswirtschaftsministeriums wagten sie den Schritt zum eigenen Unternehmen. Seitdem konnte das Start-Up viele Etappen erfolgreich absolvieren: Business-Plan- und Gründer-Wettbewerbe, Auftritte bei Messen, Konferenzen und Ärztekongressen. Der High-Tech-Gründerfonds und die Stiftung für Technologie, Innovation und Forschung Thüringen gaben Startkapital, und oncgnostics zog in eigene Räume im Bioinstrumentezentrum. „Wir haben ein zertifiziertes Qualitätsmanagement für die Testentwicklung etabliert“, ergänzt die Ökonomin Kerstin Brox, „erst in der vergangenen Woche bestanden wir ein hierfür wichtiges Audit.“

Test-Entwicklung für weitere Krebsarten

Neben dem technologischen Fine-Tuning von GynTect entwickelt oncgnostics molekulardiagnostische Tests auch für weitere Krebsarten. „Wie beim Zervixkarzinom haben wir in genomweiten Analysen nach typischen Methylierungsmustern für Eierstockkrebs und Kopf-Hals-Tumoren gesucht“, so die Biochemikerin Martina Schmitz. „An der Validierung der entsprechenden epigenetischen Biomarker arbeiten wir derzeit.“ Die kleine Entwicklungsabteilung, zu der neben drei angestellten Mitarbeiterinnen auch zwei Masterstudentinnen und eine Doktorandin gehören, profitiert dabei von der guten Vernetzung mit den Kliniken des Universitätsklinikums.

Das oncgnostics-Team sieht großes diagnostisches Potenzial in den DNA-Methylierungsmustern und freut sich über die Bestätigung und Würdigung durch den Forschungspreis. „Mit Hilfe der Tests wird es möglich sein, unnötige Folgeuntersuchungen zu vermeiden und mehr Krebsfälle frühzeitig zu identifizieren“, sagt Martina Schmitz, und wendet sich wieder einem Stapel Papiere für die Zulassung von GynTect zu.

Kontakt:
Prof. Dr. Matthias Dürst, Universitätsklinikum Jena
Tel. 03641/ 9 33720, E-Mail: Matthias.Duerst[at]med.uni-jena.de
Dr. Alfred Hansel, oncgnostics GmbH, http://www.oncgnostics.com
Tel.: 03641-508 456, E-Mail: alfred.hansel[at]oncgnostics.com

Media Contact

Dr. Uta von der Gönna idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-jena.de

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