Saarbrücker Informatiker erhält als erster Deutscher bedeutenden Forscherpreis für Computergrafik

Dieses Jahr wurde dieser Preis an Hans-Peter Seidel, Direktor am Max-Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken, verliehen. Er ist auch Sprecher des Exzellenzclusters „Multimodal Computing and Interaction“ der Universität des Saarlandes.

Mit dem sogenannten Eurographics Distinguished Career Award werden nicht nur seine wegweisenden wissenschaftlichen Beiträge gewürdigt, sondern auch seine Anstrengungen, exzellente Hochschullehrer für Europa auszubilden und zu fördern.

Der Preis gilt im Fachgebiet der Computergrafik als der höchste Wissenschaftspreis auf europäischer Ebene. Mit Seidel erhält ihn erstmals ein deutscher Wissenschaftler.

Wer eine Vorstellung von Hans-Peter Seidels Forschungen bekommen will, sollte einen Blick ins Computergrafik-Labor des Max-Planck-Instituts werfen: Der Raum ist mit grünem Teppich ausgelegt, einfache Videokameras filmen einen Sportler beim Rad schlagen. Der Computer berechnet auf Basis der aufgenommenen Bilder das Bewegungsskelett in einer solchen Schnelligkeit heraus, dass für den Betrachter keine Verzögerung zwischen der gefilmten Bewegung und dem darübergelegten knallroten Bewegungsskelett erkennbar ist.

Ein anderer Bildschirm zeigt das Gesicht einer jungen Frau. Wenige Millisekunden später hat der Computer eine Datenbank mit Hunderten von dreidimensionalen Modellen von Gesichtern durchforstet und schlägt nun das perfekte Makeup für dieses Gesicht vor. Zwei Mauseklicks später zeigt er auch an, wie es nach zehn Jahren Alterungsprozess aussehen könnte. Dies ist nur ein kleiner Teil der Forschungsprojekte aus dem Bereich der Computergrafik, die Hans-Peter Seidel mit den von ihm entwickelten Rechenverfahren möglich machte, und dennoch weisen sie charakteristische Merkmale seines wissenschaftlichen Wirkens auf.

Seidel erforscht und entwickelt Algorithmen, die Möglichkeiten und Perspektiven moderner Grafikhardware ausnutzen und gleichzeitig die Betrachtung der gesamten Verarbeitungskette ermöglichen. Diese fängt dabei an, mittels dreidimensionalen Abscannen oder der Szenenrekonstruktion aus Videomaterial die Daten zu generieren, daraus mit speziellen Methoden äußerst komplexe Geometriedatensätze zu erzeugen und zu verarbeiten und diese wiederum innerhalb von kürzester Zeit in nahezu realistischen Ansichten darzustellen.

Mit seinen Beiträgen habe er nicht nur die Computergrafik national wie international erkennbar beeinflusst, sondern auch das Feld an sich definiert, begründet Eurographics die Preisvergabe. Ausdrücklich lobt die Vereinigung, dass er als einer der ersten Wissenschaftler das Zusammenwachsen von Computergrafik und Computer Vision erkannt und mit seinen Forschungsergebnissen gefördert habe.

Darüber hinaus würdigt Eurographics seine Bedeutung für den Hochschullehrernachwuchs in Deutschland und Europa. Da Seidel in seiner Arbeitsgruppe extrem hohe wissenschaftliche Standards durchsetze, sei es ihm quasi im Alleingang gelungen, ein europäisches Exzellenznetzwerk von Ehemaligen zu etablieren. In der Tat leiten 30 ehemalige Doktoranden und Postdocs deutschland- und europaweit erfolgreich eigene Forschungsgruppen. Eurographics bescheinigt diesen auf ihren Gebieten eine wissenschaftlich führende Stellung, die dazu beitrage, dass Europa in der Computergrafik auf vielen Gebieten weltweit führend sei.

Kurt Mehlhorn, Gründungsdirektor des Max-Planck-Instituts, erklärte anlässlich der aktuellen Preisvergabe: „Hans-Peter Seidel hat ein ausgezeichnetes Gespür für wissenschaftliche Talente. Er freut sich über jeden seiner Schüler, und die Verbindungen zu seinen Ehemaligen halten in der Regel über einen sehr langen Zeitraum.” Professor Volker Linneweber, Präsident der Universität des Saarlandes, erkennt in der Auszeichnung auch Parallelen zu dem Saarbrücker Exzellenzcluster „Multimodal Computing and Interaction“, der von Seidel geleitet wird. „Ein wichtiges strukturelles Element des Exzellenzclusters ist unser Nachwuchsgruppenmodell, mit dem wir junge Wissenschaftler mit eigenen Forschergruppen fördern. Hans-Peter Seidel ist einer der Garanten für den Erfolg dieses Modells“, betonte Linneweber. Deswegen freue er sich außerordentlich über diese Auszeichnung von höchstem Rang.

Zur Person:
Prof. Dr. Hans-Peter Seidel ist wissenschaftlicher Direktor am Max-Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken und Professor für Informatik an der Universität des Saarlandes. Sein Arbeitsgebiet ist die Computergrafik. Im Rahmen seiner Tätigkeit leitet Seidel unter anderem das im Jahr 2003 in Zusammenarbeit mit der Stanford University (USA) eingerichtete „Max Planck Center for Visual Computing and Communication“ sowie den von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder im Jahr 2007 an der Universität des Saarlandes neu eingerichteten Exzellenzcluster „Multimodal Computing and Interaction“. Außerdem ist Seidel Mitglied im Governance Board des 2009 von Intel an der Universität des Saarlandes eingerichteten Intel Visual Computing Instituts (Intel VCI).

Seidel hat die Computergrafik-Gruppe am Max-Planck-Institut für Informatik nach seinem Wechsel an das Institut 1999 neu aufgebaut. Für seine wissenschaftlichen Arbeiten wurde er im Jahr 2003 mit dem höchsten deutschen Wissenschaftspreis, dem Leibniz-Preis, ausgezeichnet. Laut Microsoft Academic Search ist Seidel auf dem Forschungsgebiet Computergrafik inzwischen der weltweit meistzitierte Wissenschaftler der letzten zehn Jahre.

Fragen beantwortet:

Prof. Dr. Hans-Peter Seidel
Tel.: 0681 / 9325-400
E-Mail: hpseidel@mpi-sb.mpg.de
Hinweis für Hörfunk-Journalisten: Sie können Telefoninterviews in Studioqualität mit Wissenschaftlern der Universität des Saarlandes führen, über Rundfunk-ISDN-Codec. Interviewwünsche bitte an die Pressestelle (0681/302-3610) richten.

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Friederike Meyer zu Tittingdorf Universität des Saarlandes

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