Neun Millionen Euro für immunologische Forschung in Freiburg

Untersucht wird, wie überschießende oder fehlgeleitete Immunreaktionen die Folge von zu schwachen Immunreaktionen sein können. Dieser Zusammenhang könnte nach Ansicht der Wissenschaftler zu einem Paradigmenwechsel in der immunologischen Forschung und Therapie führen. Beteiligt sind das Universitätsklinikum Freiburg, die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und das Max-Planck-Instituts für Immunbiologie und Epigenetik beteiligt.

Im Mittelpunkt der Forschung steht der scheinbare Widerspruch, dass überschießende oder fehlgeleitete Immunreaktionen die Folge von zu schwachen Immunreaktionen sein können. Dieser als immunologisches Paradoxon bezeichnete Zusammenhang ist erst in den letzten Jahren entdeckt worden. Bei der Immunkrankheit HLH beispielsweise attackieren Fresszellen des Immunsystems körpereigene rote Blutkörperchen.

Im herkömmlichen Verständnis würde dieses Symptom mit Medikamenten behandelt, die die Immunreaktion unterdrücken. Mittlerweile ist aber bekannt, dass die übermäßige Aktivierung der Fresszellen Folge einer mangelhaften Immunantwort ist.

Weil eindringende Keime aufgrund eines Gendefekts nicht richtig bekämpft werden, kommt es schließlich zur übermäßigen und fehlgesteuerten Aktivierung der Fresszellen. Entsprechende Immun-Erkrankungen könnten demnach mit Medikamenten behandelt werden, die die Immunreaktion fördern oder stabilisieren, anstatt wie bisher die Immunreaktion zu unterdrücken.

Paradigmenwechsel im Verständnis immun-vermittelter Erkrankungen erwartet

„Wir wollen zeigen, dass das IMPATH-Paradoxon ein biologisch wichtiges und klinisch relevantes Prinzip zur Erklärung von Entzündungsreaktionen darstellt“, sagt Prof. Ehl, Medizinscher Direktor des Zentrums für Chronische Immundefizienz (CCI) am Universitätsklinikum Freiburg. „Wir erwarten, dass diese Erkenntnisse zu einem Paradigmenwechsel im Verständnis von immun-vermittelten Erkrankungen beitragen und für die Entwicklung von neuen therapeutischen Prinzipien zur Förderung und Erhaltung der Immunabwehr genutzt werden.“

Das IMPATH-Paradoxon wird besonders eindrücklich durch Beobachtungen an Patienten mit angeborenen Immundefekten belegt. Lange Zeit wurden diese Erkrankungen vornehmlich mit einer starken Infektionsanfälligkeit in Verbindung gebracht. Mittlerweile ist aber bekannt, dass immunologisch vermittelte Störungen die wesentliche oder sogar einzige sichtbare Störung die Konsequenz primärer Immundefekte sein können.

Diese paradoxe Reaktion ist bekannt von Virus-induzierter Hepatitis, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, Multipler Sklerose und Entzündungsreaktionen, die die Tumorentstehung begünstigen. All diese Erkrankungen sollen in Tiermodellen und in klinischen Studien in Bezug auf die neuen Erkenntnisse im jetzt anlaufenden SFB IMPATH untersucht werden.

„Mit dem Sonderforschungsbereich IMPATH wird die hochklassige immunologische Forschung in Freiburg fortgesetzt. Die enge Zusammenarbeit zwischen klinischer und Grundlagenforschung ist dabei eines der wesentlichen Erfolgsmomente“, sagt Prof. Dr. Gunther Neuhaus, Prorektor für Forschung der Universität Freiburg. 14 der beteiligten Forschungsgruppen gehören dem Universitätsklinikum an, eine der Biologischen Fakultät der Universität und eine dem Max-Planck-Institut. Derzeit fördert die Deutsche Forschungsgemeinschaft elf Sonderforschungsbereiche an Universitätsklinikum und Universität Freiburg.

Kontakt:
Prof. Dr. Stephan Ehl
Sprecher SFB IMPATH
Medizinischer Direktor
Centrum für Chronische Immundefizienz
Universitätsklinikum Freiburg
Telefon: 0761 270-77300
stephan.ehl@uniklinik-freiburg.de

Prof. Dr. Hanspeter Pircher
Stellv. Sprecher SFB IMPATH
Direktor
Institut für Immunologie
Universitätsklinikum Freiburg
Telefon: 0761 203-6521
hanspeter.pircher@uniklinik-freiburg.de

http://www.uni-freiburg.de/ Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
http://www.ie-freiburg.mpg.de/ Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik
http://www.dfg.de/ Deutsche Forschungsgemeinschaft

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Benjamin Waschow idw - Informationsdienst Wissenschaft

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