Junge Forscher gehen neue Wege zur energetischen Nutzung von Biomasse

Beim Ideenwettbewerb Bioenergie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) sind jetzt die besten vier Vorhaben von jüngeren Forschern ausgewählt worden.

„Mit insgesamt zehn Millionen Euro werden wir in den nächsten fünf Jahren grundlagenorientierte Forschungsvorhaben mit einem völlig neuen Ansatz zur Nutzung von Biomasse unterstützen“, sagte am Freitag Thomas Rachel MdB, Parlamentarischer Staatssekretär im BMBF. Damit sollen neue Umwandlungsprozesse von Biomasse – vor allem aus biologischen Abfall- und Reststoffen – vorangetrieben sowie die züchterische Optimierung von Energiepflanzen unter Einsatz moderner Verfahren der Biotechnologie ausgebaut werden.

Zu den Gewinnern zählen Dr. Stefan Jennewein am Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie in Aachen, Prof. Christian Voigt von der Universität Hamburg – Biozentrum Klein Flottbek, Dr. Johannes Gescher und Sven Kerzenmacher von der Universität Freiburg sowie Dr. Jan Mumme vom Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V. „Bei den ausgewählten Nachwuchswissenschaftlern ist es gelungen, diese von renommierten ausländischen Universitäten nach Deutschland zurückzuholen“, betonte Rachel. Als Biologen, Chemiker und Ingenieure wurden die jetzt ausgewählten Wissenschaftler an namhaften nationalen und internationalen Universitäten in Berlin, Freiburg, Cambridge, Zürich, Stanford und Berkeley ausgebildet.

Mit dem „Ideenwettbewerb Bioenergie – Neue Wege beschreiten“ im Rahmen der Förderinitiative BioEnergie 2021 wurden junge Forscherinnen und Forscher aufgerufen, sich mit neuen wissenschaftlichen Ideen und Konzepten jenseits der eingetretenen Pfade zu bewerben. Bei der Ausgestaltung des Ideenwettbewerbs wurden ebenfalls neue Wege beschritten: Nach einer Vorauswahl durchliefen die Nachwuchswissenschaftler eine Serie von Trainings- und Schulungsworkshops. Neben der Diskussion über neueste technologische Entwicklungen war es Ziel dieser Workshop-Serie, die ökonomischen und ökologischen Anforderungen bei der energetischen Nutzung von Biomasse zu vertiefen. Das BMBF zielte zusätzlich zu den fachlichen Kompetenzen auf den Ausbau der überfachlichen Qualifikationen: Das Arbeiten in interdisziplinären Teams und auch die Entwicklung von Führungskompetenzen wurden vertieft behandelt. Ein weiterer Schwerpunkt lag auf dem direkten Kontakt und dem intensiven Austausch mit Praktikern. Exkursionen zu Firmen mit ausgewiesener Bioenergie-Expertise ermöglichten einen vertieften Blick in Produktionsstrukturen und Abläufe.

Neue Konzepte für die Bioenergienutzung sind notwendig, denn Deutschland ist bisher in großem Umfang abhängig von fossilen Energieträgern aus Importen: Beim Mineralöl zu 97 Prozent, beim Erdgas zu 83 Prozent und bei der Steinkohle zu 61 Prozent. „Durch die Nutzung von Biomasse kann ein wesentlicher Beitrag geleistet werden für die Unabhängigkeit von fossilen Rohstoffen und Energieträgern“, erklärte Forschungsstaatssekretär Rachel.

Mit dem Ziel, die Potenziale der Bioenergie zu nutzen, sind jedoch große Herausforderungen für Forschung und Technologie verbunden. Grundsätzlich ist eine Effizienzsteigerung bei der Erzeugung und Nutzung landwirtschaftlicher Rohstoffe notwendig, um den Anteil von Energie aus heimischer Biomasse substanziell und nachhaltig zu erhöhen. Zugleich muss eine Konkurrenz zwischen Energie- und Nahrungsmittelproduktion vermieden werden. Diesen Forschungs- und Entwicklungsbedarf greifen die jetzt geförderten Projekte auf.

Ansprechpartner sind:
Frau Dr. Feldmann, Projektträger Jülich Projektträger Jülich
r.feldmann@fz-juelich.de, Tel: (02461) 61 8711
oder Herr Dr. Feldmann, Projektträger Jülich Projektträger Jülich
k.feldmann@fz-juelich.de, Tel: (02461) 61 2458
Weitere Informationen finden Sie im Internet unter: http://www.bmbf.de/de/12075.php

Die Gewinner im Überblick:

Stefan Jennewein: Entwicklung eines anaeroben Transformationsverfahrens zur Umsetzung von Lignozellulose zu Hexanol:

Das Ziel des Projektes ist es, fossile Kraftstoffe durch biologische Kraftstoffe der zweiten Generation zu ersetzen. Dabei soll holziges Pflanzenmaterial – wie es in großen Mengen in Stroh, Ästen oder auch im häuslichen Bioabfall vorkommt – energetisch genutzt werden. Basierend auf einem biologischen Umwandlungsprozess unter Sauerstoffentzug wird die das Pflanzenmaterial mit Hilfe spezialisierter und optimierter Mikroorganismen in Hexanol umgewandelt. Hexanol eignet sich sehr gut für den Einsatz als Kraftstoff für Dieselmotoren. Der Projektleiter, Dr. Stefan Jennewein, studierte Biochemie u.a. in Cambridge und Zürich und arbeitet nach Erfahrungen in einem großen Chemiekonzern und der Mitbegründung einer eigenen Biotech-Firma jetzt als Arbeitsgruppenleiter am Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie in Aachen.

Christian Voigt: Resistente Pflanzen für vereinfachte Bioethanolgewinnung durch Optimierung der Biosynthese des Zellwandpolymers Callose – CallBio:

In dem Projekt „CallBio“ soll die Effizienz derzeit eingesetzter und potenzieller Energiepflanzen zur Herstellung von Biotreibstoffen der 2. Generation deutlich erhöht werden. Dazu soll die Menge des Zellwandbestandteils Callose erhöht werden. Callose spielt zum einen bei der Abwehr von pflanzlichen Krankheitserrregern eine wichtige Rolle und kann dazu beitragen, die Abwehrkraft der Energiepflanzen gegenüber Krankheitserregern und damit den Biomasseertrag zu erhöhen. Zum anderen kann durch einen optimierten Callose-Gehalt das Potenzial der Pflanzen für die Kraftstoffgewinnung gesteigert werden. Prof. Dr. Christian Voigt hat nach seiner Postdoc-Zeit am Carnegie Institute der Stanford University sowie am neu gegründeten Energy Biosciences Institute (EBI) an der University of California at Berkeley nun eine Juniorprofessur an der Universität Hamburg – Biozentrum Klein Flottbek inne.

Johannes Gescher und Sven Kerzenmacher: EmBBark – Hocheffiziente mikrobielle Brennstoffzellen auf Basis regenerativer Kohlenstoffquellen:

Das interdisziplinäre Team hat sich zum Ziel gesetzt, hocheffiziente mikrobielle Brennstoffzellen zu entwickeln, die sich für einen Einsatz als dezentrale Stromgeneratoren eignen. Die Energie soll dabei aus der mikrobiellen Oxidation regenerativer, biogener Kohlenstoffquellen gewonnen werden. Die Funktionsweise mikrobieller Brennstoffzellen beruht dabei auf den Fähigkeiten so genannter exoelektrogener Mikroorganismen, deren eigene zelluläre Energiegewinnung an die Stromproduktion gekoppelt werden kann. Als Nahrungsquelle für diese Mikroorganismen sollen biologische Abfälle und Reststoffe verwendet werden. Das fachliche Wissen der zwei Nachwuchsforscher Dr. Johannes Gescher und Sven Kerzenmacher werden dabei optimal kombiniert: Der Biologe Gescher kehrte nach der Postdoc-Zeit an der Stanford University an die Universität Freiburg, Institut für Biologie II/ Mikrobiologie als Arbeitsgruppenleiter zurück. Der studierte Verfahrens- und Umwelttechniker Kerzenmacher arbeitet nach Abschluss des Master-Studiengangs „Energy Conversion & Management“ jetzt als Arbeitsgruppenleiter am Institut für Mikrosystemtechnik (IMTEK), Lehrstuhl für Anwendungsentwicklung der Universität Freiburg.

Jan Mumme: Anaerobe Konversion von Biomassen zu hochwertigen Energieträgern und Kohlenstoffsenken – APECS:

In dem Projekt APECS sollen die wissenschaftlichen und technischen Grundlagen für eine effiziente und nachhaltige Produktion von Biomethan als hochwertigem Energieträger und von Biokohle als Bodenverbesserungsmittel und Kohlenstoffsenke geschaffen werden. Basis des Projektes ist dabei die Kombination von biologischer und thermochemischer Umsetzung organischer Reststoffe. Bislang nicht oder kaum erschlossene organische Stoffströme sollen unter Wahrung regional geschlossener Stoffkreisläufe erschlossen werden und die Landwirtschaft soll als echte Kohlenstoff-Senke etabliert werden. Der Arbeitsgruppenleiter Dr. Jan Mumme forscht am Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V. (ATB) in der Abteilung Bioverfahrenstechnik, AG Umweltbioverfahrenstechnik.

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