Innovationspreis für erste Brücke aus kalt gebogenem Glas – Schwerelose Transparenz auf sieben Metern

Erste Brücke aus kalt gebogenem Glas. <br>(Foto: Messe Düsseldorf)

Die Konzeption und das Design der „Brücke 7“ lag in der Hand des Instituts für Baukonstruktion und Entwerfen, Lehrstuhl 2 (IBK2) der Universität Stuttgart und wurde mit seele und dem Ingenieurbüro Engelsmann Peters in einem intensiven Dialog ausgearbeitet. Die Weltneuheit und wurde mit dem Innovationspreis „Architektur und Glas“ ausgezeichnet und dürfte zu einer Zukunftstechnologie für Anwendungen im konstruktiven Glas- und Fassadenbau werden.

Glas ist ein faszinierender Werkstoff. Dank seiner Eigenschaften wie Transparenz, Oberflächenhärte, Diffusionsdichte und UV-Beständigkeit hat er die Architektur der letzten Jahrzehnte so nachhaltig beeinflusst wie kaum ein anderes Material. Möglich wurde die großflächige Verwendung erst mit der industrielle Entwicklung des Floatglasverfahrens ab 1960 durch die Firma Pilkington. Seither belegen zahlreiche Architekturbeispiele weltweit das Potential des Werkstoffes Glas, der in gewissem Sinne die Außenwelt mit dem thermisch geschützten Innenraum eines Gebäudes verschmelzen lässt.

Floatglas wird von der Glasindustrie in ebenen Platten hergestellt. Um gebogene Glasbauteile zu erhalten, werden die ebenen Glasscheiben üblicherweise bei Temperaturen von über 640 Grad verformt. Nachteile dieser Technik sind die Kosten der Form, die Begrenzung durch den Biegeofen, die optischen Beeinträchtigungen durch das thermische Verfahren und die Ungenauigkeiten beim Erkalten des Glases. Um diese Probleme zu umgehen, präsentierten die Partner mit der „Brücke 7“ erstmals einen Übergang aus kalt gebogenem Glas. Beim Kaltbiegen werden die Glasscheiben vor dem Laminiervorgang, also vor dem Verkleben der einzelnen Glasschichten, auf einer Form als Glaspaket abgelegt. Spannungen werden durch das anschließende Laminieren quasi eingefroren.

Eine Herausforderung an die Tragwerksplanung war das statische System der experimentellen Glasbogenbrücke. Es besteht aus einem Zweigelenkbogen mit einem Verhältnis von „Stich“ (der Fachbegriff meint die Bogenhöhe) zu Spannweite von 1/18; dies entspricht einem besonders schlanken Bogen. Eigengewichtslasten und Nutzlasten werden über die Bogentragwirkung des Glasbodens in die beiden Brückenwiderlager abgetragen. Die Glasbrüstungen dienen der Stabilisierung bei ungleichen Lasten. Für die Holmlasten wird in den gebogenen Glasbrüstungen ebenfalls die Bogentragwirkung aktiviert. So entsteht ein System, bei dem die tragende Konstruktion des Glasstegs und des Glasgeländers optisch vollkommen aufgelöst ist. Der Materialeinsatz von Stahl wird dabei auf Verknüpfungselemente zwischen Geländer und Steg reduziert. Glasklar überspannt die Brücke in einem eleganten Bogen sieben Meter frei, es entsteht ein Eindruck von Schwerelosigkeit und transparenter Eleganz.

Die Brücke ist bereits das zweite Kooperationsprojekt der Firma seele und des IBK2, das mit dem Innovationspreis „Architektur und Glas“ bedacht wurde: Im Jahr 2006 wurde die Auszeichnung für eine Ganzglastreppe vergeben.

Weitere Informationen bei Andreas Fuchs, Instituts für Baukonstruktion und Entwerfen 2, Tel. 0711/685-83987, e-mail andreas.fuchs@ibk2.uni-stuttgart.de

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Ursula Zitzler idw

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