Hörforscher für Deutschen Zukunftspreis nominiert

Der renommierte Wissenschaftspreis wird vom Bundespräsidenten an besonders erfolgreiche Arbeiten aus dem Bereich Technik und Innovation verliehen, die herausragende Ergebnisse in der Wissenschaft erreichen und zu zukunftsprägenden Produkten führen.

Der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft eingebrachte Vorschlag des Teams um Prof. Dr. Dr. Kollmeier von der Universität Oldenburg wurde von einer hochrangigen Jury für die Endrunde, den „Kreis der Besten“ nominiert. Kollmeier leitet auch das Kompetenzzentrum HörTech, die Fraunhofer-Projektgruppe für Hör-, Sprach- und Audiotechnologie und ist einer der führenden Köpfe des Forschungs- und Entwicklungsnetzwerks „Auditory Valley“.

Die konkrete Entwicklung, die mit dieser Nominierung honoriert wird, ist naheliegend und einleuchtend und doch in ihrer Realisierung äußerst kompliziert: Das Zusammenspiel beider Ohren beim Hören soll auch bei der Hörgeräteversorgung berücksichtigt werden. Wie beim Sehen, entsteht erst durch die Interaktion vom linken und rechten Ohr ein räumlicher Eindruck. Dies ermöglicht, dass man in einer lebhaften Umgebung einem einzelnen Gespräch folgen kann, denn Störschalle und Nachhall können unterdrückt und dadurch die Aufmerksamkeit gezielt auf die gewünschte Sprachquelle gerichtet werden.
Bis in die 90er Jahre waren Hörsysteme primär auf die Versorgung jedes einzelnen Ohrs ausgerichtet. Das Forscherteam um Kollmeier hat mit seinen Entwicklungen zu einem entscheidenden Umdenken in der gesamten Branche beigetragen. „Im ersten Schritt mussten wir zunächst die komplexen Abläufe des natürlichen Hörens verstehen und darauf aufbauend erste Algorithmen (Rechenverfahren) für Hörsysteme entwickeln, die diese Prozesse für Menschen mit einer Hörbeeinträchtigung übernehmen“, beschreibt Kollmeier.

Die Umsetzung vom sperrigen Labor-Prototyp zu einem modernen High-Tech Hörsystem brachte weitere Herausforderungen mit sich: „Welcher Hörgerätenutzer akzeptiert eine Drahtverbindung zwischen dem linken und dem rechten Ohr? Also mussten wir eine schnelle, drahtlose Datenverbindung mit einer hohen Datenrate und niedrigem Energieverbrauch entwickeln“, erklärt Ingenieur Dr. Torsten Niederdränk (Siemens AG) den weiteren Entwicklungsweg.

Aus den gemeinsamen Arbeiten des Forscherteams ging eine Reihe von Patenten hervor. Bereits im Jahr 2004 brachte die Siemens Audiologische Technik erste binaurale Geräte auf den Markt.

„Es motiviert uns, dass unsere Erfindung heute zahlreichen Menschen hilft“, beschreibt Prof. Dr. Volker Hohmann, Experte für Modellbasierte Signalverarbeitung für Hörgeräte von der Universität Oldenburg, den Anreiz für die gemeinsame Innovation. Schwerhörigkeit ist weit verbreitet, in der Europäischen Union haben rund 56 Millionen Erwachsene zwischen 18 und 80 Jahren eine behandlungsbedürftige Hörminderung. Damit ist jeder sechste Erwachsene betroffen, die Hälfte davon im berufstätigen Alter.

Dass die Erfindung der „Binauralen Hörsysteme“ heute in fast allen modernen Geräten berücksichtigt wird, ist vor allem auf die gute Kooperation zwischen Wissenschaft und Industrie zurückzuführen. Zu Beginn wurde diese durch ein Förderprogramm des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung unterstützt und später im Rahmen des Netzwerkes Auditory Valley erfolgreich fortgeführt.

In dem von der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder geförderten Exzellenzcluster „Hearing4all“ forschen und entwickeln WissenschaftlerInnen zum Wohle Schwerhöriger im Verbund von universitären und außeruniversitären Partnern. Das Auditory Valley verbindet führende Forschungsinstitutionen aus Niedersachsen mit Unternehmen aus dem audiologischen Umfeld. Die Technologien werden dabei nicht nur schwer hörenden Menschen zu Gute kommen, sondern auch normal hörenden Menschen in akustisch anspruchsvollen Situationen.

Für das nominierte Team bleibt es spannend bis zur letzten Minute: Erst in der Preisverleihung durch Bundespräsident Gauck wird bekannt, wer der Preisträger des Deutschen Zukunftspreises 2012 sein wird. Das ZDF überträgt die Gala Veranstaltung am 28. November, 22.15 Uhr.

Pressekontakt:
Auditory Valley
Dr. Corinna Pelz
Tel. +49-441-2172 203
Mobil +49-163-2785572
C.Pelz@auditory-valley.com

Siemens Audiology Solutions
Erika Weigmann
Tel.: +49-9131-308 3449
Mobil: +49-173-7075462
erika.weigmann@siemens.com

Auditory Valley
Das weltweit einzigartige Forschungs- und Entwicklungscluster Auditory Valley führt seit Jahren umfassende Expertisen rund um das Thema Hören zusammen und entwickelt in Kooperation mit den führenden Industrieunternehmen der Branche innovative Lösungen für besseres Hören. Zu den Clusterpartnern gehören u.a. die HörTech gGmbH, das Hörzentrum Oldenburg, die Universität Oldenburg, das Akustikbüro Oldenburg, die Medizinische Hochschule Hannover, das Deutsche Hörzentrum Hannover, die Leibniz Universität Hannover, die Jade Hochschule Oldenburg, das ITAP sowie die Fraunhofer-Projektgruppe „Hör-, Sprach- und Audiotechnologien“. Weitere Informationen finden Sie unter www.auditory-valley.com

Siemens Audiologische Technik GmbH
Schon Werner von Siemens war es ein Anliegen, schwerhörigen Menschen die Kommunikation zu erleichtern. 1878 erfand er ein Telefon für Schwerhörige und legte damit den Grundstein für eine inzwischen über 130-jährige Erfolgsgeschichte. Hörgeräte von Siemens werden heute im Sektor Healthcare von der Business Unit Audiology Solutions mit über 4.000 Mitarbeitern entwickelt und weltweit vertrieben. Weitere Informationen finden Interessierte im Internet unter www.siemens.de/hoergeraete

Universität Oldenburg
Die Universität Oldenburg, nach dem Publizisten und Friedensnobelpreisträger Carl von Ossietzky (1889-1938) benannt, gehört zu den jungen Hochschulen Deutschlands. International anerkannte Spitzenforschung und hervorragende forschungsorientierte Lehre – seit fast 40 Jahren steht die Universität Oldenburg für eine Wissenschaft, die Brücken schlägt zwischen Disziplinen, Kulturen und Gesellschaft. Ob Energie-, Bildungs- oder Meeresforschung, Informatik oder Umweltwissenschaften – sie forscht auf vielen zukunftsträchtigen Feldern. Jüngster Erfolg: Die Oldenburger Hörforschung, deren Wurzeln in die 1970er Jahre zurückreichen, siegte mit dem Exzellenzcluster „Hearing4all“ bei der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder. Mit der European Medical School Oldenburg-Groningen wird die Universität zudem ihren international renommierten Forschungsbereich Neurosensorik stärken, einen neuen Akzent in der medizinischen Versorgungsforschung setzen und ab 2012 einen humanmedizinischen Studiengang anbieten. Offen für neue Wege – dieses Motto der Universität Oldenburg gilt auch für das Lehren und Lernen. Die knapp 11.500 Studierenden werden früh in wissenschaftliche Prozesse eingebunden und an die Berufspraxis herangeführt. Ob in der Lehrerbildung oder der Wissenschaftlichen Weiterbildung, die Universität Oldenburg geht auch hier zukunftsweisende Wege. Seit 2011 gehört sie zudem zu den drei offiziellen „EXIST-Gründerhochschulen“ Deutschlands. www.uni-oldenburg.de

Projektgruppe Hör-, Sprach- und Audiotechnologie
Fraunhofer Institut für Digitale Medientechnologie IDMT
Die Oldenburger Projektgruppe Hör-, Sprach- und Audiotechnologie des Fraunhofer-Instituts für Digitale Medientechnologie IDMT, Ilmenau, wurde 2008 mit dem Ziel gegründet, wissenschaftliche Erkenntnisse aus den Bereichen Hörrehabilitation, Sprachkommunikation und Audiotechnik in neue Technologien umzusetzen, die das Hörverstehen im Alltag für Menschen mit normalem und beeinträchtigtem Hörvermögen verbessern. www.idmt.fraunhofer.de/hsa

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Tabea Jost idw

Weitere Informationen:

http://www.idmt.fraunhofer.de/hsa

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