Dieter Oesterhelt erhält Wissenschaftspreis des Stifterverbandes

Dieter Oesterhelt vom Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried erhält den diesjährigen Wissenschaftspreis für Forschung zwischen Grundlagen und Anwendungen.

Der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und die Max-Planck-Gesellschaft würdigen damit vor allem die Entdeckung und Erforschung lichtempfindlicher Proteine, mit denen manche einzellige Organismen Fotosynthese betreiben können. Der Preis wird alle zwei Jahre für herausragende Projekte verliehen, die die grundlagen- und anwendungsorientierte Forschung auf besondere Weise verbinden. Er ist mit 50.000 Euro dotiert und wird auf der Jahresversammlung der Max-Planck-Gesellschaft am 8. Juni 2011 überreicht.

Archaeen bilden neben Bakterien und Organismen mit Zellkern die dritte Domäne des Lebens. Manche dieser Organismen können wie Pflanzen von der Sonne als alleiniger Energiequelle leben. Als dritte Domäne des Lebens haben sie dazu eine Variante zur pflanzlichen Fotosynthese entwickelt: Anstelle des lichtempfindlichen Chlorophylls verwerten sie die Energie des Sonnenlichts mit Hilfe von Vitamin-A-Aldehyd oder Retinal für ihren Stoffwechsel. Das Retinalprotein Bacteriorhodopsin wirkt dabei als eine molekulare Pumpe, die positiv geladene Wasserstoff-Atome durch die Zellmembran schleust und so die Lichtenergie in chemische Energie umwandelt.

Dieter Oesterhelt ist der Entdecker des Bacteriorhodopsins. Der 1940 in München geborene Chemiker forschte unter anderem an der University of California, San Francisco, am Friedrich-Miescher-Laboratorium der Max-Planck-Gesellschaft in Tübingen und an der Universität Würzburg. Seit 1979 ist er Direktor am Martinsrieder Max-Planck-Institut für Biochemie. „Dieter Oesterhelt hat mit seinen Arbeiten das völlig neue Forschungsfeld der biologischen Energetik eröffnet. Der Stifterverbandspreis würdigt nicht nur die Exzellenz seiner Forschung, sondern auch das Stehvermögen gegenüber den anfänglichen Zweifeln an seinem neuen Konzept“, betont Peter Gruss, Präsident der Max-Planck-Gesellschaft.

Dem Wissenschaftler ist es maßgeblich zu verdanken, dass Bacteriorhodopsin heute eines der am besten untersuchten Membranproteine ist. So haben Dieter Oesterhelt und seine Mitarbeiter erstmals Kristalle des Bacteriorhodopsins gezüchtet. Dadurch konnten sie den Aufbau und die räumliche Struktur des Proteins entschlüsseln. Die dafür entwickelten Methoden bilden heute die Basis für die Strukturuntersuchung von Membranproteinen. Darüber hinaus beschrieben die Martinsrieder Forscher eine weitere lichtgetriebene Ionenpumpe, das Halorhodopsin. Dieses Protein pumpt negativ geladene Chlorid-Atome durch die Zellmembran und bewirkt lichtgetriebene Salzaufnahme.

Den Wissenschaftlern gelang es zudem, Eigenschaften von Bacteriorhodopsin gezielt zu verändern. Durch den Austausch einzelner Aminosäuren entstehen Moleküle, die für Licht unterschiedlicher Wellenlänge empfindlich sind oder langsamer auf Licht reagieren. Diese biotechnologischen Varianten von Bacteriorhodopsin besitzen das Potenzial für eine Vielzahl technischer Anwendungen, die Dieter Oesterhelt in langjähriger Zusammenarbeit mit Norbert Hampp von der Universität Marburg ausgearbeitet hat. Varianten von Bacteriorhodopsin, die langsamer zwischen belichteter und unbelichteter Form hin- und herschalten als das natürliche Molekül, können beispielsweise als optischer Datenspeicher dienen.

Auch als Sicherheitspigment kann Bacteriorhodopsin heute eingesetzt werden. Es ändert bei Belichtung nämlich seine Farbe von purpur nach gelb. Mit Bacteriorhodopsin-haltigen Farben erstellte Dokumente bleichen nach Belichtung aus – ein Beleg für ihre Echtheit. Gleichzeitig dient das Ausbleichen der Druckfarbe als Kopierschutz, denn die Belichtung beim Kopieren oder Scannen löst einen Farbumschlag aus. Eine Reihe von Patenten sowie eine Firmenausgründung zeugen davon, dass Dieter Oesterhelt die Anwendungsmöglichkeiten seiner Entdeckung frühzeitig erkannte und sich an deren technischer Umsetzung beteiligte.

Anja Konschak
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Biochemie, Martinsried
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