Bielefelder Chemiker erhält höchsten EU-Wissenschaftspreis

Professor Dr. Achim Müller von der Fakultät für Chemie der Universität Bielefeld hat den höchsten Wissenschaftspreis der Europäischen Union erhalten. Er wurde mit einem „ERC Advanced Grant 2012“ des Europäischen Forschungsrates ausgezeichnet. Der Chemiker gehört zu den weltweit führenden Wissenschaftlern in der Nanochemie. Mit 1,2 Millionen Euro Preisgeld fördert der ERC die wissenschaftliche Arbeit des Professors über drei Jahre.

„Wir freuen uns, dass dieser sehr renommierte Preis erstmals an einen Bielefelder Wissenschaftler geht. Wir gratulieren Professor Müller zu diesem fabelhaften Erfolg“, sagt Professor Dr.-Ing. Gerhard Sagerer, Rektor der Universität Bielefeld.

Das Preisgeld setzt Professor Müller unter anderem für die Forschung an kugelförmigen Nano-Kapseln ein, die mit Poren ausgestattet sind. Durch diese Öffnungen lassen sich Stoffe in die Kapseln einbringen und dadurch zum Beispiel schützen. Müller und sein Team haben herausgefunden, mit welchen Materialien sich die Poren schließen und vor allem unter welchen Bedingungen sie sich wieder stufenweise öffnen und schließen lassen. Das Forschungsteam will jetzt unter anderem verstehen, wie chemische Prozesse in nanostrukturierten Räumen ablaufen. Es wird damit gerechnet, dass ihre Ergebnisse Bedeutung für bestimmte Forschungsbereiche in Chemie, Physik, Biologie und Materialwissenschaft haben. Müller und seine Mitarbeiter sind weltweit die einzigen, die den Innenraum von Nanokapseln mit verschiedenen Funktionen ausstatten können.

Professor Müllers Arbeitsgruppe ist dafür bekannt, dass sie Nano-Moleküle mit ungewöhnlichen und für die Materialwissenschaft interessanten Eigenschaften herstellen kann. Die molekularen Gebilde sind im Vergleich zu gewöhnlichen anorganischen Molekülen riesig. Gewöhnlich haben derartige Moleküle einen Durchmesser von mehreren Zehnteln Nanometern – die Bielefelder „Riesenmoleküle“ messen mehrere Nanometer. Das Besondere an diesen Molekülen: Sie erlauben, bestimmte chemische, auch katalytische Reaktionen durchzuführen, die zuvor nicht möglich waren.

Mit seinen Arbeiten hat Achim Müller nach Meinung der Fachwelt die anorganische Chemie verändert. Für weltweites Aufsehen sorgte der Bielefelder Chemiker mit der Publikation des „Bielefelder Riesenrads“. 1995 hatten er und sein Team das damals größte künstliche Molekül hergestellt. Es besteht aus 154 Metall-Atomen, genauer Molybdän-Atomen, die mit Sauerstoff-Atomen verbunden sind. 1998 überraschte die Arbeitsgruppe die Fachwelt mit der Herstellung des „Nano-Fußballs“. Er wird so genannt, weil sein Aussehen an die aneinandergenähten fünf- und sechseckigen Lederstücke eines Fußballs erinnert. Das kugelförmige Molekül weist mehr als 700 Atome und 20 Öffnungen auf. Später übertraf sich die Arbeitsgruppe noch mit der Herstellung von molekularen Gebilden mit 176, 248 und 368 Molybdän-Atomen. So konstruierten sie 2002 einen „Nano-Igel“, bestehend aus 368 Metallatomen. Bereits zwei Jahre zuvor war es den Bielefelder Forschern gelungen, ein Hybridmolekül zu erzeugen, in dem ein kleineres „metallhaltiges“ Molekül in einen Nanofußball eingeschlossen ist. Inzwischen sind Müller und sein Team sogar in der Lage, gezielt Metallatome zu Nano-Strukturen zusammenzubauen, was als enormer Fortschritt angesehen wird.

Professor Müller ist seit 1977 Professor für anorganische Chemie an der Fakultät für Chemie und veröffentlichte mehr als 900 Artikel in Fachzeitschriften, darunter auch mehrere in „Nature“ und „Science“. Er ist Herausgeber von 14 Büchern, die sich auf völlig verschiedene Arbeitsgebiete beziehen, was die Interdisziplinarität seiner Arbeiten zeigt. Er erhielt den Alfred-Stock-Gedächtnispreis der Gesellschaft Deutscher Chemiker, den Gay-Lussac-Humboldt-Preis des französischen Forschungsministeriums, die „Centenary Medal“ der Royal Society of Chemistry (London) und zahlreiche weitere Ehrungen. Achim Müller ist Träger von fünf Ehrendoktorwürden und einer Honorarprofessur.

Der Europäische Forschungsrat verleiht den „Advanced Grant“ an exzellente Forscherinnen und Forscher, die in ihrem Forschungsfeld etabliert sind und wissenschaftliche Spitzenleistungen erbracht haben. Der Forschungspreis wird jedes Jahr seit 2008 ausgeschrieben. Die Förderung des European Research Council (ERC) – speziell Advanced Grants – ist überaus gefragt. Mehrere Tausend Forscher bewerben sich jedes Jahr um diese Fördermittel. Die Europäische Union stellt in ihrem siebten Rahmenprogramm dafür insgesamt 7,5 Milliarden Euro zur Verfügung, die auf fünf Jahre verteilt sind.

Kontakt:
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Achim Müller, Universität Bielefeld
Fakultät für Chemie/ Anorganische Chemie I
Telefon: 0521 106-6153, Fax: 0521 106-6003
E-Mail: a.mueller@uni-bielefeld.de
Mobil: 0172 5220891

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Jörg Heeren idw

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