Berthold-Medaille der Endokrinologen für Professor Grüters-Kieslich

Die Auszeichnung würdigt die außerordentliche Lebensleistung der Forscherin. Ihre aktuellen wissenschaftliche Schwerpunkte erläuterte Professor Grüters-Kieslich in der Berthold-Lecture im Rahmen der DGE-Jahrestagung 2010. Ihr Vortrag „Seltene Erkrankungen in der Endokrinologie und ihre Bedeutung für das Verständnis grundlegender Mechanismen“ informierte darüber, wie seltene Erkrankungen neue Therapiewege eröffnen.

Dazu gehört die Erforschung der POMC-Mutation. Pro-opiomelanocortin (POMC) ist das Vorläuferhormon für mehrere Peptidhormone. Durch bestimmte Veränderungen im POMC-Gen können Betroffen unter Nebenniereninsuffizienz sowie Adipositas im frühen Kindesalter leiden und auch rote oder hellbraune Haare aufweisen. Die ersten Patienten wurden 1998 in Berlin beschrieben. Weltweit wurde seither bei etwa zehn weiteren Menschen die seltene Mutation im POMC-Gen nachgewiesen. Die Erforschung und Beschreibung der appetitanregenden und appetithemmenden Mechanismen im Hypothalamus – die bei den Erkrankten nicht normal funktionieren und schon sehr früh zu Übergewicht führen – hat ein neues Verständnis der Gewichtsregulation geschaffen.

„Es lag nahe, nach diesen Erkenntnissen auch nach Mutationen im MC4R-Gen zu suchen“, erläutert Grüters-Kieslich. Dieses Gen liefert den Bauplan für den Melanocortin-4 Rezeptor (MC4R), der im Hypothalamus an der Steuerung des Energiehaushaltes und der Regulierung des Körpergewichtes beteiligt ist. „Inzwischen haben viele Kolleginnen und Kollegen bei zahlreichen Patienten mit sogenannter einfacher Adipositas Mutationen im MC4R-Gen nachweisen können und durch die Kenntnis dieses Regelkreises ist eine gezielte Entwicklung von neuen Arzneimitteln möglich geworden.“ Dies sei bei Fällen mit ansonsten therapieresistenter Adipositas die einzige Möglichkeit, um Betroffenen dauerhaft zu helfen.

Ein weitere wichtiger Forschungsschwerpunkt der Arbeitsgruppe von Professor Grüters-Kieslich sind die angeborenen Erkrankungen der Schilddrüse. Es gibt Patienten, die trotz der frühen Diagnose einer Schilddrüsenunterfunktion durch das Neugeborenenscreening und einer frühen Therapie eine mentale Behinderung und neurologische Störung behalten. Die Berliner Arbeitsgruppe konnte erstmals 2001 als Ursache eine Mutation im NKX2.1.-Gen nachweisen. Dieses Gen spielt eine wichtige Rolle in der Entwicklung des Zentralen Nervensystems (ZNS), der Lunge und der Schilddrüse. „Wird diese Mutation frühzeitig erkannt, können wir nicht nur therapieren, sondern auch die Eltern rechtzeitig und richtig beraten, um den Kindern eine gezielte Förderung zu ermöglichen“, erläutert die Wissenschaftlerin.

Insgesamt hat die Forschung von Professor Annette Grüters-Kieslich und ihrer Arbeitsgruppe dazu beitragen sechs endokrine Krankheitsbilder (POMC, PAX8, NKX2.1, LHX3, Dehalogenase, MCT-8) zu definieren, neue Therapiewege eröffnen. In seiner Laudatio zur Preis-Verleihung würdigte Professor Dr. med. Torsten Schöneberg, Tagungspräsident der DGE 2010, die außerordentlichen Leistungen von Professor Grüters-Kieslich.

Für herausragende Arbeiten im Bereich der Hormonwissenschaften zeichneten die Juroren 2010 insgesamt zehn Forscher aus. Mit den Preisen fördert die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie den wissenschaftlichen Fortschritt in verschiedenen Bereichen der Hormonforschung. Neben den jährlich verliehen Auszeichnungen vergibt die Gesellschaft auch Reisekostenstipendien an Mitglieder. Damit ermöglicht sie vor allem jungen Wissenschaftlern ihre Forschungsergebnisse auf nationalen und internationalen Kongressen vorzustellen.

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Beate Schweizer
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