Hirntumore gezielt ansteuern, Herzen heilen: RUB-Medizin ehrt die besten Poster mit Pfizer-Preisen

Stammzellen finden bei Säuglingen nach Sauerstoffmangel im Gehirn gezielt die geschädigten Bereiche – und anscheinend auch bestimmte Hirntumore, die mittels Medikamenten zurzeit schlecht erreichbar sind. Eine Möglichkeit, Wirkstoffe zu den Tumorzellen zu transportieren, hoffen Forscher um Juniorprofessorin Dr. Carola Meier, die für ihre Präsentation der Studie bei der diesjährigen FoRUM-Tagung mit einem der Pfizer-Posterpreise ausgezeichnet worden sind.

Mit den Pfizer-Preisen ehrt FoRUM (Forschungsförderung RUB Medizinische Fakultät) jedes Jahr herausragende Projekte, die aus den Mitteln der Medizinischen Fakultät gefördert wurden. Weitere Preise wurden dieses Jahr für die Untersuchung einer Gentherapie gegen Herzkrankheiten, die Erforschung einer Methode zur Vorhersagbarkeit der Selbstmordneigung und eine Gen-Kartierung verliehen, die das Risiko für die Erkrankung an der Wegenerschen Granulomatose anzeigt.

Hirntumore gezielt behandeln

Gliome sind häufige Hirntumoren; ihre bösartigste Variante führt oft trotz Operation, Bestrahlung und Chemotherapie innerhalb eines Jahres zum Tode. Zahlreiche potentiell wirksame Medikamente erreichen aufgrund biologischer Besonderheiten im Gehirn den Tumor nicht in ausreichender Konzentration.

Wissenschaftler suchen daher nach neuen Möglichkeiten, Therapeutika zielgerichtet zum Gliom zu bringen. Dabei könnten transplantierte Zellen als Vehikel dienen. Voraussetzung dafür ist, dass diese Zellen zum Tumor wandern und so das Gliom gezielt auffinden. In einem gemeinsamen Projekt untersuchen Jun.-Prof. Dr. Carola Meier (Neuroanatomie, Institut für Anatomie) und Prof. Dr. Uwe Schlegel (Neurologie, Knappschaftskrankenhaus Langendreer) das Potential von Zellen aus Nabelschnurblut für ein „Targeting“ der Gliome.

Diese Zellen scheinen als Vehikel besonders vielversprechend, da sie z.B. auch durch Sauerstoffmangel geschädigte Hirnbereiche gezielt auffinden können, wie die Forscher in Voruntersuchungen zeigen konnten. Im Tierversuch war die Methode erfolgreich: Zellen aus Nabelschnurblut wanderten spezifisch zum Tumor und waren nach zehn Tagen im Gliom – jedoch nicht im intakten Gehirn – nachweisbar.

Weitere Informationen: carola.meier@rub.de

Gentherapie für kranke Herzen

Das Herz schlägt autonom, d.h. im Herzen selbst werden im Laufe eines Menschlenlebens ca. drei Milliarden elektrische Impulse gebildet, von denen jeder einen Herzschlag auslöst. Diese Herztätigkeit wird von zahlreichen Signalen – Hormonen, Botenstoffen des autonomen Nervensystems – moduliert und angepasst. Zwei dieser Substanzen, das Acetylcholin, eine Transmittersubstanz, die von Nervenendigungen freigesetzt wird, und das Adenosin, ein u.a. von Herzmuskelzellen gebildetes Stoffwechselprodukt, haben eine nahezu identische Wirkung; sie binden an spezifische Erkennungsmoleküle (Rezeptoren) an der Oberfläche der Herzmuskelzelle und führen über mehrere Zwischenschritte zur Öffnung von Ionenkanälen, durch die Kaliumionen aus der Zelle ausströmen können. Dies bewirkt unter anderem eine Verringerung der Herzfrequenz, etwa im Schlaf. Für das Adenosin wurde jedoch darüber hinaus eine Schutzfunktion nachgewiesen, die dafür sorgt, dass z.B. bei Sauerstoffmangel die Herzleistung gedämpft wird. Das Adenosin ist im Organismus eine sehr kurzlebige Substanz, die man daher als Medikament nicht verabreichen könnte, um diese Schutzfunktion auszunutzen. Die Entwicklung von gentherapeutischen Methoden zur Behandlung verschiedenster Krankheiten schreitet seit einigen Jahren voran. In diesem Zusammenhang wird auch diskutiert, gentherapeutisch die Anzahl der Rezeptoren für Adenosin im Herzen zu erhöhen, und so einen langfristigen Schutz z.B. bei gestörter Durchblutung zu erzielen. Die Arbeitsgruppe um PD Dr. Marie-Cécile Kienitz (Abteilung Zelluläre Physiologie) konnte mit Hilfe molekularbiologischer und physiologischer Methoden zeigen, dass eine vermehrte Produktion (Überexpression) dieser Rezeptoren in Herzmuskelzellen in Zellkultur zwar wie erwartet die Sensitivität der Zelle für Adenosin erhöht. Gleichzeitig nimmt jedoch die Anzahl der Rezeptoren für Acetylcholin ab, d.h. die Regulation der Herztätigkeit durch das autonome Nervensystem würde in diesem Fall erheblich gestört. Der Nutzen eines solchen gentherapeutischen Ansatzes wäre daher eher fraglich.

Weitere Informationen: Cecile.Kienitz@rub.de

Suizidgefahr erkennen und vorbeugen

In Deutschland sterben jährlich etwa 12.000 Menschen durch Suizid, so dass es zur Verbesserung der Prävention nötig ist, die neuropsychiatrischen Ursachen der Selbstmordneigung weiter zu ergründen. Bei psychiatrischen Patienten mit suizidalem Verhalten hat sich eine gestörte Funktion des serotonergen Systems gezeigt: Die Aktivität des Botenstoffes Serotonin im Gehirn wird durch die Lautstärkeabhängigkeit akustisch evozierter Potentiale (LAAEP) widergespiegelt. Dabei wurde bei akut suizidalen Patienten oder direkt nach Suizidversuch eine starke LAAEP im Sinne einer erniedrigten serotonergen Aktivität gefunden, wogegen Patienten mit Suizidversuchen vor längerer Zeit eine gesteigerte serotonerge Aktivität entsprechend einer schwachen LAAEP aufwiesen. Das Ziel dieser Studie der Arbeitsgruppe von Dr. Idun Uhl und Prof. Georg Juckel (LWL-Klinik Bochum) besteht darin, die serotonerge Aktivität mittels der LAAEP und den klinischen Verlauf bei akut suizidalen Patienten über sechs Monate zu verfolgen. Ihre Hypothese ist, dass im akuten Zustand die LAAEP erhöht ist. Im Verlauf sollte sich die LAAEP aber eher schwächer darstellen, wodurch ein instabiles serotonerges System mit erhöhtem Risiko zur Entwicklung suizidaler Zustände charakterisiert würde.

Weitere Informationen: idun.uhl@rub.de

Gen-Karte zeigt das Risiko für Wegenersche Granulomatose

Wegenersche Granulomatose ist eine Erkrankung des rheumatischen Formenkreises. Typisch ist eine chronische Entzündung, die kleine Gefäße betrifft. Es kann prinzipiell jedes Organ des menschlichen Körpers in Mitleidenschaft gezogen werden, entscheidend für Krankheitsverlauf und Prognose ist jedoch die Schädigung der Nieren. Die Ursachen der Erkrankung sind noch nicht genau bekannt und die Mechanismen, die zu ihrer Manifestation führen, sind nur teilweise aufgeklärt. Man weiß jedoch, dass sie bei genetischer Veranlagung unter bestimmten Umwelteinflüssen (z.B. Infektionen) aufgrund gestörter Immunmechanismen zum Ausbruch kommen kann. In früheren Untersuchungen erschien ein bestimmter Bereich im menschlichen Erbgut (auf Chromosom 6) besonders interessant, der offensichtlich Risikofaktoren für den Ausbruch der Erkrankung enthält. Dieser Bereich, der auch Gene für die HLA-Oberflächenantigene enthält, welche bei vielen anderen entzündlichen Krankheiten von Bedeutung sind, ist jedoch verhältnismäßig groß (etwa 280.000 Basenpaare). Ziel des Projekts der Wissenschaftler aus der DFG-Forschergruppe 170 „Frühpathogenese der Wegenerschen Granulomatose“ aus Bochum und Lübeck um Dr. Michael Heckmann (Humangenetik der RUB) war es daher, eine Karte dieser Region zu erstellen, um eine nähere Eingrenzung der einzelnen Risikofaktoren zu ermöglichen. Dazu haben sie den entsprechenden Bereich mit Hilfe von genetischen Markern zwischen 282 Granulomatose-Patienten und 380 gesunden Kontrollpersonen verglichen. Die Forscher konnten zeigen, dass die bekannte Gen-Region nicht nur einen, sondern wahrscheinlich mehrere, teilweise voneinander unabhängige Faktoren enthält, die zur Erkrankung beitragen. Diese Faktoren, die z.B. regulatorische Funktionen bei anderen Genen ausüben könnten, müssen nun detaillierter untersucht werden.

Weitere Informationen: michael.heckmann@rub.de

Media Contact

Dr. Josef König idw

Weitere Informationen:

http://www.ruhr-uni-bochum.de/

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