Siemens-Patent zum Softwarepatent des Jahres 2006 gewählt

Internet-Nutzer haben das Patentmonopol der Siemens AG (http://www.siemens.de/index.jsp) auf Datenübertragung per Mobilfunk (EP0836787) zum „Softwarepatent des Jahres 2006“ gewählt (http://www.nosoftwarepatents-award.com/vote200610/index.de.html). Mit rund einem Drittel aller abgegebenen Online-Votes erhält es den nosoftwarepatents-award 2006. Auf dem zweiten Platz landete das Softwarepatent EP1056268, mit dem Lucent Technologies Schutzrechte für das Versenden von E-Mails mit Anhängen beansprucht.

Beide Patente standen im Rahmen der von 1&1 Internet, GMX, MySQL, Red Hat, CAS und Jedox unterstützten Informationskampagne nosoftwarepatents-award zur Wahl, zusammen mit fünf weiteren Softwarepatenten. Alle sieben Patente wurden im Verlauf des Jahres 2006 von Internet-Usern zu „Monatssiegern“ gewählt und waren damit nominiert für die abschließende Vergabe des nosoftwarepatents-award 2006.

Wer sein Mobiltelefon geschäftlich für die Datenübertragung nutzt, verletzt laut Patentschrift (http://www.nosoftwarepatents-award.com/vote200610/patent3.en.html) das von Siemens stammende „Softwarepatent des Jahres 2006“, das im Juli 2006 zum „Softwarepatent des Monats“ gewählt worden war: (http://www.nosoftwarepatents-award.com/press/200608.de.html). Das Softwarepatent bezieht sich auf ein „Verfahren zur Übertragung von Datenpaketen gemäß einem Paketdatendienst in einem für Sprach- und Datenübertragung vorgesehenen zellularen Mobilfunknetz“. Betroffen sind neben mobilem Internet-Surfen und Datentransfer über ein W-LAN auch die Verwendung des Mobiltelefons für E-Mail, SMS und MMS.

Mehr als acht Jahre, nachdem Siemens das Patent beantragt hatte, wurde es im Jahr 2004 vom Europäischen Patentamt (EPA) erteilt (http://v3.espacenet.com/textdoc?&DB=EPODOC&IDX=EP0836787). Das konnte auch der Einspruch des Mobilfunk-Unternehmens Sagem (http://www.sagem.com/index.php?id=50&L=0) nicht verhindern, der aus Gründen, zu denen das Unternehmen keine Angaben macht, Ende 2005 wieder zurückgezogen wurde. Die Genehmigung des Softwarepatentes steht im Widerspruch zum Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) von 1973, das Software als nicht patentierbar definiert.

„Unsere Kampagne widerlegt das Argument, es handele sich bei diesem und weiteren erteilten, europäischen Softwarepatenten um Ausnahmefälle“, so Kampagnenmanager Harald Talarczyk. Laut Schätzungen hat das EPA mehr als 25.000 Softwarepatente genehmigt.

Unbeachtete Kriterien für Patentierbarkeit

Unabhängig von dem im EPÜ verfügten Ausschluss von Software von der Patentierbarkeit sieht Prof. Joachim Henkel, Spezialist für Technologie- und Innovationsmanagement an der TU München, triftige Gründe gegen die Erteilung des Patents EP0836787. Aus seiner Sicht präsentiert die Patentschrift etwas, was sich „in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt“ und daher nicht patentfähig ist (§56 EPÜ). Er sieht es beispielsweise als nahe liegend für Fachleute an, „die Logik elektronischer Regelkreise durch Software zu replizieren“ und folgert: „Auf solche 'Erfindungen' sollten daher keine Patente erteilt werden. Aus dem gleichen Grund erscheint mir auch das Patent EP0836787 nicht erteilungswürdig, da dort lediglich ein in Festnetzen gängiges Verfahren auf Mobilfunknetze übertragen wird.“

Weil das „Patent-Wettrüsten“ nur „scheinbar im Interesse der Anmelder“ sei, stellt er fest: „Eine strenge Auslegung der Patentierbarkeitskriterien — ganz abgesehen von der grundsätzlichen Frage, ob Software patentierbar sein sollte — wäre im Interesse aller. Die verbreitete Annahme, mehr Patente würden mehr Innovation bedeuten, ist falsch.“ ( kompletter Kommentar: http://www.nosoftwarepatents-award.com/press/200611a.de.html )

Siemens gehört zu größten Patent-Law-Firmen der Welt

Die Siemens AG hat eine Stellungnahme zum „Softwarepatent des Jahres 2006“ abgelehnt. Der Konzern forciert seit mehreren Jahren seine Anmeldungen von Softwarepatenten. Vor der Anmeldung in Europa erfolgt nach eigenen Angaben die Erstanmeldung dieser Schutzrechte „in USA, da hier der Rechtsrahmen für Software-Patente wegweisend“ sei. Dies gelte „in noch stärkerem Maß bei Patenten für so genannte 'Geschäftsmodelle' oder vereinfacht: Patente für Electronic-Business-Lösungen.“ Nicht umsonst bezeichnet Siemens die eigene Patentabteilung als „eine der größten Patent-Law-Firmen“ der Welt (http://w4.siemens.de/ct/de/news/2001_2002/ct200206009d.pdf), die bei Verletzungen ihrer Patente auch „gerichtliche Auseinandersetzungen“ nicht scheue, um Marktpositionen zu sichern.

Europaweite Durchsetzung von Softwarepatenten droht

„Sollte das von der Europäischen Kommission voran getriebene 'Europäische Übereinkommen über Patentstreitigkeiten' (EPLA) in der derzeitigen Fassung (http://www.european-patent-office.org/epo/epla/) in Kraft treten, erhält Siemens die Möglichkeit, das Patent EP0836787 europaweit durchzusetzen. Davon wären ungezählte, europäische Mobilfunk-Anbieter und -Dienstleister bedroht“, sagt Kampagnenmanager Harald Talarczyk.

Media Contact

Harald Talarczyk presseportal

Weitere Informationen:

http://www.nosoftwarepatents-award.de

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