Den Tumor an der Wurzel packen

Tumorstammzellen sind nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen wesentlich am Wachstum und der Ausbreitung eines bösartigen Tumors beteiligt. Dabei handelt es sich um einige wenige Krebszellen, die sich unbegrenzt selbst erneuern können. „Der Nachweis von Tumorstammzellen kann die Behandlung von Krebserkrankungen grundlegend verändern“, erklärt Privatdozent Dr. Christian Beltinger, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Ulm. Er ist Sprecher des ersten Forschungsverbundes über Tumorstammzellen in Deutschland. Die Deutsche Krebshilfe fördert diesen Verbund mit einer Million Euro. Das Ziel ist es, Tumorstammzellen in verschiedenen Krebsarten nachzuweisen und gezielt abzutöten.

Im Verständnis der Krebserkrankungen findet derzeit ein Paradigmenwechsel statt: „Bisher gingen Krebsforscher davon aus, dass alle Zellen eines Tumors die gleichen Eigenschaften besitzen und zu seinem Wachstum beitragen“, erläutert Beltinger. „Zunehmend wird jedoch deutlich, dass die Zellen in Tumoren hierarchisch gegliedert sind.“ Nur einige wenige Krebszellen scheinen für das Wachstum einer bösartigen Geschwulst verantwortlich zu sein. Sie können das Ansprechen eines Tumors auf die Therapie und somit die Heilungschancen des Patienten bestimmen. In Anlehnung an Körperstammzellen, die ein Leben lang neue, gesunde Zellen bilden, werden diese Krebszellen als Tumorstammzellen bezeichnet. Vieles deutet zudem darauf hin, dass Tumoren aus entarteten Körperstammzellen hervorgehen können.

Tumorstammzellen können eine Geschwulst widerstandsfähig gegenüber einer Chemotherapie machen. So gibt es Hinweise, dass sich diese Zellen nur langsam teilen. Eine Chemotherapie jedoch schädigt bevorzugt sich schnell teilende Zellen. Außerdem besitzen manche Tumorstammzellen „Pumpen“, welche die Krebsmedikamente wieder aus der Zelle heraus transportieren. „Eine erfolgreiche Therapie muss also gezielt die Tumorstammzellen zerstören“, betont Beltinger.

Bei der Entwicklung neuer Behandlungsmethoden ist jedoch die große Ähnlichkeit zwischen Tumor- und Körperstammzellen zu berücksichtigen. Diese kann dazu führen, dass Therapien gegen Tumorstammzellen auch die Stammzellen lebenswichtiger Organe wie Knochenmark, Darm und Haut treffen könnten. „Wir müssen daher ganz spezifische Unterschiede zwischen Tumor- und Gewebestammzellen definieren, um eine nebenwirkungsarme Therapie zu entwickeln“, so der Sprecher des Verbundes.

Die Erforschung von Tumorstammzellen steht noch ganz am Anfang. Bisher wurden derartige Zellen unter anderem bei Leukämien, Brustkrebs und Hirntumoren nachgewiesen. „Wir vermuten, dass es auch in vielen weiteren Tumoren solche Zellen gibt“, erklärt Beltinger. Im Rahmen des von der Deutschen Krebshilfe geförderten Forschungsverbundes untersuchen Wissenschafter jetzt die Tumorstammzellen in Hirn- und anderen Nervenzelltumoren im Kindesalter sowie in Haut- und Bauchspeicheldrüsenkrebs. „Wir wollen außerdem Tumor-übergreifende Methoden entwickeln, mit denen Tumorstammzellen auch in anderen Krebsarten aufgespürt und charakterisiert werden können“, erläutert Beltinger. „Der Nachweis von Tumorstammzellen wird erheblichen Einfluss auf die Diagnose, Behandlung sowie Nachsorge von Krebserkrankungen haben. Dies kann wesentlich dazu beitragen, Probleme der bisherigen Krebstherapie zu lösen.“ An dem wissenschaftlichen Verbundprojekt der Deutschen Krebshilfe sind universitäre Einrichtungen und Forschungsinstitute in Bonn, Heidelberg, Köln, München und Ulm beteiligt.

Projektnummer: 106415

Media Contact

Deutsche Krebshilfe e.V.

Weitere Informationen:

http://www.krebshilfe.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Förderungen Preise

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Bakterien für klimaneutrale Chemikalien der Zukunft

For­schen­de an der ETH Zü­rich ha­ben Bak­te­ri­en im La­bor so her­an­ge­züch­tet, dass sie Me­tha­nol ef­fi­zi­ent ver­wer­ten kön­nen. Jetzt lässt sich der Stoff­wech­sel die­ser Bak­te­ri­en an­zap­fen, um wert­vol­le Pro­duk­te her­zu­stel­len, die…

Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren

Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei,…

Porosität von Sedimentgestein mit Neutronen untersucht

Forschung am FRM II zu geologischen Lagerstätten. Dauerhafte unterirdische Lagerung von CO2 Poren so klein wie Bakterien Porenmessung mit Neutronen auf den Nanometer genau Ob Sedimentgesteine fossile Kohlenwasserstoffe speichern können…

Partner & Förderer