Spätfolgen der Plutoniumproduktion sowjetischer Atombomben werden untersucht

Wissenschaftler aus Deutschland, England, Griechenland, Italien, den Niederlanden, Schweden und Russland tagen seit dem heutigen Mittwoch, 3. August, beim GSF – Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit in Neuherberg bei München, um die gemeinsamen Arbeiten im Rahmen des vierjährigen Projektes „Southern Urals Radiation Risk Research (SOUL)“ zu planen. Das Projekt SOUL wird von der Europäischen Kommission mit 6,8 Millionen Euro gefördert und soll neue Erkenntnisse zum Gesundheitsrisiko durch andauernde Strahlenexpositionen bringen. Untersucht werden die gesundheitlichen Folgen, die sich für Arbeiter und Anwohner aus der Plutoniumproduktion für die sowjetischen Atombomben im Südural ergeben. Dabei stehen insbesondere auch Risiken durch Plutonium- und Strontiumexpositionen im Vordergrund. Die bisher hauptsächlich aus den Daten der Atombombenüberlebenden von Hiroshima und Nagasaki gewonnenen Erkenntnisse über Gesundheitsrisiken durch akute Gammastrahlenexpositionen sollen damit um wesentliche Aspekte ergänzt werden.

In Ozyorsk im Südural wurde ab 1948 Plutonium für den Bau von Kernwaffen in der Mayak Produktionsgemeinschaft in Kernreaktoren erbrütet, in einem radiochemischen Werk von den Kernbrennstoffen abgetrennt, und schließlich zu waffenfähigem Material weiterverarbeitet. Aufgrund des Rüstungswettlaufs mit den USA und aufgrund noch ungenügender Kenntnisse der Gefahren kam es zu erheblichen Strahlenexpositionen der Arbeiter. Radioaktive Abfälle wurden in den ersten Jahren in den Techafluss entsorgt. Anwohner des Techaflusses benutzten das kontaminierte Flusswasser als Trinkwasser und zum Wässern ihrer Gärten. Zudem kam es beim Fischen, Baden und anderen Freizeitaktivitäten am Fluss zu Strahlenexposition durch die kontaminierten Flusssedimente.

Die Strahlenrisikoforschung im Südural konzentriert sich auf zwei Gruppen, die aus 20.000 Mayak-Arbeitern und 29.000 Techaflussanwohnern bestehen. Erste Untersuchungen zeigten bei den Arbeitern und Arbeiterinnen erhöhte Mortalitätsraten durch Leukämien und soliden Krebs, insbesondere in Lunge, Leber und Knochen. Neben Krebs ist die Erforschung der Sterblichkeit durch Herzkreislauferkrankungen ein Schwerpunkt des Projektes. Neue Erkenntnisse werden zudem von der Untersuchung der Gruppe von Techaflussanwohnern erwartet, deren Eltern strahlenexponiert waren, oder die im Mutterleib oder während der Kindheit exponiert wurden.

Um die Bestimmungen der Strahlendosen abzusichern, wenden die europäischen Wissenschaftler verschiedene unabhängige Methoden an. Die früher verwendeten Filmdosimeter wurden in den GSF-Laboratorien neu kalibriert. Mit Hilfe elektronen-paramagnetischer Untersuchungen können die von Kohortenmitgliedern in Zähnen absorbierten Strahlendosen gemessen werden. Und zur Bestimmung von Strahlenexpositionen im Freien werden Lumineszenz-Untersuchungen von aus Ziegelsteinen extrahiertem Quarz verwendet.

Media Contact

Michael van den Heuvel idw

Weitere Informationen:

http://www0.gsf.de/

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