Stahl fliegt – fast eine Minute lang

Studierende experimentieren beim Modellflugzeug-Wettbewerb

Unter brennender Sonne an Wiesenhängen in der Nähe des belgischen Henri-Chapelle hieß jetzt die Parole: „Stahl fliegt 2005“. Bei diesem studentischen Leichtbauwettbewerb konnten die Teilnehmer beweisen, dass auch Modellflugzeuge aus Stahl erstaunlich lange durch die Luft gleiten können. Das bedeutet in diesem Fall 9,99 Sekunden, diese Zeit hielt sich das Flugzeug von Eckhard Anton während seines längsten gewerteten Versuchs in der Luft. Außerhalb der Wertung stellte er mit 54,5 Sekunden sogar eine neue Rekordzeit auf. Der Aachener Maschinenbaustudent aus der Fachrichtung Luft- und Raumfahrttechnik ließ die an-deren Teams aus Dortmund, Darmstadt und dem Saarland mit einer durchschnitt-lichen Flugdauer von 7,72 Sekunden in die Röhre, oder besser gesagt: in die Luft schauen.

2001 war die Premiere des ungewöhnlichen Wettbewerbs, der seit 2002 überre-gional und interuniversitär angeboten wird. Veranstaltet wird er vom Institut für Bildsame Formgebung gemeinsam mit dem Zentrum Metallische Bauweisen der RWTH, dem Institut für Produktionstechnik und Umformmaschinen der TU Darm-stadt, dem Institut für Umformtechnik und Leichtbau der Universität Dortmund und dem Zentrum für Innovative Produktion der Universität des Saarlands.

„Normalerweise sind Aluminium, Titan und faserverstärkte Kunststoffe die Leich-bauwerkstoffe im Flugzeugbau. Wenn man aber alle technischen Möglichkeiten ausreizt, kann auch Stahl fliegen“, erklärt Ingenieur Mario Thome vom Institut für Bildsame Formgebung. Auf die richtige Form und Verarbeitung käme es an. Es waren dann überwiegend Maschinenbauer, die sich der außergewöhnlichen Her-ausforderung stellten und fieberten, wenn ihr Flugzeug Richtung Himmel oder – mangels Fernsteuerung – halt überwiegend Richtung Hang segelte.

Jeder Windstoß wurde kritisch betrachtet, bevor die Studierenden – mit Dilyana Yordanova aus Dortmund als einziger Frau am Start – losliefen, um ihren Flugob-jekten den bestmöglichen Antrieb zu geben. Fast zirkusreif wirkte die Vorstellung eines Darmstädter Teams, deren Flugobjekt aus Ringflügeln bestand. Um es so hoch wie möglich starten zu lassen, kletterte kurzerhand ein Teammitglied auf die Schultern des anderen – immerhin konnten sie sich dank dieser akrobatischen Ein-lage mit einer durchschnittlichen Flugdauer von 5,65 Sekunden den zweiten Platz sichern. Auf den dritten Platz gelangten die Studierenden der Universität des Saarlandes.

Die Formen der Modellflugzeuge waren unterschiedlich und nicht immer auf den ersten Blick als solche zu erkennen. Eins hatten die Objekte aber gemeinsam: die für Stahl typische silberne Farbe. „Der Grundbaustoff muss aus Stahl und aus Sub-stanzen sein, die über 70 Prozent Stahl enthalten“, erklärte Eckhard Anton. „Hinzu kommt natürlich auch Klebstoff“, fügte er lächelnd an. Folien, dünne Bleche, Röhrchen und Drähte wurden so kombiniert und geformt, dass ein günstiges Flugverhalten und damit eine möglichst lange Flugzeit erzielt wurde. Sturzflüge, beschädigte Flugzeuge oder drohende Kollisionen – vorzugsweise mit den Köpfen der Zuschauer – waren allerdings dennoch nicht selten.

Eckhard Anton war schon bei „Stahl fliegt 2004“ dabei, als der Wettbewerb in der Nähe von Darmstadt stattfand. Mit ein paar Kommilitonen holte er dort den drit-ten Platz: „Um gewonnene Erfahrungen umzusetzen, mach’ ich noch mal mit.“ So hatte er nach 25 Arbeitsstunden relativ schnell sein Modellflugzeug konstruiert. Mit Unterstützung des Instituts für Flugdynamik entwarf der 27-Jährige ein so genanntes „Nur-Flügel-Flugzeug“, das sich ohne Rumpf und ohne Leitwerk in der Luft hält.

Die Flugdauer ist auch nicht das einzige Kriterium, das den Sieg sichert: Weiterhin fließen Faktoren wie der innovative Lösungsansatz und die Qualität der Doku-mentation in die Bewertung ein. „Kreativität bei der Beschaffung und Verarbei-tung der Materialien wird besonders berücksichtigt“, so Thome. Projektplanung, Teamarbeit, Kreativität beim Entwurf und konsequente Umsetzung werden gefordert – wichtige Schlüsselqualifikationen auch für den späteren Beruf. Dies haben die Teilnehmer nachgewiesen, und sie werden dafür Ende des Jahres bei der offiziellen Preisverleihung belohnt. Wie viele Sekunden ihre Flugzeuge tatsächlich in der Luft schwebten, ist dann nicht mehr so ganz wichtig.

Media Contact

Dr. Christof Zierath idw

Weitere Informationen:

http://www.rwth-aachen.de

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