Kooperationspreis Wissenschaft/Wirtschaft für Ulmer Antennenkonzept "Abstandsradar"

Kooperationspreis Wissenschaft/Wirtschaft der Universität Ulm

Seit einigen Jahren bieten viele Autofirmen für ihre hochwertigen Fahrzeuge Abstandsradarsensoren als Ergänzung zum Tempomat an. Dabei läßt sich bei freier Straße einerseits eine konstante Geschwindigkeit des Fahrzeugs einhalten und andererseits bei dichterem Verkehr und wechselnden Geschwindigkeiten das Fahrzeug automatisch in einem sicheren Abstand zum Vordermann führen. Der Sensor bzw. die Antenne muß einen Erfassungsbereich (Öffnungswinkel) von etwa 3 Grad haben, um in ca. 100 m Abstand eine (1) Fahrbahn ausleuchten zu können. Um den für Mikrowellenantennen kleinen Winkel zu erreichen, ist es erforderlich, entweder den Antennendurchmesser sehr groß oder die Frequenz sehr hoch zu wählen. Da der Durchmesser der Antenne aber auf maximal 80-90 mm beschränkt ist, arbeiten die Radarsensoren in dem für diese Anwendung zugelassenen sehr hohen Frequenzbereich von 76 bis 77 GHz.

Damit auch die Nachbarfahrbahnen sowie die eigene Fahrbahn in Kurven überwacht werden können, haben die heute verwendeten Sensoren drei gegeneinander leicht versetzte Blickrichtungen (drei Strahlrichtungen der Antenne), zwischen denen zyklisch umgeschaltet wird. Der Radarsensor muß – sowohl was die Flächen- als auch was die Tiefenausdehnung betrifft – auf möglichst kleinem Raum untergebracht werden. Die Fläche der Antenne ist durch die vorgegebene Winkelöffnung bestimmt, die Tiefenausdehnung des Sensors hängt jedoch von einer optimalen Ausführung des Sensors, vor allem aber der Antenne ab. „Klassische“ Antennenformen wie eine Parabolantenne (z. B. bei DaimlerChrysler) oder eine Antenne mit einer Linse (z. B. beim Radar von Bosch) haben eine große Tiefe und sind derzeit nur eine Notlösung. Ein möglicher Ansatz wären Antennen auf rein planarer Basis – eine Leiterkarte mit metallischen Strahlerelementen auf der Oberfläche. Solche Antennen sind im Prinzip einfach und kostengünstig herzustellen, weisen aber für diese Anwendung viel zu hohe Verluste auf, das heißt es geht ein großer Teil sowohl der Sende- als auch der Empfangsleistung in der Antenne verloren.

An diesem Punkt konnten Prof. Dr. Wolfgang Menzel, Leiter der Abteilung Mikrowellentechnik der Universität Ulm, und Mitarbeiter eine neue Lösung anbieten: eine auf planaren Strukturen beruhende und damit einfach und günstig herzustellende, andererseits aber die Verluste der ganz flachen Antennen vermeidende Konstruktion. Der „Preis“: die Antenne ist nicht ganz so dünn wie eine Leiterplatte, dafür aber nur etwa halb so tief wie die herkömmlichen Formen. Die Basis bildet eine planare Reflektorantenne. Während bei einer Parabolantenne – wie bei einem Scheinwerfer – der Reflektor durch seine Krümmung die einfallenden Strahlen als paralleles Bündel reflektiert, übernehmen bei der Ulmer Neuentwicklung rechteckförmige Metallelemente, die auf einer Leiterkarte angeordnet sind, die Reflexion. Eine Besonderheit der hier entworfenen Antennenanordnung besteht darin, daß gleichzeitig das elektrische Feld der einfallenden Welle um 90° gedreht wird. Die Dimensionierung des planaren Reflektors erfolgt mit feldtheoretischen Berechnungen. Mit einem solch speziellen planaren Reflektor läßt sich eine in der Tiefe um die Hälfte reduzierte Anordnung erzielen. Mit der Verringerung der Bautiefe ist auch eine Reduzierung der Kosten möglich. (Abb. 4).

Das Konzept wurde zum Patent angemeldet. In Zusammenarbeit mit den Firmen DaimlerChrysler und Continental Temic (früher ADC) in Lindau wurde es weiterentwickelt und für den Einsatz im Abstandsradar optimiert. Als Ergebnis entstand eine Antenne, deren seitliche Halterung aus einem Spritzgußteil besteht, in das das Polarisationsgitter als geätzte Metallfolie eingelegt wird (Abb 6 und 7). Die Antenne wird in die zweite Generation von Abstandsradars bei DaimlerChrysler eingehen. Die Produktion soll in absehbarer Zeit anlaufen.

Abstandsradarsensoren der (über-)nächsten Generation werden einen noch größeren Sichtbereich bei gleicher Antennenbündelung benötigen. Im Hinblick darauf haben Prof. Menzel und sein Team ihr Antennenkonzept inzwischen weiterentwickelt und gezeigt, daß mit einer Vielzahl von „Blickrichtungen“ ein Winkelbereich von bis zu 30 Grad abgedeckt werden kann. Auch diese Antenne wurde zum Patent angemeldet. Ein erstes Versuchsmuster mit fünf verschiedenen Blickrichtungen für einen Einsatz im Kfz wurde in Zusammenarbeit mit den Partnern bereits getestet.

Prof. Dr. Wolfgang Menzel und seine Mitarbeiter Dipl.-Ing. Maysoun Al-Tikriti, Dipl.-Ing. Ralf Leberer und Dr.-Ing. Dietmar Pilz erhalten für ihre zusammen mit DaimlerChrysler und Continental Temic durchgeführten Entwicklungen am 27.2.2004 den Kooperationspreis Wissenschaft/Wirtschaft der Universität Ulm. In die Preissumme von 7.500 Euro teilt sich die Arbeitsgruppe mit Dr. Jochen Ruß, Geschäftsführer des Instituts für Finanz- und Aktuarwissenschaften, der für seine Entwicklung von Altersvorsorgeprodukten in Kooperation mit der Skandia Lebensversicherung ausgezeichnet wird.

Media Contact

Peter Pietschmann idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-ulm.de

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