Die Zukunft der Energieversorgung liegt im energieeffizienten und solaren Bauen

Mit heute verfügbaren Technologien können 50 – 85 Prozent des gegenwärtigen Energieverbrauchs im Gebäudebereich – das sind bis zu 840 TWh – kostengünstig eingespart werden. Der verbleibende Energiebedarf lässt sich mit erneuerbaren Energien decken. In Kombination von Energieeffizienztechniken und solaren Energien können Plus-Energie-Häuser entstehen, die im Jahr mehr Energie erzeugen als sie verbrauchen.

Zur Erreichung der Energie- und Klimaschutzziele der Bundesrepublik ist die Nutzung der gebäudetechnischen Potenziale von Energieeffizienz und erneuerbaren Energien unbedingt notwendig. In der Bau- und Wohnungswirtschaft findet ein Paradigmenwechsel statt: Prof. Dr. Gerd Hauser, wissenschaftlicher Leiter der Tagung und Direktor des Fraunhofer Instituts für Bauphysik, erläutert: „Es hat eine Revolution in den Bau- und Energietechniken stattgefunden, die den Energiebedarf der Gebäude erheblich senkt, mit verschiedenen Techniken die erneuerbaren Energien nutzt und den Strom- und Wärmemarkt in Deutschland vollständig verändern wird.“

Der konsequente Einsatz von Energieeffizienztechniken und erneuerbaren Energien führt bereits heute zu Null-Energie-Häusern, die mit sehr guter Wärmedämmung und mit hocheffizienter Lüftungstechnik für Wärmerückgewinnung ausgestattet sind. Regierungsgebäude in Berlin, Fabriken und Stadtteile beziehen schon heute ihre Energie zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien.

Energieeffizienztechniken in Kombination mit solaren Energien können sogar Plus-Energie-Häuser ermöglichen, die im Jahr mehr Energie erzeugen als sie verbrauchen. Spätestens ab 2020 können alle Neubauten als Mini-Kraftwerken gebaut werden. Gebäude, Dörfer und Städte werden zu Bausteinen einer dezentralen Energieversorgung.

Forschungs-Highlights des energieeffizienten und solaren Bauens

Die Tagung zeigt die neuesten Techniken für energieeffizientes und solares Bauen sowie deren systemtechnisches Zusammenspiel in leistungsfähigen Gesamtkonzepten. Durch die energetische Nutzung der Gebäudehülle, mit hausintegrierten Wärmespeichern, Solaranlagen und Lüftungstechniken lässt sich die gesamte im Gebäude benötigte Energie erzeugen. Mit intelligenter Kommunikations- und Informationstechnik werden die Gebäude in die Netze für Strom und Wärme integriert.

o Wärmedämmung – Techniken, Materialien und Kennwerte
Das ZAE Bayern und das Fraunhofer ISE haben Vakuumisolationspaneele und Vakuumisoliergläser entwickelt, die bei sehr schlankem Aufbau exzellente Wärmedämmwerte ermöglichen. Gemeinsam mit der Firma maxit Deutschland GmbH wurden diese Systeme bereits erfolgreich in Bauprojekten eingesetzt, und es wurde getestet, wie sich die flexiblen Elemente an die konkrete Geometrie von Gebäuden anpassen lassen.Energieeffizienzmaßnahmen speziell in Wohngebäuden setzen vor allem an einer Reduzierung der Transmissionswärmeverluste der Gebäudehülle an. Neben konventionellen Dämmmaterialien bieten neue Materialien und Komponenten Lösungen, die unter dem Gesichtspunkt des hierfür benötigten Raums effizienter sind und zusätzlich neue technische und gestalterische Möglichkeiten eröffnen. Gegenüber konventionellen Dämmungen bieten Vakuumisolationspaneele bei gleicher Dämmstärke eine um den Faktor 5 bis 10 bessere Dämmwirkung. Mit Vakuumisoliergläsern werden bei einer Gesamtstärke von nur 9 mm, Wärmedämmwerte erreicht, die besser sind als bei einer Dreifachverglasung. Die Evakuierung des Scheibenzwischenraums bietet ein enormes Verbesserungspotenzial in der Wärmedämmwirkung bis zu einem Faktor 2 im Vergleich zur konventionellen Zweischeibenisolierverglasung.
o Solare Langzeitwärmespeicherung durch Zeolithe
Um den Beitrag der thermischen Solarenergie zur Gebäudebeheizung zu erhöhen, gilt es ein Verfahren zu entwickeln, mit dem die solare Wärme des Sommers möglichst verlustfrei für den Winter gespeichert werden kann. Am Institut für Thermodynamik und Wärmetechnik (ITW) der Universität Stuttgart wurde ein integrales Konzept zur Gebäudeheizung entwickelt, das den solaren Beitrag zur Deckung des Wärmebedarfs gut wärmegedämmter Gebäude auf über 70 Prozent erhöhen kann. Der Clou des Verfahrens ist die Adsorption von Wasserdampf in porösen Speichermedien. Sie haben die Eigenschaft, große Mengen an Wasserdampf in ihren mikroporösen Strukturen zu binden. Im Winter wird der Sorptionsspeicher mit der feuchten Abluft des Gebäudes durchströmt. Durch die Adsorption des in der Abluft enthaltenen Wasserdampfes wird die Adsorptionswärme freigesetzt. Diese wird nun in Verbindung mit einer kontrollierten Lüftungsanlage zur Erwärmung der Zuluft genutzt. Nachdem der Speicher in den Wintermonaten mit Feuchtigkeit beladen wurde, erfolgt die Regeneration, bzw. Trocknung des Speichermaterials mit der überschüssigen Wärme der Kombianlage in den Sommermonaten.
o Effiziente Wärme- und Kältespeicherung
Speicher spielen eine Schlüsselrolle beim Einsatz erneuerbarer Energien und auch bei der effizienten Energieumwandlung. Im vergangenen Jahrzehnt wurden wesentliche Fortschritte bei der technischen Entwicklung von Speicherkonzepten auf der Basis von Phasenwechselmaterialien erzielt. In einer Reihe vom Bundeswirtschaftsministerium geförderter Verbundvorhaben wurden unter Koordination des Fraunhofer ISE in Zusammenarbeit mit BASF und verschiedenen Baustoffherstellern unterschiedliche Systeme mit mikroverkapselten Latentspeichermaterialien entwickelt. Heute stehen verschiedene Systemkonzepte mit sowohl rein passiver Be- und Entladung als auch mit aktiver Durchströmung zur Verfügung. Damit können Leichtbauten mit großer thermischer Speichermasse versehen werden. Ein mit der Firma Valentin EnergieSoftware GmbH parallel entwickeltes frei verfügbares Computer-Programm erleichtert die Umsetzung in den Markt, indem die für ein Gebäude notwendigen Mengen an Latentspeichermaterialien errechnet werden können.
o Altbausanierung am Beispiel des „Renewable Energy House“ in Brüssel
Das „Renewable Energy House“ in Brüssel zeigt, dass auch denkmalgeschützte Gebäude zu 100 % mit erneuerbaren Energien versorgt werden können. Dieses 140 Jahre alte Gebäude, das Sitz vieler europäischer Verbände im Bereich der erneuerbaren Energien ist, wurde unter Mitwirkung des Fraunhofer ISE und des ITW als Demonstrationsprojekt realisiert. Das Energiekonzept für die insgesamt 2.800 qm Nutzfläche besteht aus drei Kernstücken:

– Verringerung des Wärmeaustausches mit der Umgebung

– Einsatz von Wärmerückgewinnung und die Nutzung von effizienten Energiesystemen mit erneuerbaren Energiequellen.

– Der verbleibende Energiebedarf wird durch den Einsatz erneuerbarer Energien gedeckt.

Mit einer Kombination aus fester Biomasse (Holzpellets), Solarthermie und Geothermie stellt die eingesetzte Heizungs-, Kühlungs- und Klimatisierungstechnik des Gebäudes einen hohen Komfortstandard während des gesamten Jahres sicher mit Raumtemperaturen von 21°C im Winter und einem Maximum von 25 °C im Sommer.

o Gebäudeautomation und dezentrales Energiemanagement
Die Verbreitung der Gebäudeautomatisierung ist im Bereich Privathaushalte und Kleingewerbe noch recht gering, aber durch neue Informationstechnologien werden kostengünstige Lösungen zur Optimierung des Energiebedarfs verfügbar. Durch das so genannte „Smart Metering“, das heißt eine Kombination mit neuen „intelligenten“ Strom-, Gas- und Wärmemengenzählern, wird in Kürze eine umfassende Information der Energiekunden über ihren Verbrauch möglich. Dadurch kann steigenden Energiekosten entgegen gewirkt werden.

Durch eine Vernetzung von Haushaltsgeräten und Energieanlagen wäre somit ein Energiemanagement möglich, das den Betrieb steuerbarer Verbraucher und Erzeuger entsprechend der aktuellen Erzeugungs- und Nachfragesituation gezielt optimiert. Das am ISET entwickelte Bidirektionale Energiemanagement Interface (BEMI) gibt dem Kunden über einen variablen Tarif einen Anreiz, sich an diesem Energiemanagement zu beteiligen, und schaltet zum Beispiel Kühlgeräte per Gebäudeautomatisierung kostenoptimal an oder ab. Zur Information von Kunden und Energieversorgern sowie zur Abrechnung spielt auch hier das „Smart Metering“ eine entscheidende Rolle.

o Betriebsführung von Gebäuden und Überwachung
Ergebnisse aus umfangreichen Messprojekten haben gezeigt, dass viele Gebäude erheblich mehr Energie verbrauchen, als in der Planung prognostiziert. Grund ist vielfach eine unzureichende Betriebsführung und der Mangel an Diagnosemöglickeiten von Fehlern im Betrieb. Am Fraunhofer ISE werden neue Betriebsführungs- und Regelungskonzepte entwickelt, die einen fortlaufenden Vergleich von erwartetem und tatsächlichem Energieverbrauch implizieren. Es konnte gezeigt werden, dass die Implementierung derartiger Verfahren den Energieverbrauch ohne Eingriff in die Anlagentechnik um 5 bis 30 Prozent senken kann.
o Solare Klimatisierung – Techniken und Energie-Management
Nach einem Jahrzehnt, in dem Forschung und Entwicklung national und international deutlich vorangetrieben wurde, beginnen sich Anlagen zur solaren Gebäudeklimatisierung am Markt zu etablieren. Mittlerweile sind nicht nur Lösungen für große Nichtwohngebäude sondern auch Anlagen im kleinen Leistungsbereich verfügbar. Solare Klimatisierung wird seit drei Jahren auch durch das Solarthermie2000plus-Programm des Bundesumweltministeriums gefördert; erste Anlagen nahmen in 2008 den Betrieb auf. Die wissenschaftliche Begleitung wird durch das Fraunhofer ISE durchgeführt. Im Rahmen von TASK 38 „Solar Air-Conditioning and Refrigeration“ des IEA Solare Heating & Cooling Programmes werden unter Leitung des Fraunhofer ISE auf internationaler Ebene Vorschläge zur standardisierten Bewertung von Anlagen der solaren Klimatisierung erarbeitet und Planungshilfen erstellt.
o Integration von Solartechnik in die Gebäudehülle
Hocheffiziente Gebäude werden in Zukunft vermehrt auch die Gebäudehülle zur Energiegewinnung nutzen. Eine wichtige Rolle spielt die bautechnisch und architektonisch in die Fassade integrierte Photovoltaik. Neben opaken Fassadenbereichen können auch transparente Flächen genutzt werden. Dabei ist unbedingt eine Gesamtoptimierung notwendig unter den Kriterien: Durchsicht, Tageslichtnutzung, Sonnenschutz, Blendfreiheit und Energieertrag. Am Fraunhofer ISE werden in diesem Themenfeld umfangreiche Entwicklungsarbeiten durchgeführt, bei denen neben dem energetischen Design insbesondere Themen wie Alterung und Gebrauchsdauertauglichkeit betrachtet werden. Neben der Photovoltaik sind auch für die Solarthermie Konzepte für eine stärkere bauliche Integration wichtig, um eine viel größere Verbreitung zu ermöglichen. Besonders gefördert werden zurzeit Konzepte, bei denen sowohl elektrische als auch thermische Energie aus der gleichen Fläche gewonnen wird (so genannte PV-T-Kollektoren).
HINTERGRUND
Der ForschungsVerbund Sonnenenergie ist eine Kooperation außeruniversitärer Forschungsinstitute für erneuerbare Energien. Das Themenspektrum reicht von Photovoltaik über Wasserstofftechnologien und Geothermie bis hin zur Windenergie. Mit etwa 1600 Mitarbeitenden repräsentiert der FVS ungefähr 80% der Forschungskapazität für erneuerbare Energien in Deutschland.
FVS-MITGLIEDSINSTITUTE
o DLR – Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V.
o Fraunhofer IBP – Fraunhofer-Institut für Bauphysik
o Fraunhofer ISE – Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme
o GFZ – Helmholtz-Zentrum Potsdam
Deutsches GeoForschungsZentrum
o HZB – Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie
(vormals HMI)
o ISFH – Institut für Solarenergieforschung Hameln Emmerthal GmbH
o ISET – Institut für Solare Energieversorgungstechnik e.V.
o Jülich – Forschungszentrum Jülich GmbH
o ZAE Bayern – Bayerisches Zentrum für Angewandte Energieforschung e.V.
o ZSW – Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung
PRESSEKONTAKT
Petra Szczepanski
Öffentlichkeitsarbeit ForschungsVerbund Sonnenenergie
Kekuléstraße 5, 12489 Berlin
Tel. 030/ 8062-1337
Fax 030/ 8062-1333
E-Mail: fvs@helmholtz-berlin.de

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Dieser Fachbereich umfasst die Erzeugung, Übertragung und Umformung von Energie, die Effizienz von Energieerzeugung, Energieumwandlung, Energietransport und letztlich die Energienutzung.

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