Wenn ein „Inspektor“ den Landwirten hilft

Prof. Dr.-Ing. Stefan Streif (li.) und sein Mitarbeiter Dr.-Ing. Pavel Osinenko am Traktionsversuchsaufbau. TU Chemnitz/Uwe Meinhold

Es hat tagelang geregnet. Der Boden der Felder ist aufgeweicht. Landmaschinen und Traktoren kommen auf dem glitschigen Untergrund nur schwer voran. Die Räder drehen durch, es kommt oft zum Schlupf. Die Oberfläche des Bodens wird von den Reifen zerstört.

Diese Situation kennt wohl jeder Landwirt. An dieser Stelle schafft die Wissenschaft Abhilfe: Forscher der Professur Regelungstechnik und Systemdynamik der Technischen Universität Chemnitz wollen den Bodenzustand zu jeder Zeit identifizieren, um mit einem intelligenten Regelungskonzept für Landmaschinen und Traktoren auch bei ungünstigen Bedingungen die Fahrzeuge besser zu regeln und gleichzeitig den Boden schonen zu können. Zudem sollen so auch der Kraftstoffverbrauch und die damit verbundene CO2-Emission verringert werden.

„Bevor die aus unserer theoretischen Grundlagenforschung stammenden Regelungs- und Identifikationsalgorithmen implementiert werden können, müssen erst einmal umfangreiche, möglichst realitätsnahe Tests durchgeführt werden“, sagt. Prof. Dr. Stefan Streif, Inhaber der Professur Regelungstechnik und Systemdynamik. Um dabei möglichst nah und schnell an der Praxis zu sein, entwickelten die Chemnitzer einen Traktionsversuchsstand. Er besteht aus einem Modellfahrzeug, das auf einem kleinen Fließband fährt, und jeder Menge Elektronik.

Dank des modularen und flexiblen Aufbaus des Traktionsversuchsstandes können verschiedene Fahrdynamiken (Reifendrücke, Fahrwerkskonzepte und –antriebe etc.) im Labor nachgebildet werden. Dabei werden auch unterschiedliche Einflüsse (Bodenzustand, Fahrwerk etc.) berücksichtigt. Außerdem werden Schnittstellen zu Verfahren, die auf „Precision Farming“ und Big-Data-Ansätzen basieren, geliefert.

Durch die Identifikation und Überwachung von Parametern und Zuständen (z.B. Rad-Boden-Kontakt), die Berücksichtigung von Geo- und Betriebsdaten (z.B. Satellitenbilder, Daten zum Ertrag und Wachstum= sowie die optimale Regelung von Betriebsdaten und -techniken (z. B. Anpassung der Fahrwege, Bodendruck, Geschwindigkeit, Traktion) können verschiedene Aspekte der Produktivität, Energieeffizienz und Bodenqualität bedacht werden.

„Wie ein Inspektor nimmt unser System möglichst viele Parameter und Informationen genau in den Fokus“, sagt Streif. Im Mittelpunkt steht dabei die genaue Identifikation des Bodenzustandes. „Der Chemnitzer Traktionsversuch kann die Entwicklung neuer und intelligenter Systeme zur Regelung und Zustandsüberwachung für Traktoren und Landmaschinen durchaus beschleunigen. Die entwickelten Systeme sind für einen Landwirt kostengünstig nachrüstbar und können zu höheren Energieeffizienz, Produktivität und Bodenschonung beitragen, versichert Streif. Letztendlich verbessere sich so die Wettbewerbsfähigkeit in der Landwirtschaft.

Erstmals wurde der Chemnitzer Versuchsstand vor kurzem in Leipzig im Zentrum der Innovation auf der AGRA, der wichtigsten Messe für die mitteldeutsche Landwirtschaft vorgestellt. „Erste Landmaschinenhersteller suchten mit uns bereits das Gespräch“, so der Universitätsprofessor. Der Traktionsversuchsstand wird künftig weiter optimiert. „Das bedeutet, dass wir unsere Algorithmen ständig verbessern“, so Streif. „Gleichzeitig erhalten wir durch die realitätsnahen Experimente auch wichtige Erkenntnisse und Ideen für unsere Grundlagenforschung im Bereich der optimalen Regelungstechnik.“

Weitere Informationen erteilt Prof. Dr. Stefan Streif, Telefon 0371 531-31899, E-Mail stefan.streif@eti.tu-chemnitz.de

https://www.tu-chemnitz.de/tu/pressestelle/aktuell/8133

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Mario Steinebach Technische Universität Chemnitz

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