Technologieplattform für nachhaltige Kernenergie stellt strategische Forschungsagenda vor

Zwei Themen haben einen deutlichen Vorrang: Verringerung der Alterungseffekte bestehender „Leichtwasser“-Reaktoren sowie die Vorbereitung einer Demonstration der „schnellen Neutronenreaktoren der vierten Generation“.

Die Technologieplattform führt Experten aus der Industrie, von Forschungsorganisationen, Universitäten und Nichtregierungsorganisationen zusammen, um die Anstrengungen im Rahmen einer gemeinsamen Vision für Forschung, Entwicklung und Innovation für Kernenergiesysteme zu koordinieren. Die Plattform umfasst 60 Mitglieder aus 19 europäischen Ländern.

Der Europäischen Kommission zufolge „leistet die Kernenergie, die derzeit 31% der EU-Stromproduktion liefert, einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der kohlenstoffarmen Wirtschaft“. Zur Erfüllung der Ziele zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen in Europa um 20% bis 2020 und als Teil der Bemühungen zur Realisierung einer kohlenstoffarmen Gesellschaft (low-carbon society) bis 2050 hat die Europäische Kommission die FuE-Aussichten für kohlenstoffarme Energietechnologien in ihrem Strategieplan für Energietechnologie (SET-Plan) im November des letzten Jahres festgelegt. Dieser Plan nennt die Energie aus Kernspaltung einen wichtigen Beitrag zur Erfüllung des 2020-Ziele.

Schnelle Neutronenreaktoren können die Energieproduktion einer bestimmten Menge Uran um das 50-fache oder mehr multiplizieren. In der SRA heißt es, eine neue Generation dieser Reaktoren sei notwendig, um derzeitige Standards und Normen zu Sicherheit, Betrieb und Wettbewerbsfähigkeit zu erfüllen.

„Es wird angepeilt“, lautet es in der SRA, „dass diese neue Generation von schnellen Neutronenreaktoren (Gen-IV) parallel mit den verbesserten Leichtwasserreaktoren der dritten Generation (Gen-III), die derzeit in Europa gebaut werden, betrieben wird. Damit wird der Anteil von einem Drittel an der Energieproduktion in Europa bewahrt.“

Obwohl die Entwicklung der nächsten Generation von Reaktoren klaren Vorrang hat, „ist es unentbehrlich, den Bau von neuen Leichtwasserreaktoren der dritten Generation zu fördern“, heißt es in dem Bericht. „Um einheitliche Genehmigungsanforderungen in Europa zu erzielen, sollte die Bauartzulassung harmonisiert werden.“

Das Abfallmanagement erhält in dem Bericht ebenfalls Priorität. Dabei wird hervorgehoben, dass es wichtig sei, effizientere Kerne und Brennstäbe einzusetzen, um eine optimale Leistung zu erhalten und die Menge und Lebensdauer von Abfällen zu minimieren. Außerdem wird die Wichtigkeit fortgesetzter Forschungen zu Partitionierungs- und Transmutationtechnologien unterstrichen. Innerhalb von zehn Jahren, heißt es in dem Bericht, werden die ersten geologischen Endlager für hochradioaktive Abfälle in der EU in Betrieb sein.

Die strategische Forschungsagenda legt klare Ziele für die Entwicklung anderer Anwendungen für Nukleartechnologie dar, die auf fossilen Brennstoffen basierende Industrieverfahren wie die Massenproduktion von Wasserstoff für die Synthetisierung von Dünger oder die Raffinierung von Rohöl ersetzen können.

Forschungen in Bereichen der Werkstoffverbesserung, der Herstellungs- und Schweißverfahren, der innovativen Energieumwandlungssysteme, der verbesserten Sicherheit und innovativen Brennstoffe erhalten ebenfalls Vorrang, ebenso wie die rechnergestützte Modellierung für detaillierte Simulationen von Reaktorverhalten in einer Reihe von Szenarien bei Normal- und Unfallbedingungen.

Das Thema Sicherheit zieht sich durch die gesamte Agenda. „Die Forschung zur kerntechnischen Sicherheit wird Arbeiten zu menschlichen wie auch zu organisatorischen Faktoren umfassen“, heißt es dort. „Darüber hinaus müssen Forschungen durchgeführt werden, die zum Bau von wirklich sicheren schnellen Neutronenreaktoren der vierten Generation beitragen.“

Die Kosten für den Unterhalt von Forschungsinfrastrukturen sind hoch. In der SRA wird hervorgehoben, dass ein Netzwerk von komplementären Anlagen in Europa eingerichtet werden sollte; dazu gehören die Modernisierung bestehender sowie der Bau neuer Anlagen. Zu den neuen Anlagen gehören experimentelle Anlagen zum Brennstoffkreislauf und extrem große Nuklearforschungsanlagen wie der Jules-Horowitz-Materialprüfungsreaktor in Frankreich.

Darüber hinaus spricht die SRA die Wichtigkeit von Aus- und Weiterbildung an, da dringend hoch qualifiziertes Personal benötigt wird. „Der Nuklearsektor muss sich mit der Notwendigkeit befassen, seinen Kompetenzpool zu verstärken und weiterzuentwickeln, das bestehende Wissen zu verwalten und Netzwerke von Forschungsinfrastrukturen zu organisieren.“ Anstrengungen zur Aus- und Weiterbildung erhalten die maßgebliche Unterstützung des European Nuclear Education Networks (ENEN), das unter den EU-Rahmenprogrammen (RP5 bis RP7) finanziert wird.

Die diese Woche in Brüssel vorgelegte Strategische Forschungsagenda steht der Öffentlichkeit zur Verfügung und von allen Interessengruppen werden Stellungnahmen erbeten.

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