Soziale Schieflage bei der Energiewende?

In der öffentlichen Wahrnehmung sind die Kosten der Energiewende ungleich verteilt und Teile der Bevölkerung tragen stärker an den Belastungen als andere. Für eine klare Aussage über die Verteilung von Kosten, Nutzen und zur Teilhabe verschiedener Bevölkerungsgruppen fehlt neben belastbare Daten vor allem ein Konzept zu deren jährlicher Erfassung und Darstellung (Monitoring).

Der Bericht schlägt daher dreizehn Indikatoren zur sozialen Bilanzierung im Strombereich vor, darunter folgende drei jährlich darzustellende Leitindikatoren:

1. Der prozentuale Anteil der EEG-geförderten Privathaushalte an der gesamten erneuerbaren Energie-Produktion (Dimension „Nutzer“). Dies ist wichtig, um die finanzielle Teilhabe der Bevölkerung an der Energiewende sichtbar zu machen.
2. Der Anteil einkommensschwacher Haushalte, die über einem festzulegenden Wert der Stromausgaben an den Gesamtausgaben liegen (Dimension „Kosten“). Nur so können wir begründete Aussagen über tatsächliche Energiearmut treffen.
3. Mitgliederzahlen von Energiegenossenschaften (Dimension „Gemeinschaftswerk“). Damit kann die Breitenwirkung der Energiewende messbar gemacht werden.

Auf Grundlage einer systematischen Erhebung und Darstellung der für eine soziale Bilanzierung notwendigen Kennzahlen können politische Instrumente und Prozesse entwickelt werden. Die Arbeitsgruppe der Plattform Energiewende gibt dazu folgende Handlungsempfehlungen:

• …die Energie-Spar-Checks auszuweiten;
• …existierende (Fehl-)Anreize innerhalb des Energiewirtschaftsgesetzes zum Verkauf (bzw. Verbrauch) von möglichst hohen Mengen Kilowattstunden zu überprüfen;
• …die Debatte über verbindliche progressive Tarifelemente, etwa bei Netzentgelten oder der Stromsteuer, wiederaufzunehmen;
• …die Auswahl und Förderung einer Pilotregion für die Installation von Prepaid-Stromzählern inklusive wissenschaftlicher Begleitforschung initiieren;
• …Veränderungen der Energiepreise bei der Festsetzung des ALG-II-Regelsatzes schneller zu berücksichtigen
• …eine Energiearmuts-Diskussion konstruktiv wie lösungsorientiert führen, um akzeptable Grenzbelastung für Privathaushalte festzulegen;
• …weiterreichende Fragen nicht scheuen wie eine Reduktion der Stromsteuer zur Entlastung von Haushalten und Unternehmen oder dem Verzicht auf die Mehrwertsteuer auf die EEG-Umlage; oder welche Rolle spielen industriepolitische Maßnahmen wie die Möglichkeit der Befreiung von der EEG-Umlage, der Stromsteuer und den Netzentgelten für energieintensive Industrie in der Diskussion um das Gemeinschaftswerk Energiewende?

Eine Forderung des Berichts ist es, dass das Monitoring der Energiewende über das klassische energiepolitische Zieldreieck hinaus fortzuschreiben ist, um eine sachliche Abwägung von Kosten und Nutzen zu ermöglichen. Darüber hinaus gibt der Bericht klare Hinweise auf eine nicht primär von der Energiewende verursachte Energie- bzw. Stromarmut und schlägt Maßnahmen vor, diese zu bekämpfen.

Mit dem Ziel die soziale Dimension der Energiewende besser zu erforschen und die gesellschaftliche Debatte zu versachlichen, hat die Plattform Energiewende im Jahr 2012 eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe mit Vertretern unterschiedlicher wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Gremien ins Leben gerufen. Der gemeinsam erarbeitete Bericht „Beiträge zur sozialen Bilanzierung der Energiewende“, welcher am 21. Mai 2013 in der Kalkscheune in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt wird, gibt konkrete Empfehlungen zum sozialen Monitoring der Energiewende im Strombereich mit Indikatorvorschlägen zu den Themen Nutzenverteilung, Kostenverteilung und Gemeinschaftswerk Energiewende.

Die transdiziplinäre Arbeitsgruppe „Soziale Bilanzierung der Energiewende“ hat sich im Oktober 2012 zusammengefunden. Sie wird von der Plattform Energiewende des Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) moderiert und versammelt als Mitglieder: Dr. Maria Rosaria die Nucci (FFU Berlin), Prof. Dr. Wolfang George (Andramedos eG), Ulrike Hacke (IWU Darmstadt), Dr. Michael Kopatz (Wuppertal Institut), Bernhard Maron (KNI), Ines Meyer (EIFER Karlsruhe), Prof. Dr. Fritz Reusswig (PIK), Ulrich Schäferbarthold (Caritas Frankfurt), Dirk Scheer (ZIRIUS), Sylvia Veenhoff (Umweltbundesamt).

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