Solarzellen zum Ausrollen

Langfristig sollen flexible Solarzellen über Rolle-zu-Rolle-Druck-Anlagen großflächig hergestellt werden können. Foto/Copyright: NanoSYD

Die Entwicklung von organischen Energietechnologien wird bereits seit einigen Jahren erforscht, schließlich besitzen Solarzellen und LEDs aus organischen Materialien ein großes Potenzial im Hinblick auf Energieeffizienz und nachhaltige Energiegewinnung. Grund dafür sind ihre völlig neuen Eigenschaften im Vergleich zu herkömmlichen Siliziumzellen: mechanische Flexibilität, leichtes Gewicht, niedrige Kosten sowie Semitransparenz. Für die Zukunft werden dadurch innovative Anwendungen denkbar bis zu smarten Fenstern oder tragbaren Technologien in Kleidung.

Effiziente und günstige Solarzellen

Mit dem überregionalen Forschungsprojekt „RollFlex“ wollen deutsche und dänische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Entwicklung von organischer Energietechnologie einen großen Schritt voranbringen. Dazu entsteht im dänischen Sonderborg mit dem Rollflex-Innovationsprojektcenter ein Labor, in dem Rolle-zu-Rolle-Druckanlagen erforscht und weiterentwickelt werden.

Bei diesem Verfahren sollen Materialien großflächig auf dünne Substrate wie flexibles Glas oder Plastikfilme gedruckt werden. Am Ende sollen sie auch elektrische Bauteile enthalten wie flexible Elektronik, organische Leuchtdioden (OLEDS) und Solarzellen. Daraus könnten Produkte für Bereiche wie Beleuchtung, Displays oder Photovoltaik entwickelt werden. Im Reinraum der CAU erforschen die Kieler Wissenschaftlerinnen und -wissenschaftler Nano- und Mikrostrukturen, um damit die Effizienz der organischen Solarzellen und OLEDs zu steigern.

„Durch das Rollflex-Projekt können wir exzellente Kompetenzen aus der Region zum Rolle-zu-Rolle-Druck und zur Optimierung von organischen Bauteilen bündeln. Mit dem Aufbau eines starken Netzwerks zwischen Süddänemark und Norddeutschland hoffen wir, Energietechnologie langfristig deutlich effizienter zu machen. Unser Kieler Reinraumlabor leistet hier einen wichtigen Beitrag“, so Martina Gerken, Professorin am Institut für Elektrotechnik und Informationstechnik und Projektleiterin an der CAU.

Kieler erstellen Nano- und Mikrostrukturen im Reinraum

Die Kieler Projektpartner erforschen im Projekt zentrale Grundlagen der neuen Solartechnologie: Anhand von kleinen Bauteilen wollen sie zeigen, wie Mikro- und Nanostrukturen die Effizienz von flexiblen Solarzellen steigern können. Dazu erforschen Elektrotechnikerinnen und Elektrotechniker der CAU zunächst, wie die einzelnen Strukturen die Leuchtstärke von OLEDs beeinflussen.
„Denn das Prinzip von OLEDs ähnelt, wenn auch genau gegensätzlich, dem, wie Solarzellen funktionieren“, erklärt Laborleiterin Dr. Sabrina Jahns „Die Erkenntnisse, die wir von den Zentimeter kleinen OLEDs und organischen Solarzellen erhalten, auf großflächig ausrollbare Bauteile zu übertragen, das ist die große Herausforderung für unser Forschungsprojekt.“

Durch die geringe Größe der Bauteile lässt sich vergleichsweise einfach mit einer Vielzahl von Varianten experimentieren. So wollen die Forschenden die optimale Konfiguration für die späteren Solarzellen identifizieren. In ihrem Optiklabor bestrahlen die Kieler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die OLEDs mit Lasern, um so die Wirkung der aufgetragenen Mikro- und Nanostrukturen zu untersuchen. Entwickelt werden die kleinen Solarzellen und OLEDs im Kieler Reinraumlabor, das ideale Bedingungen bietet, um die empfindlichen Prototypen ohne Verunreinigungen herzustellen.

Die CAU-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler stehen in ihrer Arbeit in engem Austausch mit der FUMT R&D Functional Materials GmbH, einer Ausgründung der Kieler Uni zur Entwicklung von funktionalen Materialien. Dort werden für das Projekt vor allem spezielle Folien mit Nanopartikeln erstellt. Sie sollen die OLEDs und später auch die organischen Solarzellen vor Feuchtigkeit und Sauerstoff schützen. „Diese Schutzschicht ist bei organischen Technologien besonders wichtig. Sie verhindert chemische Prozesse, die die Lebensdauer von Solarzellen und OLEDs beeinträchtigen“, erklärt Dr. Ala Cojocaru, Projektleiterin bei FUMT. „Wir haben bereits aus einem anderen Forschungsvorhaben Erfahrungen mit Folien, die wir in einem Rolle-zu-Rolle-Verfahren mit einer funktionalen Beschichtung versehen haben. Für uns ist es hochinteressant, wie sich unsere Materialien für die Energiegewinnung nutzen lassen”, ergänzt Geschäftsführer Hartmut Schmidt-Niepenberg.

Eingebunden in Uni-Lehre und Region

Sowohl die CAU als auch die SDU integrieren das gemeinsame Forschungsprojekt in ihre Lehre. „Wir bieten unseren Studierenden damit eine exzellente Ausbildung, denn so arbeiten sie auf praxisnahe Weise an hochaktueller Forschung mit”, sagt Martina Gerken. Auch für zahlreiche Unternehmen in der Region Norddeutschland und Süddänemark, die bereits mit Rolle-zu-Rolle-Technologien arbeiten, ist der regionale Forschungszusammenschluss spannend. „Es wird seit vielen Jahren zu organischen Solarzellen geforscht, aber wir registrieren jetzt ein gesteigertes Interesse von Seiten der Industrie. Die Unternehmen sehen einen eigentlichen Durchbruch nahen, in dem die Solarzellen so stabil und effizient sind, dass sie kommerziell eingesetzt werden können. So sind z.B. mehr Unternehmen aus der Fahrzeugindustrie an der Technologie interessiert“, sagt Morten Madsen, Projektleiter SDU.

Das Innovationsprojektcenter RollFlex wird von 2016-2019 durch das EU-Förderprogramm Interreg Deutschland-Danmark mit rund 1,6 Millionen Euro gefördert. Beteiligte Partnerinstitutionen sind neben der SDU, die CAU, FUMT R&D Functional Materials GmbH und Stensborg A/S. Hinzu kommen eine große Anzahl von Netzwerkpartnern in Norddeutschland und Dänemark, darunter IHK Flensburg, Norddeutsche Initiative Nanotechnologie Schleswig-Holstein e,V, (NINa SH), Wirtschaftsförderung und Technologietransfer in Schleswig-Holstein (WTSH).

Bildmaterial steht zum Download bereit:

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Langfristig sollen flexible Solarzellen über Rolle-zu-Rolle-Druck-Anlagen großflächig hergestellt werden können.
Foto/Copyright: NanoSYD

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Durch ihre mechanische Flexibilität können
organische Leuchtdioden (OLEDs) auf biegsame Folien aufgetragen werden. Zugesetzte Zinkoxidpartikel in der Folie sollen für eine höhere Leuchtstärke der OLEDs sorgen. Foto/Copyright: Matthias Bremer

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Bildunterschrift: Der Kieler Reinraum bietet optimale Bedingungen, um die empfindlichen organischen Leuchtdioden ohne Verunreinigungen zu bauen. Foto/Copyright: Angelina Niepenberg

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Die Kieler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bestrahlen die OLEDs mit Lasern, um ihre Eigenschaften zu testen. Die Erkenntnisse sollen auf große Solarzellen übertragen werden. Foto/Copyright: Sabrina Jahns

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Eine aufgetragene Nanogitterstruktur lässt die Folie schimmern. Durch solch eine Strukturierung sollen OLEDs und organische Solarzellen leistungsfähiger werden. Foto/Copyright: Sabrina Jahns

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Nanostrukturelemente auf einer Folie, die im Rolle-zu-Rolle-Verfahren hergestellt werden soll, hier im Labormaßstab.
Foto/Copyright: Angelina Niepenberg

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Im Kieler Teil des Projektes arbeiten Wissenschaftlerinnen der CAU eng zusammen mit FUMT, einer Ausgründung der Uni Kiel: Sabrina Jahns (von links), Martina Gerken (beide CAU), Ana Cojocaru, Iris Hölken und Hartmut Schmidt-Niepenberg (alle FUMT).

Kontakt:
Prof. Dr. Martina Gerken
CAU, Institut für Elektrotechnik und Informationstechnik
Integrierte System und Photonik
Tel.: 0431 880 6250
E-Mail: mge@tf.uni-kiel.de

Dr.-Ing. Sabrina Jahns
CAU, Institut für Elektrotechnik und Informationstechnik
Integrierte System und Photonik
Tel.: 0431 880 6255
E-Mail: sja@tf.uni-kiel.de

Hartmut Schmidt-Niepenberg
FUMT R&D, CEO
Tel. 0431 7054186
E-Mail: hsn@fumt-rd.de

Dr. Ala Cojocaru
FUMT R&D, Projektmanagement
Tel. 0431 7054186
E-Mail: ac@fumt-rd.de

Details, die nur Millionstel Millimeter groß sind: Damit beschäftigt sich der Forschungsschwerpunkt „Nanowissenschaften und Oberflächenforschung“ (Kiel Nano, Surface and Interface Science – KiNSIS) an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU). Im Nanokosmos herrschen andere, nämlich quantenphysikalische, Gesetze als in der makroskopischen Welt. Durch eine intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Materialwissenschaft, Chemie, Physik, Biologie, Elektrotechnik, Informatik, Lebensmitteltechnologie und verschiedenen medizinischen Fächern zielt der Schwerpunkt darauf ab, die Systeme in dieser Dimension zu verstehen und die Erkenntnisse anwendungsbezogen umzusetzen. Molekulare Maschinen, neuartige Sensoren, bionische Materialien, Quantencomputer, fortschrittliche Therapien und vieles mehr können daraus entstehen.

Mehr Informationen auf www.kinsis.uni-kiel.de

http://www.rollflex.eu
http://www.sebrochure.dk/Roll-Flex/WebView/

Media Contact

Dr. Boris Pawlowski Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

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