Hessische Biogasforschung bündelt sich

Die Kooperation von mehreren Forschungs- und Beratungsinstituten kann dabei auf die einzigartige Infrastruktur wie z.B. die vorhandene Forschungsbiogasanlage, den landwirtschaftlichen Versuchsbetrieb, die dorfähnliche Struktur des Eichhofs sowie die dort vorhandene labortechnische Ausrüstung des Landesbetriebes Hessische Landeslabor zurückgreifen.

In Deutschland gibt es zur Zeit rund 7000 Biogasanlagen, die aus Energiepflanzen und Gülle Strom erzeugen. Gleichzeitig fällt in dem Blockheizkraftwerk Wärme an, die zum Heizen, Trocknen, Kühlen oder anderes verwendet wird. Bislang speisen die Biogasanlagen den Strom rund um die Uhr ein. Grund dafür ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), nach dem Betreiber eine Einspeisevergütung für den erzeugten Strom erhält.

Doch dieses Modell könnte sich künftig ändern. Denn mit der Einspeisung rund um die Uhr spielen Biogasanlagen noch nicht ihre eigentliche Stärke aus: Die bedarfsgerechte Stromproduktion. Denn Biomasse oder Biogas sind speicherbar. Sie können in den Zeiten zur Stromproduktion genutzt werden, in denen Wind- und Solarstrom nicht produziert werden können.

Je mehr Windenergie- und Photovoltaikanlagen installiert werden, desto wichtiger werden Biomasse-Anlagen zur bedarfsgerechten Stromproduktion.

Forschung zur Anlage der Zukunft
Allerdings sind heutige Biogasanlagen für diese Art der Stromproduktion nicht ausgelegt. Sie müssen anders gebaut und betrieben werden. Wie derartige Anlagen aussehen können und wie sie sich in das Energiesystem der Zukunft integrieren lassen, ist eines der wichtigsten Forschungsgebiete des neuen Hessischen Biogas-Forschungszentrums (HBFZ), das im August 2011 offiziell seine Arbeit aufnimmt. „In dem HBFZ wollen wir die Stromerzeugung aus Biogas in der ganzen Bandbreite erforschen, vom Ackerbau über Logistik und Lagerung bis hin zur Vergärung und Gasaufbereitung“, erklärt Dr. Bernd Krautkremer, Bereichsleiter Bioenergie-Systemtechnik beim Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) in Kassel.

Das HBFZ entsteht durch die Kooperation des Fraunhofer IWES sowie dem Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) und dem Landesbetrieb Hessisches Landeslabor (LHL) auf dem Lehr- und Versuchsbetrieb Eichhof des LLH bei Bad Hersfeld. Das Fraunhofer IWES hat bereits seit dem Jahr 2006 unterschiedliche Untersuchungen auf dem Eichhof zur Biogasproduktion durchgeführt, u.a. zur Selbstversorgung eines Dorfes mit Strom aus erneuerbaren Energien oder zur Stromproduktion mit Biogas-Mikrogasturbinen. „Der Eichhof bietet uns eine unvergleichliche Infrastruktur: Mit dem landwirtschaftlichen Versuchsbetrieb, der vorhandenen Biogasanlage und den Laboreinrichtungen sind wir an diesem Standort ideal für verschiedene Forschungsfragestellungen aufgestellt“, argumentiert Krautkremer.

Rund 3,3 Mio. € für neue Infrastruktur

Mit der Gründung des HBFZ wird noch einmal kräftig investiert:

– Die Leistung der vorhandenen Biogasanlage wurde um einen Versuchsfermenter im technischen Maßstab ergänzt und zu einer modernen, praxisrelevanten Forschungsbiogasanlage für die bedarfsgerechte Stromproduktion umgerüstet,

– ein neu geschaffener Gebäudekomplex wurde zum „Technikum Nachwachsende Rohstoffe“, in dem Bürogebäude, Labors und Arbeitsräume zur Umsetzung des pflanzenbaulichen Versuchswesens geschaffen

– ein vorhandenes Gebäude wurde für spezielle Laboruntersuchungen des IWES zum „Technikum Biogas“ umgestaltet.

– Für diese Maßnahmen hat das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst (HMWK) aus dem Konjunkturpaket II des Bundes für außeruniversitäre Forschung rund 2 Mio. € zur Verfügung gestellt.

Die Restfinanzierung wurde durch das Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HMUELV), den Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen und Fraunhofer IWES bereitgestellt.

Sehr viele Synergie-Effekte
Der Eichhof bietet für das neue Forschungszentrum weitere Synergiemöglichkeiten:
– Am Eichhof sind bereits heute landesweit tätige Spezialberater Biogas ansässig, die ständig ein Ohr an der Praxis haben und ihre Erfahrungen an die Wissenschaftler weitergeben können.
– Der Eichhof bietet vielfältige Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen für Landwirte an, so dass ein ständiger Austausch von Wissenschaft und Praxis gegeben ist.
– Auf dem Betriebsgelände befinden sich Stallungen, Werkstätten, Internate und andere Einrichtungen, die einen ähnlichen Strom- und Wärmebedarf haben wie ein kleines Dorf. Daher lassen sich bestimmte Untersuchungen zur Energieversorgung gleich in die Praxis umsetzen.

– Das LHL mit seinem modernen Laboreinrichtungen und dem Personal hat seit 2003 Erfahrung mit der Forschungstätigkeit im Bereich der energetischen Nutzung von Biogas. Daher musste für die Untersuchung von Substraten, Böden, Gärresten oder Zusatzstoffen keine neue Laborinfrastruktur geschaffen werden.

Partner für Industrie und Landwirtschaft
Das neue HBFZ wird seine Forschungsaktivitäten jedoch nicht nur auf Hessen beschränken. Schon heute ist das Fraunhofer IWES bundesweit tätig. „Wir stehen als Forschungsplattform nicht nur für die Wissenschaft, sondern auch für Industriepartner zur Verfügung“, stellt Krautkremer in Aussicht. „Die energetische Biomassenutzung etabliert sich als wichtiger Betriebszweig in der Landwirtschaft. Wir entwickeln in diesem Geschäftsfeld neue Chancen für die Landwirtschaft und setzen sie in konkrete Beratungsempfehlung um.“, so ergänzt der Leiter des Landwirtschaftszentrums Eichhof, Klaus Reinhardt. Außerdem bietet der Eichhof auch hinsichtlich Verpflegung und Unterbringung mit seinen Appartements für einen längeren Aufenthalt ideale Voraussetzungen.
Forschungsaktivitäten, mit denen sich das HBFZ in nächster Zeit auseinandersetzen wird:
– Wie können Biogasanlagen flexibel und bedarfsgerecht Strom produzieren?
– Wie lässt sich die Aufbereitung von Biogas zu Biomethan verbessern?
– Wie lässt sich mit Biogas durch direkte Methanisierung Windstrom speichern?
– Welche Energiepflanzen sind zukünftig bedeutsam und wie lassen sie sich in nachhaltige landwirtschaftliche Fruchtfolgen integrieren?

– Welche Wertschöpfungspotentiale lassen sich für die Landwirtschaft erschließen?

Media Contact

Uwe Krengel Fraunhofer-Institut

Weitere Informationen:

http://www.iwes.fraunhofer.de

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