Entschärfung radioaktiver Abfälle

Das Herzstück einer Transmutationsanlage zur Verbrennung langlebiger hochradioaktiver Abfälle ist ein so genanntes Flüssigmetall-Target. Hier werden die Neutronen für den Transmutationsprozess erzeugt, durch den langlebige radioaktive Abfallstoffe in kurzlebige radioaktive Elemente umgewandelt werden können. Am Paul Scherrer Institut in Villigen, Schweiz, ist es nun mit dem internationalen Experiment MEGAPIE weltweit erstmals gelungen, durch Beschuss eines Flüssigmetall-Targets mit einem Protonenstrahl eine Neutronenquelle so hoher Leistung zu erzeugen, wie sie auch in einer Transmutationsanlage eingesetzt würde. Das Forschungszentrum Karlsruhe ist an diesem Experiment federführend für Deutschland beteiligt und war für Auslegung, Auswahl von Strukturmaterialien und strömungstechnische Experimente verantwortlich.

Neutronen besitzen einzigartige Eigenschaften: Einerseits können sie hochradioaktive Elemente, die in langlebigen Abfällen aus Kernkraftwerken vorkommen, in kürzerlebige oder stabile Elemente umwandeln. Dieser Prozess wird als Transmutation bezeichnet. Andererseits dienen Neutronen in der Grundlagenforschung der Aufklärung atomarer Strukturen oder biologischer Substanzen.

In der Spallationsneutronenquelle SINQ des Paul Scherrer Instituts (PSI) in Villigen, Schweiz, werden Neutronen freigesetzt, indem ein hochenergetischer Protonenstrahl von einem Megawatt Leistung auf ein metallisches Ziel (Target) gerichtet wird: Dabei schlagen die Protonen aus den Metallatomen Neutronen heraus (Spallation). Bisher handelte es sich bei dem Target stets um einen Feststoff. Theoretische Berechnungen haben jedoch vorhergesagt, dass mit einem Flüssigmetall-Target weit höhere Neutronenflussdichten erzeugt werden können, was für eine effektive Verbrennung der hochradioaktiven Abfälle von Vorteil ist.

Die Aussicht, radioaktive Abfälle einfach „verbrennen“ zu können, hat zu einem großen internationalen Interesse an MEGAPIE geführt. Seit dem Jahr 2000 hat eine internationale Arbeitsgruppe den Aufbau des Experiments vorangetrieben und verschiedenartige Versuche durchgeführt. Die 170 Mitglieder starke Gruppe besteht aus Wissenschaftlern, Ingenieuren und Technikern aus neun Forschungseinrichtungen in Europa, der Europäischen Kommission, Japan, USA und Korea.

Wesentliches Ergebnis des 4-monatigen Langzeitexperiments MEGAPIE (Megawatt Pilot Experiment) war die Bestätigung der um etwa 80 % erhöhten Neutronenflussdichte gegenüber einem Festkörpertarget sowie der fehlerfreie Betrieb eines leistungsstarken Flüssigmetall-Targets. Damit wurde gezeigt, dass ein solches Target in einer Transmutationsanlage eingesetzt werden kann.

Das Forschungszentrum Karlsruhe war an dem Experiment federführend für Deutschland beteiligt. Auf Grundlage der experimentellen Erfahrungen im Bereich Reaktortechnik, Sicherheit sowie Flüssigmetalltechnologie am Forschungszentrum Karlsruhe leisteten die Wissenschaftler und Ingenieure wesentliche Beiträge zur Qualifizierung und zum Betrieb des MEGAPIE-Targets. So übernahmen sie im Karlsruher Flüssigmetalllabor KALLA detaillierte strömungstechnische Versuche und Berechnungen, die Auswahl der Strukturmaterialien sowie zusätzliche Neutronikauslegungsarbeiten. Für die Schweizer Genehmigungsbehörde wurde außerdem eine Sicherheitsstudie zur Wechselwirkung des Flüssigmetalls mit Wasser und deren Auswirkungen durchgeführt.

Das Forschungszentrum Karlsruhe ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, die mit ihren 15 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 2,1 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands ist. Die insgesamt 24000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Helmholtz-Gemeinschaft forschen in den Bereichen Struktur der Materie, Erde und Umwelt, Verkehr und Weltraum, Gesundheit, Energie sowie Schlüsseltechnologien.

Media Contact

Dr. Joachim Hoffmann idw

Weitere Informationen:

http://www.fzk.de

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