Wissenschaft und Wirtschaft in NRW starten Kooperation zur großtechnischen Stromgewinnung aus Geothermie

In Brandenburg soll noch vor Ende des Jahrzehnts das größte Geothermiekraftwerk in Deutschland mit 25 MW elektrischer Leistung entstehen. 250 Mio. Euro sollen investiert werden, um Strom aus 5.000 m tiefliegendem Vulkangestein zu gewinnen. Das GeothermieZentrumBochum, in das wissenschaftliches und technisches Know-how der RWTH Aachen, der Fachhochschule Bochum und der Fachhochschule Gelsenkirchen einfließen, wird die wissenschaftliche und techni8sdche Begleitforschung leisten.

Nicht zuletzt die Entwicklung der Öl- und Gaspreise in den vergangenen Monaten verdeutlicht die Abhängigkeit unserer Volkswirtschaft von einer sicheren Energieversorgung. Als besonders aussichtsreiche und zugleich klimafreundliche Komponente im Energiemix bietet sich die Nutzung der Geothermie an. Dieser natürliche Wärmestrom aus dem Erdinneren ist als einzige erneuerbare Energiequelle jahres- und tageszeitenunabhängig verfügbar.

Erdwärme wird an vielen Stellen der Erde bereits in Tiefen von bis zu 4000 m – 5000 m zur Strom- und Wärmeerzeugung erschlossen. Eine Studie des Hierzulande beziffert der Deutschen Bundestags beziffert das theoretische Deckungspotenzial durch Geothermie auf die Hälfte des deutschen Strombedarfs. Erdwärmegewinnung ist kann auch bei uns hierzulande nach dem heutigen Stand der Technik machbarin Strom gewandelt werden. Allerdings steckt die Technologie neben Fündigkeitsrisiken häufig noch in der Kostenfalle.

Um diese Hindernisse abzubauen, haben die drei nordrhein-westfälischen Hochschulen RWTH Aachen, FH Bochum und FH Gelsenkirchen im vergangenen Herbst mit dem Geothermie-zentrum in Bochum (GZB) ein gemeinsames Institut für die Anwendungsforschung gegründet. Die Kompetenz von 14 interdisziplinären Fachgebieten der Natur- und Ingenieurwissenschaften wird dort zusammengeführt und von dem für Bohrtechnik zuständigen Prof. Rolf Bracke (FH Bochum) koordiniert. Flankiert wird das GZB durch die Landesinitiative Zukunftsenergien NRW.

Im Mittelpunkt der GZB-Arbeiten steht die wirtschaftliche Erschließssung der enormen Wärmevorräte s unerschöpflichen Wärmeflusses unter unseren Füssenim Untergrund. Die Arbeiten erfolgen im engen Schulterschluss mit kommerziellen Partnern.

Ein solcher Schulterschluss ist nun mit der ENRO-Gruppe aus Essen erfolgt. Das Unternehmen beabsichtigt den Bau eines geothermischen Kraftwerkparks – bestehend aus vielen Einzeleinheiten von jeweils 2-3 MW elektrischer Leistung. Der Vorsitzende des ENRO-Aufsichtsrates, Dr. Bund betont, dass das Konzept die wesentliche Wirtschaftlichkeits-Grundregel aller industriellen Produkte und Prozesse verfolgt: Größe und Menge. Im Endausbau soll deras Kraftwerkpark deshalb im so genannten „Konvoi-Prinzip“ eine Größenordnung von 25 MW elektrisch installierter Leistung erreichen. Das Gesamtinvestitions-Volumen soll bei 250 Mio € liegen.

Überträgt man das Prinzip der industriellen Massenfertigung auf Geothermie-Kraftwerke, so müssen die benötigt man dazu vier wesentliche Komponenten:

Geologische Rahmenbedingungen Voraussetzungen bzw. Formationenerfüllt sein:

1. deren gesteinsphysikalische Eigenschaften welche die Zirkulation großer Volumenströme von heißem Wasser ermöglichen,

2. die dabei hohe Gesteinstemperaturen von deutlich >über 150 °C; besitzen,

3. geologische Formationen mit die eine großräumiger und gleichmäßiger Verbreitung, die haben, und

4. die deshalb eine hohe Reproduzierbarkeit der über- und untertägigen Kraftwerkstechnik ermöglichen.

Auf der Suche nach solchen Voraussetzungen sind die GZB-Forscher um den Aachener Prof. Christoph Clauser auf Untergrundschichten, welche diese Bedingungen erfüllen können, sind die ca. 300 Mio Jahre alten Vulkan-Gesteine des Perm-Zeitalters gestossen. Diese so genannten Vulkanite besitzen eine große Verbreitung im Nordostdeutschen Becken im in Raum Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern und sind über durch viele Erdöl- und Erdgasbohrungen erschlossenerkundet. Diese Vulkanite Gesteine lagern liegen in ca. 5000 m Tiefe und haben eine relativ gleichmässige Mächtigkeit von mehreren Hundert Metern bei erwarteten Gesteinstemperaturen von über 170 °C.

Das macht sie interessant für die HFREGS-Technologie. (Enhanced Geothermal Systems). Beim HFR-Bei diesem Verfahren (Hot-Fractured-Rock) wird das homogene im natürlichen Zustand für Wasser wenig durchlässige Vulkanit-Gestein (mit seiner geringen natürlichen Durchlässigkeit für Wasser) durch das Einbringen Einpressen von unter hoher hohem Wasserdrücke Druck stehendem Wasser mit leistungsstarken Pumpen schrittweise zum Ahydraulisch aufgebroechen gebracht. Mit Hilfe dieser künstlich Die auf diese Weise geschaffenen Kluftsysteme soll somit bilden ein großvolumiges r, mitwachsender Wärmetauscher Wärmeaus-tauschsystem im Untergrund, in dem von übertage zugeführtes Wasser auf Gebirgstemperatur erhitzt wird. Das in weiteren Bohrungen geförderte Heißwasser dient als Wärmequelle für oberirdische konventionelle Dampfturbinen zur Stromerzeugung.erstellt werden. Der am GZB für das Reservoir-Engineering zuständige Geophysiker Ralph Weidler setzt das dieses Prinzip z.Z.derzeit bereits erfolgreich beim größten HFREGS-Geothermieprojekt der Welt in Australien (derzeitige Marktkapitalisierung 160 Mio. Australische Dollar, geplante Kapazität: 275 MWel) um.

Das Konvoi-Konzept von ENRO sieht die Erschließung gleichartiger geologischer Reservoires mit Einzeleinheiten – bestehend aus 3 Tiefbohrungen zu je 5000 m (Triplette) – vor. Eine solche Triplette besteht aus zwei Produktionsbohrungen zur Förderung des über die das heißssen Tiefenwassers gefördert wird, und einer Injektionsbohrung zur Rückführung über die das des nach der zur Stromerzeugung abgekühlten Wassers wieder ins Gebirge verpresst wirdin den tiefen Untergrund. Drei solcher Tripletten sollen zu Standardeinheiten (sogenannte Cluster) mit einem zentralen Kraftwerk von ca. 7,5 MWel zusammengefasst werden. Die Entwicklung einer geothermischen Stromgewinnung muss dabei nach industriellen Methoden erfolgen: zuerst Zuerst wird die Erstanlage gebaut, danach erfolgt der Endausbau mit Standardeinheiten. Zunächst sind drei Cluster vorgesehen. Eine Ausweitung ist geplant.

Um die Vulkanite in Nordostdeutschland zu erschließssen, hat ENRO bereits die bergrechtliche Erlaubnis für ein Feld von 230 km2 Größe bei Eberswalde erhalten. Die geowissenschaftliche und technologische Machbarkeit des Projektes soll nun von den Fachleuten des GZB ermittelt werden. Dazu wird am 24. 2. 2006 in Bochum ein Kooperationsabkommen zwischen ENRO und dem GZB geschlossen. Fachlich unterstützt wird die Initiative durch den stellvertretenden Leiter des Landesamtes für Bergbau, Geologie und Rohstoffe des Landes Brandenburg, Dr. Stackebrandt. DIn dessen Haus liegen verfügt bereits über viele Informationen zu den geothermisch interessanten Vulkanitgesteinen vor.

Neu an dem Projekt ist auch seine Finanzierung. Sie erfolgt analog zu dem australischen Geothermieprojekt auf privatwirtschaftlicher Basis. Hierzu wurde eigens eine ENRO Geothermie AG mit einer Erstausstattung von 0,5 Mio € gegründet. Das closing des Das Financial Closing für die Finanzierung der Investition der Erstanlage ist für Mitte 2006 geplant. Mit dem Bau in Eberswalde soll noch im Jahr 2006 begonnen werden.

Die Investitionsentscheidung erfolgt auch vor dem Hintergrund, dass alleine in Deutschland in den nächsten 20 Jahren etwa die Hälfte des Kraftwerksbestandes aus Altersgründen ersetzt werden muss. Deren Kapazitäten lassen sich jedoch nur zu begrenzten Teilen mit der wetterabhängigern Sonnen- und Windenergie abdecken. Um eine Versorgungssicherheit zu gewährleisten, muss die Energiewirtschaft als Puffer für schwankend anfallende Wind- und Sonnenkraft grundlastfähige Kraftwerke in gleicher Kapazität bereit halten. Geothermie – der kontinuierliche natürliche Wärmefluss aus dem Erdinneren – ist im Gegensatz zu anderen erneuerbaren Energien grundlastfähig. Sie ist also eine ernst zu nehmende Option für die eine zukünftige umweltfreundliche Energieversorgung der Zukunft.

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Detlef Bremkens idw

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