Rechnerisch reif für die Glühbirne

Simulation des Ziehens von Wolframdraht für Glühlampen.

Wie Lampenhersteller mit Hilfe des Fraunhofer IWM in Freiburg die Qualität von Glühbirnen sichern. Philips und Osram forschen in einem Projekt mit dem Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM nach den entscheidenden Faktoren für bessere Qualität des Wolframdrahtes in Glühlampen. Die Fraunhofer-Forscher entwickeln Simulationsmodelle für das Drahtziehen, um vorauszuberechnen, was genau im Wolframdraht bei der Herstellung geschieht.

Trotz starker Konkurrenz durch neue Lichtquellen: Zwei Drittel des gesamten Lampenmarktes in Deutschland werden nach wie vor von der guten alten Glühbirne erleuchtet. Kein Wunder also, dass die beiden Marktführer Philips und Osram in ein Forschungsprojekt mit dem Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM investieren, das die Qualität des glühenden Wolframdrahtes im Glaskolben weiter verbessern soll. Die Aufgabe der Fraunhofer-Forscher aus Freiburg: Sie sollen in Simulationsmodellen beschreiben und vorausberechnen, was genau mit dem Draht geschieht, bevor er in die Glühbirne eingesetzt wird, um nachher möglichst lange angenehmes Licht zu verbreiten.

Vor mehr als 125 Jahren erfand Thomas Alva Edison die Glühbirne: 1879 brachte er die erste wirtschaftliche Glühlampe auf den Markt. Sie brannte 40 Stunden lang. Heute besitzen Glühbirnen eine Lebensdauer von rund 1 000 Stunden, Halogen-Glühlampen von mehreren 1 000 Stunden. Das ist im Vergleich zu neuen künstlichen Lichtquellen zwar nur eine kurze Zeitspanne, und der Wirkungsgrad ist mit 95 Prozent Wärme und nur 5 Prozent Licht nach wie vor sehr gering. Aber die Verbraucher tun sich schwer mit den neuen Lichtquellen, die oft als kalt empfunden würden, erklärt der Pressesprecher von Philips Licht, Bernd Glaser. Weltweit werden heute immer noch jedes Jahr 15 Milliarden Glühbirnen benötigt, weiß sein Kollege Markus Rademacher, Pressereferent bei Osram. Allein der Ersatzbedarf in Deutschland – bei 35 Millionen Haushalten und rund 30 Lichtquellen pro Haushalt – sei riesig.

Die Funktionsweise der Glühlampen hat sich nicht wesentlich verändert: In einem evakuierten Glaskolben wird ein Metallfaden zum Glühen gebracht. Auf diesen Wolframdraht also kommt es besonders an. Bis er reif für die Glühbirne ist, hat der Draht eine Schlankheitskur besonderer Art hinter sich. Mit mehreren Millimetern Durchmesser geht es zum ersten Mal durch den Ziehstein. Dort wird der Draht länger und dünner. Diese Prozedur wird so lange wiederholt, bis ein Draht gerade mal noch 40 Mikrometer dünn ist, manchmal sogar nur noch 7 – 8 Mikrometer. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar ist ungefähr 100 Mikrometer dick. Am Ende soll er sauber verarbeitet sein, also weder Risse noch Schmutzpartikel enthalten, und für lange Zeit schönes Licht in der Lampe entstehen lassen. Hohe Ansprüche an Lampenhersteller wie Philips und Osram. Die beiden Marktführer forschen deshalb mit Unterstützung des Fraunhofer IWM in Freiburg nach den entscheidenden Faktoren für mehr Qualität. Die Fraunhofer IWM-Mitarbeiter um Projektleiterin Sabine Weygand und Hermann Riedel, Leiter des IWM-Geschäftsfelds „Werkstoffbasierte Prozess- und Bauteilsimulation“, haben deshalb zunächst einmal die Grundlagen dafür geschaffen, den Ziehprozess rechnerisch zu beschreiben.

Wichtige Fragestellungen sind zum Beispiel: Welche Risse erreichen eine kritische Größe und können sich deshalb im Ziehprozess unkontrolliert ausbreiten? Wie groß sind die Eigenspannungen im Draht nach dem Ziehen, und wie kann man sie günstig beeinflussen? „Solche Fragen können wir mittlerweile mit unserem Simulationsmodell beantworten“, erläutert Hermann Riedel den aktuellen Stand der Arbeiten.

Die nächste Entwicklungsstufe des Simulationsmodells soll bis zum Frühjahr 2006 erreicht sein. Weil Risse in der Regel an den Korngrenzen entlang laufen, wird der Draht – im Rechner ganz wie in der Realität – aus lang gezogenen Kristallkörnern aufgebaut, um die Verhältnisse an den Korngrenzen genauer untersuchen zu können. „Die Modellbildung umfasst dabei verschiedene Längenskalen bis herunter zur Beschreibung der Vorgänge auf atomarer Skala“, erläutert Hermann Riedel.

„Einen ganzen Draht mit seinen Tausenden von Kristallkörnern werden wir allerdings nie berechnen können“, schränkt Sabine Weygand gleich die Erwartungen an die Rechenkapazität ein. Ein repräsentatives Volumen-element mit einigen Dutzend Kristallkörnern lasse sich dagegen schon heute berechnen. Den Auftraggebern soll so mit Hilfe des Fraunhofer IWM ein Licht nach dem anderen aufgehen – um die Qualität der Glühbirnen zu sichern.

Media Contact

Thomas Götz idw

Weitere Informationen:

http://www.iwm.fraunhofer.de/

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