Bauwerke als Kraftwerke

Verbunden damit ist die Tatsache, dass bei Kommunen, bei Teilen der Industrie, bei kleinen und mittleren Unternehmen und bei fast allen privaten Haushalten die Kosten für die Unterhaltung und Betrieb einen wesentlichen und laufend steigenden Anteil an den Haushalten ausmachen.

Aus diesen Gründen haben sich forschungsstarke Einrichtungen der Universität Siegen aus den Fachbereichen Bauingenieurwesen, Architektur und Städtebau und Elektrotechnik zu einer interdisziplinären, wissenschaftlichen und fachbereichsübergreifenden Einrichtung unter dem Namen ZERO – Zentrum für Energien und Optimierung – zusammengeschlossen.

Ehrgeiziges Ziel: Null fossile Energie für alle Bauten

ZERO, für „Null“ stehend, verfolgt vor allem das übergeordnete Ziel: keinerlei fossile Energie für bauliche Anlagen aller Art. Es geht um die innovative Entwicklung der wissenschaftlich-technischen, ökonomischen und rechtlich-organisatorischen Voraussetzungen für eine ganzheitliche Substitution fossiler Brennstoffe wie Gas, Öl, Kohle, Holz durch regenerative, unerschöpfliche Energien zu schaffen. Die Messlatte für die Erreichung dieses Ziels haben sich die beteiligten Hochschullehrer hoch gelegt: Für alle bestehenden wie neu zu bauenden baulichen Infrastruktureinrichtungen von Kommunen, Land, Bund und Industrie soll der Nullpegel für fossile Energieträger erreicht werden. Diese werden energetisch so „aufgerüstet“, dass sie zu 100 % mit regenerativen Energien betrieben werden können und im besten Fall sogar eine Funktion als „Kraftwerk“ erfüllen.

Durch die „energetische Aufrüstung“ sollen Anlagen allein durch ihre bauliche „Sowieso-Konstellation“ mehr regenerative Energie eintragen, als sie selbst verbrauchen. Das vermeidet nicht nur Betriebskosten; durch ihre Konditionierung als Umwandler für regenerative Energien sind sogar finanzielle Einnahmen, d.h. Gewinne möglich. Von ZERO energetisch aufgerüstete Projekte erreichen dann sogar den sog. Gewinnenergiestandard mit dem wesentlichen Optimierungseffekt: Der Kapitaldienst für die zur energetischen Aufrüstung aufzuwendenden Investitionskosten kann bereits nach kurzer Zeit durch die erreichten Energieeinsparungen voll gedeckt werden.

Forschungsinstitut Wasser und Umwelt (FWU): Mikro-, Kleinst- und Kleinwasserkraftwerke

Das an ZERO beteiligte Forschungsinstitut Wasser und Umwelt (FWU) von Prof. Dr.-Ing. Jürgen Jensen forscht erfolgreich im Bereich Umwandlung von regenerativer Energie aus Wasserkraft. Wasserkraft steht als regenerative Energiequelle fast unbegrenzt zur Verfügung und erzeugt keine CO2 Emissionen. Neben den großen, weitgehend ausgebauten Wasserkraftpotenzialen, werden die kleinen Wasserkraftpotenziale, insbesondere die kinetische (Bewegungs-)Energie des Wassers in Gewässern, Regen- und Abwasserableitungs-Systemen jedoch noch kaum genutzt. Wasserkraftanlagen können dabei ökologisch verträglich, d.h. durchgängig für Flora und Fauna geplant werden; sie können sogar ökologische Aufwertungen darstellen. Für die Nutzung kleiner Wasserkraftpotenziale besteht noch erheblicher Entwicklungsbedarf und viele, z.B. rechtliche Hindernisse müssen überwunden werden. Das FWU forscht insbesondere im Bereich der Mikro-, Kleinst- und Kleinwasserkraftwerke mit Leistungen von 200 W bis einigen 100 KW nach innovativen Lösungen auf Basis verbreiterter Einsatzbereiche und Turbinentypen wie Pelton-, Francis- und Kaplanturbinen, aber auch insbesondere nach Lösungen, die auf den Einsatz bewährter Techniken und Prinzipien setzen (Wasserrad, archimedische Schnecke, etc.).

Forschungsgebiet Energieoptimierte Baukonstruktion (FEB):
100% regenerative Energie für kommunale Gebäude – Beispiel Mensa Attendorn
Das an ZERO beteiligte „Forschungsgebiet Energieoptimierte Baukonstruktion“ (FEB) von Prof. Dr.-Ing. Horst Höfler untersucht bisher für 15 Städte in NRW, wie kommunale Infrastruktur, d.h. Schulzentren, Rathäuser, Sportzentren, Freizeitbadanlagen energetisch so aufgerüstet werden können, dass sie zu 100 % durch regenerative Energien betrieben werden können. Das Ziel: der Kapitaldienst der für die energetische Aufrüstung erforderlichen Investitionen soll voll durch die Heizkosteneinsparung gedeckt werden.

Ein in diesem Rahmen bearbeitetes und kurz vor der Fertigstellung stehendes Projekt für die Mensa für zwei bestehende Hauptschulen in Attendorn beweist, dass diese Wunschvorstellung möglich ist. Der Heizenergiebedarf der neuen Mensa kann voll durch regenerative Energien aus dem entwickelten Absorberkollektoren-Doppeldach (AKD) gedeckt werden. Wärmeeinträge ergeben sich hier aus der synergetischen Bündelung von vielen energieoptimierenden Maßnahmen, z.B. der hier aufgebrachten Wärmekollektoren, der Wärmerückgewinnung aus der warmen Abluft im Absorberkollektoren-Doppeldach und aus der Wärmespeicherung in einem außenliegenden Hochtemperatur-Tiefenspeicher. Be- und Entlüftung sowie Kühlung des Speisesaals können auf natürliche Weise erfolgen, d.h. im wesentlichen durch passive Maßnahmen ohne Zufuhr von Primärenergie erfolgen. Der durch das Absorberkollektoren-Doppeldach bewirkte Wärmeeintrag von ca. 180.000 kWh/Jahr reicht aus, um neben der Beheizung der Mensa auch noch eine der beteiligten Hauptschulen mit Heizwärme zu versorgen.

Institut für Geotechnik (IfG): leistungsfähige, intelligente Speicherlösungen

Für das Projekt Attendorn arbeiten das FEB und das ebenfalls an ZERO beteiligte Institut für Geotechnik (IfG) von Prof. Dr.-Ing. Richard Herrmann bereits zusammen. Ohne eine leistungsfähige, intelligente Speicherlösung ist das große Mengen regenerative Energie eintragende Absorberkollektoren-Doppeldach im gewünschten Umfang nicht wirksam. Für dieses Projekt entwickelte Prof. Herrmann einen hocheffizienten Hochtemperatur-Tiefenspeicher mit kreisförmig zueinander angeordneten Sondenbohrungen mit einer Tiefe von 30 Metern im felsigen Untergrund des Mensagrundstückes.

Das Institut von Prof. Herrmann ist für ZERO ein wichtiger anwendungsorientierter Eckpfeiler für die Bewertung und Erfassung geothermischer Potenziale, für die Erschließung und Nutzbarkeit geothermischer Ressourcen, für innovative Konzepte geothermischer Nutzungen und Anlagen, die Bestimmung geothermischer Kennwerte bei der Herstellung von Geothermiebohrungen bis zu 400 Metern Tiefe und vor allem für ein im Hinblick auf Umwandlung in regenerative Energie neues Forschungsgebiet, nämlich die geothermische und hydro-geologische Nutzung von Grund- und Grubenwässern.

Hier wird sich für ZERO speziell für die ehemalige Eisenbergbauregion Siegerland ein neues Forschungs- und Entwicklungsfeld auftun, bei dem die bergbaulichen Altlasten große geothermische Möglichkeiten in der Nutzung enormer Potenziale an regenerativer Energie gegenüber stehen.

Sorgt für Analysen: Baubetrieb und Projektmanagement

Als viertes, an ZERO beteiligtes Institut, ist das Lehr- und Forschungsgebiet „Baubetrieb und Projektmanagement“ von Prof. Dr.-Ing. Reinhard Rauh zu nennen. Regenerative Energiesysteme müssen in ökologischer und ökonomischer Hinsicht begründet werden. Das Lehr- und Forschungsgebiet Baubetrieb liefert hierzu die notwendigen quantitativen Entscheidungsgrundlagen. Bauherren und Investoren werden durch Wirtschaftlichkeitsanalysen, Machbarkeitsstudien und wertanalytische Untersuchungen bei der Auswahl der verschiedenen am Markt verfügbaren und neu entwickelten Systemen unterstützt. Die Systemvergleiche müssen bereits in einer frühen Projektphase durchgeführt werden, um die wichtigen Randbedingungen der Energiebilanz eines Gebäudes – Anlagentechnik, Architektur und Konstruktion – bei der Planung in voller Bandbreite optimieren zu können.

Aktuell werden im Lehr- und Forschungsgebiet Baubetrieb und Projektmanagement bereits verschiedene Forschungsprojekte zur Thematik der Nachhaltigkeit und Effizienz von Energiesystemen von Gebäuden bearbeitet.

In Forschungskooperation mit dem Lehr- und Forschungsgebiet Baukonstruktion und Bauphysik von Prof. Dr. Ing. Peter Schmidt werden „Nachführeinrichtungen für Photovoltaikanlagen auf Flachdächern im Bestand“ untersucht. Als Forschungsauftrag im Rahmen der Forschungsinitiative „Zukunft Bau“ des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung untersucht Prof. Rauh „Bohrverfahren zur Einbringung von Erdwärmesonden, Entwicklung technischer und wirtschaftlicher Planungshilfen“.

Media Contact

Kordula Lindner-Jarchow idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-siegen.de

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