„Zwiebelprinzip“ zur Abwehr schädlicher Mikroorganismen – Juwelwespe nutzt dreifachen Schutzschild

Juwelwespen-Weibchen Foto: Universität Regensburg – Zur ausschließlichen Verwendung im Rahmen der Berichterstattung zu dieser Pressemitteilung

Wie der Mensch sind auch Insekten den Gefahren durch Mikroben ausgesetzt und müssen entsprechende Hygienemaßnahmen ergreifen. Forscher der Universität Regensburg haben nun eine komplexe Strategie zur Verteidigung gegen schädliche Mikroorganismen bei Larven der Juwelwespe Ampulex compressa entdeckt.

Dr. Gudrun Herzner und ihr Team vom Institut für Zoologie konnten zeigen, dass die Wespen einen mehrlagigen antimikrobiellen Schutzschild nutzen. Die Studie ist in der Fachzeitschrift „PLoS ONE“ erschienen (DOI: 10.1371/journal.pone.0098784).

Für ihr Wachstum nutzen Larven der Juwelwespe ausschließlich Schaben als Wirtstiere. Ausgewachsene Weibchen fangen die Schaben und versetzen sie durch Injektion ihres Giftes in einen lethargischen Zustand. So kann das Wespenweibchen die Schabe in eine Nisthöhle ziehen, in der sie ein Ei auf die Schabe ablegt.

Nachdem die Larve die Schabe komplett leergefressen hat, spinnt sie sich im Inneren der Schabe in einen Kokon ein, so dass sie bis zum Schlupf nach einigen Wochen von zwei Hüllen umgeben ist: dem Kokon und der Schabenhülle.

Die Gefahren, denen der Juwelwespen-Nachwuchs während seiner Entwicklung durch Mikrobenbefall ausgesetzt ist, sind allerdings vielfältig. Das größte Risiko geht von ihrer einzigen Nahrungsquelle – den Schaben selbst – aus, die aufgrund ihrer unhygienischen Lebensweise eine Reihe schädlicher Mikroben aufsammeln, mit sich herumtragen und verbreiten.

Das Regensburger Forscherteam konnte bereits zeigen, dass die Wespenlarven deshalb ihre Nahrung mit einem antimikrobiellen Sekret desinfizieren, das neun verschiedene Substanzen enthält. Die beiden Hauptkomponenten des Sekrets weisen durch ihr Zusammenwirken eine Breitbandaktivität gegen Gram-negative und Gram-positive Bakterien, Mycobakterien, Pilze und Viren auf.

Wie sich nun herausstellte, ist die antimikrobielle Strategie der Larven noch ausgefeilter, als bislang angenommen. Nach der Desinfektion ihrer Nahrung vor dem Verzehr umgeben sich die Larven für die weitere Entwicklung gleich mit drei Schutzschilden gegen Mikroorganismen.

Eine erste Schicht entsteht daruch, dass sie auch die leergefressene Schabenhülle mit großen Mengen ihres antimikrobiellen Sekrets imprägnieren, noch bevor sie ihren Kokon anfertigen. Beim Spinnen des Kokons werden die antimikrobiellen Substanzen – in einem speziellen Mischungsverhältnis – auch in die Kokonwand selbst eingearbeitet, womit neben der antimikrobiell beschichteten Schabenhülle der Kokon als zweites Schutzschild vor Mikroorganismen aufgebaut wird.

Eine letzte Schutzschicht liefert (R)-(-)-Mellein, eine der Hauptkomponenten des larvalen Sekrets. Etwa 80 % des leicht flüchtigen Stoffes, der sich auf der paratisierten Schabe befindet, verdampft und reichert sich in der Nisthöhle um Schabe und Larve an. Mikrobiologische Tests haben ergeben, dass auch das gasförmige (R)-(-)-Mellein das Wachstum von schädlichen Bakterien und Pilzen unterdrückt.

Schädliche Mikroben müssten demnach drei Hürden überwinden, um den Wespennachwuchs zu erreichen: das gasförmige (R)-(-)-Mellein in der Nisthöhle sowie die Schabenhülle und den Kokon, die beide mit antimikrobiellen Substanzen imprägniert sind. In der Summe gewährleisten diese drei Barrieren, die nach dem „Zwiebelprinzip“ aufgebaut sind, einen zuverlässigen Schutz der Juwelwespennachkommen bis zu ihrem Schlupf. Ob sich der Mensch das faszinierende Verhalten der Juwelwespen zunutze machen kann, bleibt nach Ansicht der Regensburger Forscher abzuwarten.

Der Original-Aufsatz im Netz unter:
www.plosone.org/article/info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pone.0098784

Ansprechpartnerin für Medienvertreter:
Dr. Gudrun Herzner
Universität Regensburg
Institut für Zoologie
Tel.: 0941 943-2997
Gudrun.Herzner@biologie.uni-regensburg.de

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Alexander Schlaak idw - Informationsdienst Wissenschaft

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