Zellmetabolismus als Schlüssel gegen allergische Hautkrankheiten?

Die Immunfluoreszenz zeigt T-Helfer-Zellen (grün, CD4+) in der Haut eines Patienten mit starker allergischer Kontaktdermatitis. Einige davon exprimieren den Transkriptionsfaktor PPAR (rot) Universitätsklinik für Dermatologie, Inselspital, Universitätsspital Bern

Die Funktion von sogenannten «Th9-Zellen» beim Menschen ist bislang weitgehend ungeklärt. Bei Tieren spielen diese T-Helfer-Zellen, die den Botenstoff Interleukin 9 (IL-9) des Immunsystems ausschütten, eine wichtige Rolle in entzündlichen Reaktionen und der Tumorimmunität.

Um die Rolle der Th9-Zellen im Menschen besser zu verstehen, hat ein Forschungsteam der Dermatologie des Inselspitals und des Department for Biomedical Research der Universität Bern um Prof. Dr. Christoph Schlapbach diese Zellen genauer untersucht.

Enger Verwandter allergieauslösender T-Zellen

Dabei entdeckte das Team überraschenderweise, dass Th9-Zellen keine eigenständige Population, sondern eine Sonderform der bereits bekannten Th2-Zellen sind, die entscheidend zur Entstehung von Allergien beitragen.

Sie wurden daher als «IL-9+ Th2-Zellen» charakterisiert. Passend zu dieser Verwandschaft fanden die Forscherinnen und Forscher, dass die nun erstmals charakterisierte Zellart an allergischen Hautkrankheiten wie der atopischen Dermatitis (atopisches Ekzem, Neurodermitis) oder dem allergischen Kontaktekzem beteiligt ist.

Um zu verstehen, wie sich die neuen Zellen von konventionellen Th2-Zellen unterscheiden, führte das Team moderne transkriptomische Analysen durch. Dabei wurde der Transkriptionsfaktor PPAR-γ als wichtiger Regulator von IL-9+ Th2-Zellen identifiziert.

PPAR-γ ist ein bekannter Regulator des zellulären Metabolismus, also des Prozesses der Energie- und Baustoffgewinnung der Zelle. Bisher kannte man die Funktion von PPAR-γ in Fett- und Muskelzellen; seine Funktion in T-Helfer-Zellen wird jedoch erst seit Kurzem untersucht.

Ein alter Bekannter und neue Therapieansätze

Der Regulator PPAR-y wurde bereits in einigen Medikamenten gegen Typ2-Diabetes als Ansatzpunkt der Therapie verwendet. Dass er auch in IL-9+ Th2-Zellen eine zentrale Rolle spielt, eröffnet daher neue Weg für die Behandlung von allergischen Hauterkrankungen wie Neurodermitis.

«Weil PPAR-y die nun charakterisierten Zellen reguliert, könnten wir diese Zellpopulation durch diesen Regulator manipulieren», erklärt Christoph Schlapbach. «Es ist also denkbar, dass bereits existierende Medikamente neu bei Krankheiten, bei denen IL-9+ Th-Zellen beteiligt sind, im Sinne eines ‘drug repositioning’ eingesetzt werden können.»

Bevor diese Hypothese in ersten klinische Studien gestetet werden kann, wollen die Forscher nun genauer untersuchen, wie IL-9 und PPAR-y in der allergisch entzündeten Haut zusammenspielen. Dazu laufen aktuell translationale Fortsetzungsstudien an der Dermatologie des Inselspitals.

Prof. Dr. med. Christoph Schlapbach, Oberarzt, Universitätsklinik für Dermatologie, Inselspital, Universitätsspital Bern, und Department for Biomedical Research (DBMR) Universität Bern, Christoph.Schlapbach@insel.ch

DOI: 10.1126/sciimmunol.aat5943

http://immunology.sciencemag.org/content/4/31/eaat5943

Media Contact

Monika Kugemann idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.insel.ch

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer