Wie Mopsfledermäuse Nachtfalter austricksen, die ihre Echoortungslaute hören können

Eine Mopsfledermaus mit ihrem typischen, gnomartigen Gesicht Daniel Lewanzik / MPIO

Die Mopsfledermaus mit ihrem charakteristischen, gnomartigen Gesicht ist ein sehr effizienter Jäger, der sich fast ausschließlich von Nachtfaltern ernährt, die Ohren haben und damit – im Gegensatz zu uns Menschen – die Echoortungsrufe der meisten Fledermäuse wahrnehmen können. Vergleichbar mit einem Tarnkappenflugzeug nähert sich die Mopsfledermaus ihrer Beute an, getarnt durch Rufe so geringer Intensität, dass sie von den hörenden Nachtfaltern aus der Entfernung nicht wahrgenommen werden kann.

Andere Fledermäuse mit vergleichbaren Jagdstrategien rufen über 10 Mal lauter als die Mopsfledermaus. Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen fanden nun heraus, dass Mopsfledermäuse sogar zunehmend noch leiser werden, wenn sie einen Nachtfalter detektiert haben und sich ihm annähern.

Folglich werden die Rufe, wie sie der Nachtfalter hört, kaum lauter, obwohl die Mopsfledermaus stetig näherkommt. Dies führt dazu, dass der Nachtfalter, wenn überhaupt, erst spät und in kurzer Distanz zur Fledermaus bemerkt, dass er zur Zielscheibe geworden ist. Dann ist es meistens zu spät zum Ausweichen.

„Mopsfledermäuse bewegen sich im offenen Luftraum überraschend leise“ sagt Daniel Lewanzik vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen. „Solch leise Rufe findet man eigentlich nur bei Fledermäusen, die im Wald jagen und dort Störechos von der sie umgebenden Vegetation vermeiden müssen“. Denn leise Rufe reichen nicht weit, und so können nur Insekten wahrgenommen werden, die sich in unmittelbarer Nähe der jagenden Fledermaus befinden.

Um zu testen, warum Mopsfledermäuse hörende Nachtfalter fangen können und andere Fledermäuse nicht, haben die Wissenschaftler das Echoortungsverhalten während des Anflugs und des Fangs dokumentiert. Dazu befestigten sie vorsichtig einen hörenden Nachtfalter (Noctua pronuba) an eine lange Angelrute, zusammen mit einem Mikrophon nur wenige Zentimeter darüber.

So konnten sie die Echoortungslaute der Fledermäuse aus der Perspektive der Nachtfalter analysieren. Zudem verwendeten sie vier zusätzliche Mikrophone, mit Hilfe derer sich die dreidimensionale Flugbahn und jederzeit auch der Abstand zum Nachtfalter rekonstruieren ließ. Auf diese Weise nahmen die Forscher den Anflug freilebender Mopsfledermäuse im Wald, aber auch in einem Flugraum auf.

Sie fanden heraus, dass Mopsfledermäuse die Nachtfalter aus ungefähr 1,6 m Distanz endeckten. Während sie sich der ahnungslosen Beute annäherten, verringerten sie ihre ohnehin schon leise Rufe um weitere vier Dezibel, also 40 Prozent, mit jeder Halbierung der Strecke zum Nachtfalter. Während der Endphase des Anflugs in weniger als einem Meter Distanz reduzierten sie die Lautstärke um mehr als sechs Dezibel oder 50 Prozent pro Halbierung der Strecke.

„Würde die Mopsfledermäuse ihre Rufintensität nicht derart reduzieren, sondern konstant halten, würde sich die Lautstärke am Ohr des Nachtfalters mit jeder Distanz-Halbierung verdoppeln“, sagt Holger Goerlitz, Forschungsgruppenleiter in Seewiesen. „Dann würde der Nachtfalter die Fledermaus früh hören und ein Ausweichmanöver starten, indem er zum Beispiel in die entgegengesetzte Richtung wegfliegt oder sich fallen lässt.“

So aber sind die Echoortungslaute, welche der Nachtfalter während des gesamten Anflugs der Fledermaus wahrnimmt, mehr oder weniger immer gleich leise und lösen keine Alarmreaktion bei den Insekten aus.

„Die Mopsfledermäuse ziehen sich durch die Anpassung ihrer Echoortungslaute bei der Beutesuche eine akustische Tarnkappe auf und sind so sehr erfolgreiche Nachtfalterjäger“, fasst Holger Goerlitz die Ergebnisse zusammen. Vermutlich führte die Evolution von Nachtfalterohren zu einem Wettbewerbsvorteil für Mopsfledermäuse, da sie um diese Beute kaum mit anderen, lauteren Fledermäusen konkurrieren müssen.

Kontakt:
Dr. Daniel Lewanzik
Max-Planck-Institut für Ornithologie, Seewiesen
Email: dlewanzik@orn.mpg.de
Tel: +49 8157 932 378

Dr. Holger Goerlitz
Max-Planck-Institut für Ornithologie, Seewiesen
Email: hgoerlitz@orn.mpg.de
Tel: +49 8157 932 372

Für ein pdf der Veröffentlichung, Fotos in hoher Auflösung kontaktieren Sie bitte:

Sabrina Weiss, Press Officer, British Ecological Society, Email: press@britishecologicalsociety.org, Tel: +44 207 685 2523

Oder:
Dr. Sabine Spehn, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit MPI für Ornithologie Seewiesen, pr_seewiesen@orn.mpg.de, Tel: 0049 8157 932-421

Auch Audio- und Videodateien jagender Mopsfledermäuse sind auf Anfrage verfügbar.

https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/1365-2435.13073/full (nach Ablauf der Sperrfrist, das Paper ist vier Wochen frei verfügbar)

Media Contact

Dr. Sabine Spehn Max-Planck-Institut für Ornithologie

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