Weiße Gespenster am Straßenrand – die Pfaffenhütchen-Gespinstmotte

Gespinste der Pfaffenhütchen-Gespinstmotte Kurt Amereller, LWF

Wie im letzten Jahr mehren sich auch heuer an der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) die Nachfragen besorgter Naturfreunde.

Sie betreffen die schaurig-schönen Gespinste an Sträuchern, wie sie jetzt im Mai häufig auch entlang von Straßen zu sehen sind. Die Bürger sind nicht selten sensibilisiert durch Meldungen über die Gesundheitsgefahren des Eichenprozessionsspinners.

Aber nicht jedes Gespinst in Sträuchern und Bäumen ist auf den Eichenprozessionsspinner zurückzuführen, denn dieser lebt ausschließlich an Eichen. Ein weiterer Unterschied: Eichenprozessionsspinner bauen kompakte Nester, die Gespinstmotte dagegen lässt häufig die ganze Pflanze oder zumindest große Flächen davon unter ihrem Netz verschwinden.

Das Aussehen der von Gespinstmotten eingesponnenen Sträucher ist zwar gruselig, aber aus gesundheitlicher Sicht für den Menschen vollkommen harmlos. Die Raupen und Gespinste der Pfaffenhütchen-Gespinstmotte rufen keine allergischen Hautreaktionen hervor.

Aber was sind nun die Ursachen und Folgen dieser spektakulären Erscheinungen?

Die häufigsten dieser weithin sichtbaren Raupengespinste werden durch die Traubenkirschen-Gespinstmotte verursacht. Heuer sind es jedoch meist die Gespinste der Pfaffenhütchen-Gespinstmotte (Yponomeuta cagnagella). Ab Mai fressen die Raupen an den Blättern des Pfaffenhütchens (lateinisch Euonymus europaeus, auch Spindelbaum genannt).

Das ist erstaunlich, denn alle Pflanzenteile enthalten hochwirksame Giftstoffe, an denen selbst große Weidetiere sterben können. Stark befallene Pfaffenhütchen können auch komplett kahlgefressen werden.

Die Pfaffenhütchen-Sträucher erholen sich aber im Laufe der Vegetationszeit wieder. Zwei bis drei Wochen nach dem Kahlfraß treiben sie wieder aus.

Noch bis Mitte Juni werden die Raupen der Gespinstmotte an den Pfaffenhütchen fressen, bevor sie sich im Juli zu kleinen Schmetterlingen entpuppen. Es sind kleine helle Falter von einem Zentimeter Spannweite und auffällig schwarz gepunkteten Flügeln. Danach ist es dann mit den Gespenstern am Straßenrand wieder vorbei.

Es gibt noch zahlreiche andere Gespinstmottenarten und neben der Traubenkirsche werden auch Weißdorn, Pappeln oder Weiden mit einem dichten Gespinst überzogen, manchmal auch Obstbäume. Wenn man im Garten kleine Gespinste an den Apfelbäumen entdeckt, reicht es meist, den Teil des Zweiges auszubrechen und zu entsorgen.

Gespinstmotten zeigen auch ein interessantes, menschlich anmutendes, biologisches Phänomen. Nicht alle Raupen verpuppen sich im Schutz eines Gespinstes um sich zum fertigen Falter zu entwickeln. Einzelne Raupen bessern ständig entstandene Schäden am Schutzschleier aus. Sie sterben ab, ohne sich zu verpuppen – zum Wohle der Artgenossen.

Media Contact

Johann Seidl idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.lwf.bayern.de

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