Warum schwanken antarktische Krillbestände?

Der Antarktische Krill (Euphausia superba) nimmt die zentrale Stelle im Nahrungsnetz der südpolaren Gewässer ein. Uwe Kils

Schon länger ist bekannt, dass die Bestände des Antarktischen Krills über einen Zeitraum von fünf bis sechs Jahren stark schwanken. Dabei verändert sich die Biomasse um mehr als das Zehnfache. Experten vermuteten bislang, dass klimatische Faktoren, wie das stark jahreszeitlich geprägte Polarklima, den sogenannten Krillzyklus auslösen. Wirkliche Belege dafür fehlen jedoch.

Die Analysen der Forscher aus Oldenburg und Bremerhaven deuten nun darauf hin: Vor allem Rückkopplungen innerhalb der Population verursachen den Zyklus. Gerade im antarktischen Herbst konkurrieren die Kleinkrebse innerhalb des Schwarms vermehrt um Nahrung. Denn in dieser Zeit müssen Larven und ausgewachsene Tiere ausreichende Fettreserven für den nahenden Winter anlegen.

Gleichzeitig nimmt die Nahrung des Krill, die mikroskopisch kleinen Algen des Phytoplanktons, aufgrund der kürzer werdenden Tage stark ab. Größere Krillbestände müssen längere Zeit hungern, überwintern und sich fortpflanzen. All dies lässt die Populationsgröße schwanken.

„Wir können zeigen, dass vor allem Konkurrenz innerhalb der Krill-Population im Herbst für die Schwankungen sorgt“, sagt ICBM-Forscher Dr. Alexey Ryabov. Bisher hatten Wissenschaftler angenommen, dass eher der Winter kritisch für das Überleben der Krill-Larven ist. Denn wenn weite Teile des südlichen Ozeans von Eis bedeckt sind, gibt es für die Kleinkrebse nur wenig Nahrung. „Unsere Ergebnisse werfen jedoch ein neues Licht auf diese Annahme“, sagt Meyer.

Nachvollziehen konnten die Wissenschaftler die Prozesse mit einem eigens entwickelten sogenannten bioenergetischen Modell, das unter anderem das Wachstum des Krills vom Ei bis zum ausgewachsenen Tier abbildet und mit der Nahrungsverfügbarkeit koppelt. „Die Ergebnisse dieser Simulationen stimmten gut mit den über einen Zeitraum von 18 Jahren tatsächlich beobachteten Zyklen überein“, sagt Blasius.

Nach Ansicht der Forscher helfen ihre Simulationen auch, das Nahrungsnetz im Südpolarmeer insgesamt besser zu verstehen. Denn der Krill spielt eine Schlüsselrolle im Ökosystem der Antarktis: Von ihm ernähren sich Wale, Robben oder Pinguine. Die Modellergebnisse zeigen nun: Gibt es weniger dieser großen Räuber, verstärkt dies wahrscheinlich die Schwankungen der Krillbestände. „Dies könnte das Nahrungsnetz in der Region destabilisieren und die Zahl der großen Räuber weiter senken“, sagt Meyer. Umgekehrt könnte ein erhöhter Jagddruck auf den Krill dessen Bestände sogar stabilisieren. „Jeder Faktor, der dieses empfindliche Gleichgewicht ändert, kann drastische Auswirkungen auf das gesamte antarktische Ökosystem haben“, schlussfolgert Blasius.

Originalpublikation:

Alexey B. Ryabov, André M. de Roos, Bettina Meyer, So Kawaguchi and Bernd Blasius (2017). Competition-induced starvation drives large scale population cycles in Antarctic Krill. Nature Ecology & Evolution. DOI: 10.1038/s41559-017-0177

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Dr. Corinna Dahm-Brey idw - Informationsdienst Wissenschaft

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