Vom künstlichen Hüftgelenk bis zum Fahrradsattel

Frankfurter Inlay aus dem ehemaligen LOEWE-Schwerpunkt „Präventive Biomechanik“: Teil-Knorpel-Prothese im Knie. Hans-Reiner Ludwig

Jeder Mensch ist anders, darum muss auch eine medizinische Diagnostik für Patientinnen und Patienten personalisiert erfolgen. Bei vielen Krankheiten ist die Bestimmung der individuell variierenden Faktoren maßgeblich für den Heilerfolg, doch bislang wurden meist statistisch gewonnene Kriterien auf alle Patientinnen und Patienten gleichermaßen angewandt.

Personalisierung verspricht in der medizinischen Diagnostik und Therapie große Vorteile gegenüber herkömmlichen Verfahren. Wie diese erfolgen kann, untersucht die Forschungsgruppe „Personalized Biomedical Engineering“ (PBE) an der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS).

Sie wird seit Januar 2018 über einen Zeitraum von drei Jahren mit 400.000 Euro aus dem Innovationsfonds des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst (HMWK) gefördert, das damit gezielt den Ausbau von Forschungsinfrastrukturen an hessischen Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAWs) unterstützt.

Bei Produkten, die im Gebrauch mechanische Lasten auf Körperregionen ausüben, können durch Personalisierung Funktionalitäts- und Komfortsteigerungen erzielt und Schädigungen vermieden werden. Dazu zählen Medizinprodukte zum internen (Endoprothesen wie zum Beispiel künstliche Hüftgelenke) und externen (Dekubitus-Matratzen in der Krankenpflege und OP-Tisch-Auflagen) Einsatz ebenso wie Gebrauchsprodukte wie Autositze und Fahrradsättel.

„Im Bereich ‚Personalized Biomedical Engineering‘ werden wir Forschungstätigkeiten konsequent ausbauen, die es ermöglichen, Diagnoseverfahren und auf den Menschen zugeschnittene Produkte zu entwickeln und weiter zu optimieren. Hierdurch wird sowohl eine bessere medizinische Versorgung in einer zunehmend älter werdenden Gesellschaft als auch eine Steigerung der Lebensqualität durch individualisierte Implantate und mit dem Körper interagierende Produkte möglich“, so Prof. Dr.-Ing. Armin Huß vom Fachbereich Informatik und Ingenieurwissenschaften der Frankfurt UAS, Sprecher der Forschungsgruppe.

Mit Hilfe dieser Verfahren und durch die Abbildung der gesamten Produktentstehungs-Prozesskette wird ein in Deutschland einzigartiges Kompetenzzentrum für die Entwicklung personalisierter Verfahren und Produkte aufgebaut. Es soll als Entwicklungspartner für regionale und nationale Unternehmen zur Verfügung stehen. „Wir wollen maßgeschneiderte Lösungen zusammen mit innovativen Unternehmen entwickeln. Wir sind offen für Anfragen“, ergänzt Huß.

Der Forschungsschwerpunkt baut auf den Ergebnissen des vom HMWK geförderten LOEWE-Schwerpunkts „Präventive Biomechanik“ auf, an dem mehrere Wissenschaftler/-innen der Frankfurt UAS beteiligt waren. Hier wurden die mechanischen Eigenschaften von Gewebeschichten mit nicht schädigenden und daher am lebenden Menschen anwendbaren Prüfverfahren auf makroskopischer, zellulärer und molekularer Ebene erfasst.

Ziel der Forschungsgruppe ist es, diese Kompetenz in der Analyse und Beschreibung (Modellbildung) individueller menschlicher Strukturen verstärkt zu nutzen, um personalisierte Diagnoseverfahren und Produkte zu optimieren und in Kooperation mit Unternehmen bis zur Fertigungsreife zu entwickeln.

Zu diesem Zweck umfassen die Kompetenzen der Gruppe neben Biologie, Materialwissenschaften, Modellbildung und numerischer Simulation auch Oberflächenbeschichtung, Fertigungstechnik, vor allem mit additiven Verfahren, und virtuelle Produktentwicklung.

„Insbesondere die Alterung der Gesellschaft stellt uns vor Herausforderungen, denen wir durch unsere Forschung praktisch und anwendungsorientiert begegnen wollen, unter anderem mit biomedizinischen Lösungen“, so Vizepräsident Prof. Dr. Ulrich Schrader, zuständig für Forschung, Weiterbildung und Transfer an der Frankfurt UAS. „Personalized Biomedical Engineering“ ist als eines von drei Forschungsfeldern der Frankfurt UAS für eine Unterstützung aus dem Innovationsfonds des HMWK ausgewählt worden.

Es überzeugte mit seiner Transfer- und Innovationsstrategie und soll nachhaltig in die Region hinein wirken. Die Auswahl des Forschungsfelds biomedizinische Technik ist ein Signal zur Stärkung des Forschungsschwerpunktes „Demografischer Wandel“ und des ingenieurwissenschaftlichen Bereiches.

Die Hochschule bündelt damit Expertise und setzt mit der internen Vernetzung und Förderung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein Zeichen zur Profilierung der Frankfurt UAS als Forschungsstandort. Im Frühjahr 2018 soll die Unterstützung weiterer Forschungsgruppen ausgeschrieben werden.

Kontakt: Frankfurt University of Applied Sciences, Fachbereich 2: Informatik und Ingenieurwissenschaften, Prof. Dr.-Ing. Armin Huß, Telefon: +49 69 1533-3188, E-Mail: huss@fb2.fra-uas.de

Weitere Informationen zum Fachbereich Informatik und Ingenieurwissenschaften unter: http://www.frankfurt-university.de/fb2

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Nicola Veith idw - Informationsdienst Wissenschaft

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