Ein vielversprechendes Molekül im Kampf gegen AIDS
Ein wichtiger Schwerpunkt der Forschung bleibt die Suche nach neuen zellulären Zielen, auf die die neuen antiviralen Therapien ausgerichtet werden. Forscher des Jean- Pierre-Ebel-Instituts für Strukturbiologie [1] haben ein Molekül entwickelt, das den Sprung des AIDS-Virus von einer Zelle zur anderen verhindert.
Dieses Ergebnis wurde zum Patent angemeldet und in der Fachzeitschrift ASC Chemical Biology vom 19. März 2010 veröffentlicht [2]. In Zusammenarbeit mit Forschern aus Italien und Spanien (im Rahmen des europäischen Netzwerkes CARMUSYS) haben sich die französischen Forscher mit dem Rezeptor DC-SIGN beschäftigt, der in den ersten Phasen der AIDS-Infektion eine Rolle spielt, jedoch als therapeutisches Ziel bisher wenig erforscht wurde. Dieser Rezeptor befindet sich an der Oberfläche der dendritischen Zellen, Zellen des Immunsystems, die insbesondere im Oberflächengewebe des Körpers zu finden sind, z.B. in der Epidermis oder in den Schleimhäuten.
Der Rezeptor DC-SIGN erkennt Pathogene und fängt diese ein, so dass sie von den dentritischen Zellen aufgenommen, zerstört und die Reste an der Oberfläche exponiert werden können. Anschließend wandern die Zellen zu den Lymphoidorganen, um eine Immunantwort auszulösen, d.h. es werden Immunzellen gebildet – so genannte T-Lymphozyten-, die zielgerichtet die Pathogene bekämpfen. Das AIDS-Virus wird jedoch nicht zerstört, sondern nutzt den Rezeptor DC-SIGN, um zu den T-Lymphozyten zu gelangen und sie zu infizieren. Es greift insbesondere die T-Lymphozyten mit Oberflächenantigenen CD4 an (auch CD4+), mit deren Hilfe sich das Virus im ganzen Körper ausbreiten kann.
Das von den Forschern entwickelte Molekül bindet sich an den Rezeptor DC-SIGN und verhindert so den Sprung des AIDS-Virus auf die CD4+-T-Lymphozyten. Das Molekül weist besonders interessante Eigenschaften auf, wie zum Beispiel eine hohe Löslichkeit im physiologischen Milieu, eine geringe Zytotoxizität [3], einen Langzeiteffekt und eine für die Massenproduktion geeignete Struktur. Darüber hinaus könnte es auch bei anderen Pathogenen eingesetzt werden, wie beispielsweise bei Hepatitis C, Dengue-Fieber, Ebola, SARS (Schweres Akutes Respiratorisches Syndrom). Die Wirksamkeit des Moleküls beim interzellulären Transfer des AIDS-Virus wurde in vitro nachgewiesen. Das Molekül selbst ist durch eine gemeinsame Patentanmeldung des CNRS und der Joseph-Fourier-Universität geschützt. Für den nächsten Schritt der vorklinischen Studien in Tiermodellen suchen die Forscher noch Partner.
[1] CNRS (Nationales Zentrum für wissenschaftliche Forschung) / Joseph-Fourier-Universität / CEA (Behörde für Atomenergie und alternative Energien)
[2] „Inhibition of DC-SIGN Mediated HIV infection by a linear trimannoside mimic in tetravalent presentation“, Sattin, Daghetti, Thépaut, Berzi, Sanchez-Navarro, Tabarani, Rojo, Fieschi, Clerici & Bernardi – ACS Chemical Biology – 19/03/2010
[3] Fähigkeit einiger chemischer Substanzen (Arzneistoffe, Antikörper, Viren) Gewebezellen zu schädigen Kontakt: Franck Fieschi, Forscher – Labor für Membranproteine, Institut für Strukturbiologie, Joseph- Fourier-Universität / CEA, 41 rue Jules Horowitz, 38027 Grenoble – Tel: +33 4 38 78 91 77 – E-Mail: franck.fieschi@ibs.fr
Quelle: „Lutte contre le VIH : un composé très prometteur“ – Pressemitteilung des CNRS – 18.03.2010 http://www2.cnrs.fr/presse/communique/1829.htm
Redakteurin: Léna Prochnow, lena.prochnow@diplomatie.gouv.fr
Wissenschaft-Frankreich (Nummer 180 vom 31.03.2010)
Französische Botschaften in Deutschland und Österreich
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.wissenschaft-frankreich.de/allemandAlle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie
Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.
Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.
Neueste Beiträge
Bakterien für klimaneutrale Chemikalien der Zukunft
Forschende an der ETH Zürich haben Bakterien im Labor so herangezüchtet, dass sie Methanol effizient verwerten können. Jetzt lässt sich der Stoffwechsel dieser Bakterien anzapfen, um wertvolle Produkte herzustellen, die…
Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren
Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei,…
Porosität von Sedimentgestein mit Neutronen untersucht
Forschung am FRM II zu geologischen Lagerstätten. Dauerhafte unterirdische Lagerung von CO2 Poren so klein wie Bakterien Porenmessung mit Neutronen auf den Nanometer genau Ob Sedimentgesteine fossile Kohlenwasserstoffe speichern können…