Transatlantische Kooperation: Wirkmechanismus eines potentiellen anti-Krebs-Medikaments entschlüsselt

Querschnitte durch Brusttumoren von Versuchstieren. Das obere Bild zeigt einen unbehandelten Tumor, unten dagegen sieht man nach Therapie mit einem Hitzeschockprotein-Inhibitor, dass das Tumorgewebe teilweise beseitigt oder durch Bindegewebe ersetzt wurde.<br>Foto: R. Schulz<br>

Nur die Tumorzellen entfernen, aber nicht das gesunde Gewebe der Patienten – das ist der Anspruch an jedes neue Krebsmedikament. Wissenschaftler der Universitätsmedizin Göttingen und am Göttinger Zentrum für Molekulare Biowissenschaften (GZMB) haben in Zusammenarbeit mit Forschern an der Stony Brook University (New York) nun einen molekularen Mechanismus identifiziert, mit dem sich eine Behandlungsstrategie gegen Krebs gezielt auf Tumorzellen ausrichten ließe.

Sie untersuchten dafür eine neue Klasse von Wirkstoffen, sogenannte Inhibitoren („Hemmer“) des Hitzeschock-Proteinkomplexes. Die Ergebnisse aus der Grundlagenforschung sind im Februar in der renommierten Zeitschrift „Journal of Experimental Medicine“ erschienen. Erstautorin ist Dr. Ramona Schulz, Postdoktorandin in der Abteilung Molekulare Onkologie (Direktor: Prof. Dr. Matthias Dobbelstein) an der Universitätsmedizin Göttingen. Die Untersuchungen wurden unter anderem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.

Originalveröffentlichung: Ramona Schulz, Natalia D Marchenko, Lena Holembowski, Günter Fingerle-Rowson, Marina Pesic, Lars Zender, Matthias Dobbelstein and Ute M Moll (2012): Inhibiting the HSP90 chaperone destabilizes macrophage migration inhibitory factor and thereby inhibits breast tumor progression. Journal of Experimental Medicine, J. Exp. Med. 2012;209 275-289, Published online Jan 23 2012, doi 10.1084/jem.20111117.

Die Inhibitoren des Hitzeschock-Proteinkomplexes hatten die Grundlagen-forscher der Abteilung Molekulare Onkologie an der Universitätsmedizin Göttingen genauer unter die Lupe genommen. Klinische Studien mit solchen Inhibitoren bei verschiedenen malignen Erkrankungen, durchgeführt von US-amerikanischen Zentren, befinden sich in fortgeschrittenen Phasen (II und III). In den Händen der Göttinger Forscher zeigte sich: Nach Gabe der Inhibitoren war im Tiermodell die Ausbreitung von Brustkrebs deutlich verringert. Wie aber wird dieser Effekt erreicht? Weitere Forschungen ergaben: Offenbar spielt ein bestimmtes Genprodukt für die Regulation des Tumorwachstums eine kritische Rolle. Das Genprodukt „MIF“ für „Macrophage migration inhibitory factor“ wird durch den Hitzeschock-Komplex in der Tumorzelle stabilisiert und trägt so zum Überleben der Zelle bei. Diese Wechselwirkung verstärkt normalerweise den Krebs.

„Wir konnten in den Versuchen zeigen, dass die Wechselwirkung erfolgreich durch kleinmolekulare Inhibitoren verhindert wurde“, sagt Prof. Dr. Ute Moll, die Initiatorin und Leiterin der Studie. „Noch muss aber untersucht werden, ob derselbe Ansatz auch bei Menschen funktioniert. Das kann noch Jahre dauern. Lediglich eine Grundlage ist nun geschaffen“, so Prof. Moll.

TRANSATLANTISCHE ARBEITSGRUPPE
Das Forscherteam wird auf besondere Art geleitet: Prof. Dr. Moll ist Gastprofessorin der Universitätsmedizin Göttingen, gleichzeitig auch Professorin für Pathologie an der Stony Brook University im US-Bundesstaat New York. Mit Unterstützung durch die Göttinger Abteilung Molekulare Onkologie hat sie in Göttingen eine eigene wissenschaftliche Arbeitsgruppe aufgebaut. Sie betreut diese Gruppe gemeinsam mit dem Leiter der Göttinger Abteilung, über die transatlantische Entfernung hinweg. Nicht nur zahlreiche Besuche, sondern auch vielfältige Kommunikationsmedien kommen zum Einsatz, um große Datenmengen gemeinsam auszuwerten und neue Projekte zu konzipieren.
WEITERE INFORMATIONEN
Universitätsmedizin Göttingen – Georg-August-Universität
Abteilung Molekulare Onkologie
Direktor: Prof. Dr. Matthias Dobbelstein
Telefon 0551 / 39-13860
mdobbel@gwdg.de

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Stefan Weller idw

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