Studierende wollen genetischen Code erweitern

Yannic Kerkhoff und Daniel Bergen identifizieren mit UV-Licht DNA-Fragmente. Foto: Universität Bielefeld

Der genetische Code ist das Regelwerk zur Bildung von Proteinen und damit Grundlage jeglichen Lebens auf der Erde. Eine Erweiterung des Codes ermöglicht die Bildung neuartiger Proteine. Damit können Organismen mit neuen Funktionen etwa für medizinische Zwecke genutzt werden. Der Herausforderung, einen genetischen Code zu erweitern, stellen sich 14 Studentinnen und Studenten verschiedener Studiengänge der Universität Bielefeld beim diesjährigen iGEM-Wettbewerb in Boston, USA.

iGEM steht für „International Genetically Engineered Machine“ und ist der bedeutendste, nicht-kommerzielle Wettbewerb in der synthetischen Biologie. Vom 9. bis 13. November treten über 300 Teams aus mehr als 30 Ländern mit den von ihnen entwickelten Projekten in verschiedenen Kategorien gegeneinander an. Eine internationale Jury bewertet die Projekte und zeichnet die besten aus.

Für das diesjährige Projekt wählte das Team aus Bielefeld ein zentrales Thema der synthetischen Biologie. Die Studierenden wollen den genetischen Code eines Organismus so verändern, dass in ihm gewünschte Substanzen entstehen, zum Beispiel medizinisch wirksame Proteine.

Dafür arbeiten die Studierenden mit dem Darmbakterium Escherichia coli, der in der Biotechnologie am häufigsten untersuchte Organismus. Sie wollen in den DNA-Code einen neuen Baustein einschleusen, der im natürlichen Bakterium nicht existiert.

So sollen im Bakterium neue Aminosäuren (Bestandteile von Proteinen) entstehen, mit denen sich etwa empfindliche Proteine für den Einsatz in Medizin und Therapie reinigen lassen. „Mit dieser Methode können beispielsweise Antikörperfragmente für Medikamente aufgereinigt werden“, sagt Yannic Kerkhoff vom Bielefelder iGEM-Team.

Das Ziel des Projekts ist die Herstellung eines biologischen Werkzeugkastens, der iGEM-Teams und Forschenden zukünftig ermöglicht, bisher unübliche Aminosäuren in Proteine von Bakterien einzubauen und so neue Forschungsvorhaben zu verwirklichen.

Um sein Ziel zu erreichen, extrahierte das Team bereits RNA (Ribonukleinsäure, die genetische Information in Proteine übersetzt) aus dem Krotonölbaum – einer Pflanzenart, die einen der neuartigen DNA-Bausteine (eine Nukleinbase) als Abwehrstoff produziert.

Diese Base wird in einem nächsten Schritt in eine DNA-Sequenz eingebaut. Zusätzlich gelang es dem Team, eine der neuartigen Aminosäuren selbstständig zu produzieren, um mögliche neue Funktionen demonstrieren zu können. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Vorversuche startet das Team nun damit, die Funktionalität im lebenden Organismus zu demonstrieren.

Das Team wird durch Professor Dr. Jörn Kalinowski, Dr. Christian Rückert und Professor Dr. Kristian Müller vom Centrum für Biotechnologie (CeBiTec) sowie die erfahrenen iGEM-Teilnehmer Boas Pucker und Julian Droste betreut.

Als einziges deutsches Team nehmen die Bielefelder zum achten Mal in kontinuierlicher Folge an dem Wettbewerb teil. Zu den Erfolgen der letzten Jahre zählen ein Vizeweltmeistertitel, der Europameistertitel und Sonderpreise für das beste Umweltprojekt, die beste Präsentation sowie die beste Öffentlichkeitsarbeit. Zudem erhielt das Team bisher jedes Jahr aufs Neue eine Goldmedaille.

Neben der Arbeit im Labor ist der Dialog mit der Öffentlichkeit von zentraler Bedeutung für das Gelingen des Projekts. Daher hat das Team unter anderem bei der CeBiTec-Schülerakademie, des Wissenschaftsfestivals GENIALE und des Mitmach-Labors Teutolab Wissenswertes über das Projekt und die synthetische Biologie an Interessierte jeden Alters vermittelt.

Auch die Kooperation mit anderen iGEM-Teams und der Kontakt zu Experten des Gebiets sind zentral für den Erfolg eines komplexen Projekts. So veranstaltete das Team beispielsweise eine Fachkonferenz rund um die Erweiterung des genetischen Codes.

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Sandra Sieraad idw - Informationsdienst Wissenschaft

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