Stress bei Korallen ist messbar

Die Wuchsform von Korallen ist sehr variabel. Foto: Jessica Reichert

Tropische Korallenriffe zählen zu den artenreichsten Lebensgemeinschaften unserer Erde. Doch sie sind bedroht: Circa 20 Prozent der Riffe weltweit sind bereits zerstört und über 50 Prozent geschädigt. Aber auch scheinbar gesunde Korallen können als Stressantwort veränderte Wachstumsraten und Wuchsformen zeigen.

Entsprechende Untersuchungen gestalten sich jedoch schwierig, da Korallen oft stark verzweigt wachsen und genaue Messungen von zum Beispiel Oberfläche oder Volumen an lebenden Organismen unmöglich machen. Biologinnen und Biologen der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) ist es nun erstmals gelungen, selbst kleinste stressbedingte Form- und Wachstumsveränderungen bei lebenden Korallen zu quantifizieren.

Die Doktorandin Jessica Reichert und ihre Co-Autoren aus der Arbeitsgruppe „Spezielle Zoologie und Biodiversitätsforschung“ (Prof. Dr. Thomas Wilke) beschreiben ihr Verfahren in der Zeitschrift „Methods in Ecology and Evolution“. Dabei kombinieren sie die Methode des 3D-Scannens mit Analysen von so genannten fraktalen Dimensionen.

Fraktale Dimensionsanalysen stellen eine besondere Form von Komplexitätsmessungen dar, mit der ein räumliches Modell durch eine oder mehrere Zahlen charakterisiert wird. Ein Vergleich dieser Zahlen ermöglicht es dann, die absolute Stärke der Stressantwort zu bestimmen.

Mit dieser neuen Methode ist es zukünftig möglich, schnell und präzise stressbedingte Veränderungen in Korallen und anderen Organismen mit irregulären Wuchsformen zu bestimmen.

Die Methode wurde im Rahmen des vom deutsch-kolumbianischen meereswissenschaftlichen Exzellenzzentrum CEMarin koordinierten Langzeitversuchs „Ocean2100“ entwickelt. In diesem „Global Change“-Experiment werden Steinkorallen in Aquakulturen klimatischen Bedingungen ausgesetzt, die für das Ende unseres Jahrhunderts erwartet werden.

Publikation
Jessica Reichert, André R. Backes, Patrick Schubert and Thomas Wilke. The power of 3D fractal dimensions for comparative shape and structural complexity analyses of irregularly shaped organisms. Methods Ecol Evol. 2017;8:1650–1658. https://doi.org/10.1111/2041-210X.12829

Blog-Beitrag der Autoren: https://methodsblog.wordpress.com/2017/11/07/3d-fractal-geometry-irregular-organ…

Kontakt

Jessica Reichert
Arbeitsgruppe für Spezielle Zoologie und Biodiversitätsforschung
E-Mail: Jessica.Reichert@allzool.bio.uni-giessen.de

Die 1607 gegründete Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) ist eine traditionsreiche Forschungsuniversität, die über 28.000 Studierende anzieht. Neben einem breiten Lehrangebot – von den klassischen Naturwissenschaften über Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, Gesellschafts- und Erziehungswissenschaften bis hin zu Sprach- und Kulturwissen¬schaften – bietet sie ein lebenswissenschaftliches Fächerspektrum, das nicht nur in Hessen einmalig ist: Human- und Veterinärmedizin, Agrar-, Umwelt- und Ernährungswissenschaften sowie Lebensmittelchemie. Unter den großen Persönlichkeiten, die an der JLU geforscht und gelehrt haben, befindet sich eine Reihe von Nobelpreisträgern, unter anderem Wilhelm Conrad Röntgen (Nobelpreis für Physik 1901) und Wangari Maathai (Friedensnobelpreis 2004). Seit 2006 wird die JLU sowohl in der ersten als auch in der zweiten Förderlinie der Exzellenzinitiative gefördert (Excellence Cluster Cardio-Pulmonary System – ECCPS; International Graduate Centre for the Study of Culture – GCSC).

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Lisa Dittrich idw - Informationsdienst Wissenschaft

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