Startschuss für die Virenabwehr – Protein als Auslöser für Immunreaktion gegen Viren identifiziert

Die Abbildung zeigt eine Fluoreszenzaufnahme von Virus-DNA-Rad50-Card9-Komplexen (gelb) im Zytoplasma (Transmissionsbild) einer Zelle. Nach Infektion der Zelle mit einem DNA-Virus markieren die Wissenschaftler die einzelnen Moleküle, die sie in der Zelle beobachten möchten, mit unterschiedlichen fluoreszierenden Farbstoffen. In blau/magenta leuchtet die DNA, in grün Rad50 und in rot Card9. (Bild: A. Rottach / LMU)

DNA kommt in menschlichen Zellen nur im Zellkern als Träger der Erbinformation vor. Um sie zu schützen, suchen spezialisierte Proteine die einzelnen Stränge regelmäßig nach Defekten ab und reparieren diese. Ein Beispiel hierfür ist das Protein Rad50 – ein DNA-Sensor, der an die DNA bindet und fehlerhafte Stellen erkennt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Prof. Jürgen Ruland von der TUM haben jetzt gemeinsam mit Kollegen von der LMU eine weitere wichtige Aufgabe von Rad50 entdeckt.

Im Zellplasma, das den Zellkern umgibt, findet sich normalerweise keine DNA. Taucht dort aber DNA auf, so handelt es sich häufig um fremde DNA zum Beispiel eines Virus, das die Zelle infiziert hat. Wie auch der Mensch, nutzen einige Virenarten DNA als Träger für die eigenen Erbinformationen. Deshalb hat das angeborene Immunsystem Alarm-Mechanismen entwickelt, die schnell und effektiv fremde DNA im Zellplasma erkennen und das Immunsystem über die Produktion von Botenstoffen aktivieren.

Wie genau diese Aktivierung im Zellplasma aber abläuft, ist weitestgehend unklar. In ihrer Studie zeigten Dr. Susanne Roth, Erstautorin der Publikation, und ihre Kollegen jetzt, dass der DNA-Sensor Rad50 aus dem Zellkern auch ein entscheidender Auslöser für die Virenabwehr ist. „Es ist auch für uns sehr überraschend, dass Rad50, das eigentlich auf die DNA im Zellkern spezialisiert ist, auch Fremd-DNA von Viren erkennt und hier als Verbindungsglied zur Immunantwort gegen Viren dient. “, erklärt Prof. Jürgen Ruland die Bedeutung der Ergebnisse.

In ihren Experimenten infizierten die beteiligten Forscher Immunzellen mit einem Virus, das seine DNA in das Zellplasma einbrachte. Sie konnten zeigen, dass Rad50 im Zellplasma an die Virus-DNA band, obwohl es normalerweise im Zellkern bei Schäden an die DNA andockt. Entscheidend war, dass Rad50 gleichzeitig mit einem speziellen Signalprotein (CARD9) des Immunsystems interagierte und einen Komplex bildete. Diese Verbindung konnten die Wissenschaftler erstmals in Zellen nachweisen.

Durch die Bildung des Komplexes wurde in der Zelle eine Signalkette aktiviert, an deren Ende die Produktion des Botenstoffs Interleukin 1β stand. Dieser wichtige „global player“ des Immunsystems ist unter anderem für die Entstehung von Fieber als Abwehrmechanismus gegen Krankheitserreger verantwortlich, spielt aber auch eine Rolle bei Autoimmunerkrankungen wie zum Beispiel die Rheumatoide Arthritis.

Um ihre Ergebnisse zu bestätigen, verwendeten die Wissenschaftler im nächsten Schritt Zellen, die entweder kein Rad50 oder kein CARD9 mehr enthielten und brachten wieder DNA in das Plasma der Zellen ein. Beide Zelltypen produzierten daraufhin viel weniger Interleukin 1β, weil der Rad50-CARD9-Komplex zur Aktivierung des Alarm-Systems nicht gebildet werden konnte.

„Durch zu viel oder zu wenig Botenstoff IL-1β können fehlerhafte Immunreaktionen oder chronische Erkrankungen entstehen. Der Körper muss die Produktion daher streng regulieren.“, erklärt Jürgen Ruland „Indem wir jetzt Rad50 und CARD9 als wichtige Auslöser für das Alarmsystem und die IL-1β -Herstellung kennen, können wir viele Reaktionen des Immunsystems besser verstehen und Strategien entwickeln, diese therapeutisch zu beeinflussen.“

Originalpublikation:
Susanne Roth, Andrea Rottach, Amelie S Lotz-Havla, Verena Laux, Andreas Muschaweckh, Søren W Gersting, Ania C Muntau, Karl-Peter Hopfner, Lei Jin, Katelynd Vanness, John H J Petrini, Ingo Drexler, Heinrich Leonhardt and Jürgen Ruland, Rad50-CARD9 interactions link cytosolic DNA sensing to IL-1β production, Nature Immunology, 2014.
DOI: 10.1038/ni.2888

Kontakt:
Prof. Dr. Jürgen Ruland
Institut für Klinische Chemie und Pathobiochemie
Klinikum rechts der Isar an der Technischen Universität München
Tel.: +49 89 4140-4751

jruland@lrz.tum.de
www.klinchem.med.tum.de

http://www.tum.de/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/kurz/article/31497/ – Link zur Pressemeldung
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