Städte machen einheimische Eidechsen zur Minderheit

Eine heimische Mauereidechse und eine italienische Mauereidechse (von unten nach oben) unterscheiden sich unter anderem in der Rückenfärbung Joscha Beninde - Universität Trier

Zu den markanten Beispielen, wie sich Arten an Städte anpassen, gehören die Saumfingereidechsen. In Städten lebende Exemplare haben längere Beine, größere Zehenballen und mehr Lamellen an den Zehen, um auf glatten Oberflächen wie Metall oder Beton besseren Halt zu haben. Zudem können sie sich schneller bewegen als ihre Artgenossen in den ursprünglichen Waldhabitaten.

Joscha Beninde hat für seine Studie jeweils etwa 200 Exemplare von Mauereidechsen in Trier, Saarbrücken, Mannheim und Freiburg untersucht. Lediglich in Trier fand er noch heimische Linien ohne Vermischung mit fremden Genen vor.

In den anderen drei Städten konnte er nur noch zwischen 10 und 54 Prozent heimische Eidechsen nachweisen. Die übrigen 46 bis 90 Prozent sind Abkömmlinge von eingeführten Eidechsen aus Frankreich oder Italien.

Die fremden Arten oder Linien wurden entweder bewusst ausgesetzt oder kamen als blinde Passagiere in die Städte. Zu ihrer Verbreitung trägt häufig das in Städten weit verzweigte Schienennetz bei. Joscha Beninde stellte auch fest, dass landschaftliche Barrieren wie Flüsse oder Straßen eine Vermischung, die so genannte Hybridisierung, nicht verhindern.

Durch diesen Prozess werden Genome, die sich zuvor über Jahrtausende oder Jahrmillionen in Isolation entwickelt haben, neu zusammengewürfelt. Auf diese Weise können vorteilhafte Eigenschaften einer Art oder Linie von der anderen aufgenommen werden. Hybride breiten sich weiter aus, da sie einen Fitnessvorteil gegenüber den ursprünglichen Linien haben.

Daher stellt sich die Frage, wie mit diesen Verdrängungsprozessen umzugehen ist. Mauereidechsen sind durch die FFH-Richtlinie der Europäischen Union geschützt. Fraglich ist jedoch, ob sich dieser Schutz auch auf nicht-heimische Linien erstreckt.

„Aus ökologischer Sicht wäre es konsequent, wenn nur heimische Linien unter Schutz stehen würden. Auch rechtlich ist diese Interpretation vertretbar, wenn nicht sogar notwendig“, sagt Joscha Beninde. Bislang steht eine Regelung allerdings aus.

Die Ergebnisse der Studien von Joscha Beninde wurden in einer Spezialausgabe des Fachjournals „Proceedings B“ veröffentlicht: Joscha Beninde, Stephan Feldmeier, Michael Veith und Axel Hochkirch: „Admixture of hybrid swarms of native and introduced lizards in cities is determined by the cityscape structure and invasion history.“

Dr. Joscha Beninde
Biogeographie
+49 176 – 21970211
beninde@uni-trier.de
http://www.uni-trier.de

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Peter Kuntz idw - Informationsdienst Wissenschaft

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