Selbstpumpender Mikroschlauch

Die „Mikroschlauchpumpe“ transportiert Wassertröpfchen angetrieben von Sonnenlicht. (c) Wiley-VCH

Angetrieben von natürlichem oder künstlichem Sonnenlicht transportiert eine neuartige „Mikroschlauchpumpe“ Wassertröpfchen kontrolliert auch über lange Strecken. Wie chinesische Wissenschaftler in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichten, besteht die Pumpe aus einem Schlauch, dessen Eigenschaften sich durch eine Bestrahlung auf asymmetrische Weise ändern lassen. So entstehen Kapillarkräfte und ein Gradient der Benetzbarkeit der Innenwand, deren Zusammenwirken die Wassertröpfchen außergewöhnlich stark beschleunigt.

Moderne molekulare Analyse- und Diagnosemethoden arbeiten meist mit winzigen Flüssigkeitsmengen. Auch in der Synthese wird inzwischen auf die Mikrofluid-Technik zurückgegriffen, bei der Reaktionen in Mikrokanälen und miniaturisierten Apparaten stattfinden.

Um solche kleinen Volumina präzise von einer Stelle zu einer anderen zu transportieren, haben Wissenschaftler von der Tsinghua und der Beihang University in Peking eine „Mikroschlauchpumpe“ entwickelt.

Die Pumpe besteht aus einem Polymerschlauch von ca. 500 µm Durchmesser, der aus zwei Schichten aufgebaut ist. Die äußere besteht aus Polydimethylsiloxan (PDMS), dem die Forscher um Chun Li, Zhiping Xu und Liangti Qu reduziertes Graphenoxid (rGO) beimischten, ein Kohlenstoff-basiertes Nanomaterial, das das Spektrum des Sonnenlichts besonders gut absorbiert und dabei stark erhitzt wird.

Die Wärme wird auch auf die innere Beschichtung der Schlauchwand übertragen. Sie besteht aus Poly-N-Isopropylacrylamid (PNIPAm), einem Polymer, das bei Raumtemperatur ein Hydrogel bildet: Die Polymerketten sind dann zu einem Netzwerk verknäuelt, das durch Einlagerung von Wasser aufgequollen ist.

Ab etwa 32 °C kollabiert das Hydrogel zu kompakten Kügelchen, die die Innenwand wasserabweisend machen. Zudem schrumpft die innere Schicht, sodass der Innendurchmesser des Schlauches größer wird.

Wird der Schlauch nur an einem Ende bestrahlt, entsteht zum Einen ein Gradient der Benetzbarkeit der inneren Wand. Zum Anderen entsteht eine Asymmetrie der Schlauchgeometrie, da der Innendurchmesser nur am bestrahlten Ende geweitet ist.

Ein Wassertröpfchen wird im Schlauch aufgrund der Kapillarkräfte in Richtung des engeren Durchmessers, also des nicht bestrahlten Endes, gezogen. Da die Innenwand im bestrahlten Bereich zudem schlecht benetzbar ist, wird das Wassertröpfchen zusätzlich beschleunigt.

Durch die Synergie der beiden Mechanismen lassen sich hohe Vorwärtsgeschwindigkeiten erreichen, die über die Stärke der Bestrahlung reguliert werden können.

Nach der Bestrahlung kühlt sich der Schlauch sehr schnell wieder ab, das Hydrogel stellt seine ursprünglichen Eigenschaften wieder her und kann erneut bestrahlt werden.

Dank des flexiblen Materials sind nicht nur gerade, sondern auch gekrümmte, meterlange Schläuche herstellbar, in denen Wasser kontinuierlich über weite Strecken transportiert werden kann.

Es lassen sich zudem verzweigte Systeme herstellen, die gleichzeitig oder in Folge an verschiedenen Stellen bestrahlt werden können. So lassen sich z.B. einzelne, unterschiedliche Reagenzien enthaltende Tröpfchen gezielt in einer bestimmten Reihenfolge transportieren und miteinander vereinigen – etwa für diagnostische Tests oder wenn Wassertröpfchen als Mikroreaktoren für chemische Reaktionen genutzt werden.

Angewandte Chemie: Presseinfo 34/2018

Autor: Liangti Qu, Beijing Insitute of Technology (China), http://cce.bit.edu.cn/kyjgjktz/qltktz/index.htm

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany

https://doi.org/10.1002/ange.201808835

http://presse.angewandte.de/

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Dr. Karin J. Schmitz Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.

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