Schützende Wachsschicht als Sexsignal – Forscher klären Paarungsverhalten von kleiner Wespenart

Ein Weibchen der Lagererzwespe Lariophagus distinguendus bei der Eiablage. Foto: Stephan Kühbandner<br>

Allerdings fällt die gerade einmal 1-2 mm große Lagererzwespe Lariophagus distinguendus durch ein besonderes Paarungsverhalten auf. Forscher der Universität Regensburg konnten zeigen, dass Lagererzwespen ihre wasserabweisende Wachsschicht auf der Körperoberfläche zur Erkennung von Sexualpartnern verwenden.

Diese Wachsschicht dient eigentlich dem Schutz vor Austrocknung. Die „Doppel-Nutzung“ ist eine äußerst ökonomische Strategie: Denn die Lagererzwespen greifen dabei auf Substanzen zurück, die sie für andere Zwecke ohnehin produzieren müssen.

Die meisten Insekten steuern die Suche nach Sexualpartnern über chemische Signale, sogenannte Sexualpheromone. Um einen geeigneten Partner über größere Entfernungen anzulocken, werden häufig leichtflüchtige Duftstoffe abgegeben. Doch auch wenn sich die Auserwählten näher kommen, muss die Chemie stimmen. Oftmals laufen dann Balzrituale ab, bei denen die Oberfläche des möglichen Partners mit den Antennen untersucht wird, um anhand von schwerflüchtigen Stoffen zu entscheiden, ob es sich auch um den „Richtigen“ handelt. Wie diese Erkennungssignale im Laufe der Evolution entstanden sind, konnte bislang jedoch noch nicht vollständig geklärt werden.

Die Forscher um Prof. Dr. Joachim Ruther vom Institut für Zoologie der Universität Regensburg untersuchten in diesem Zusammenhang das Verhalten der Lagererzwespe Lariophagus distinguendus, die als Parasit die Larven des Kornkäfers und anderer Käferarten befällt. Wie bei den meisten Insekten ist die Oberfläche der Lagererzwespe mit einer wasserabweisenden Wachsschicht versiegelt. Diese besteht aus knapp 70 unterschiedlichen Substanzen.

Nach dem Schlüpfen ist die Wachsschicht von jungen Männchen und Weibchen noch sehr ähnlich zusammengesetzt, so dass junge Wespen beiderlei Geschlechts von Männchen mit Balzverhalten umworben werden. Männchen verändern jedoch innerhalb der ersten Lebenstage die Zusammensetzung ihrer Oberfläche, indem sie eine Komponente (3-Methylheptacosan) aus ihrem Wachsgemisch entfernen. Erst dadurch sind die Wespen dann in der Lage, die beiden Geschlechter mit ihren Antennen zu unterscheiden.

Das Forscherteam fand heraus, dass ältere Männchen von ihren Geschlechtsgenossen wieder für Weibchen gehalten werden, wenn ihnen die fehlende Substanz der Wachsschicht wieder hinzugefügt wurde. Die Schlüsselkomponente 3-Methylheptacosan wurde jedoch nur erkannt, wenn sie gemeinsam mit den anderen Bestandteilen der Wachsschicht vorlag. Überraschenderweise waren auch sogenannte Triacylglyceride an der Wirkung beteiligt. Sie bilden den Hauptanteil unserer Nahrungsfette. Dass sie auch als chemische Signale zur sexuellen Kommunikation dienen können, war jedoch bislang unbekannt.
Die Studie der Regensburger Biologen zeigt, dass komplexe Substanzgemische, die eigentlich primär dem Schutz der Insekten dienen, durch einfache Veränderungen in der Zusammensetzung zu Erkennungszeichen bei der Paarung werden können. Auf dieser Grundlage sind weitere Untersuchungen zur Entstehung von sexuellen Signalen bei Insekten möglich.

Die Ergebnisse der Studie wurden vor Kurzem in der renommierten Fachzeitschrift „Journal of Experimental Biology“ veröffentlicht (DOI: 10.1242/jeb.071217).

Titel der Studie:
“Deciphering the signature of cuticular lipids with contact sex pheromone function in a parasitic wasp”

Ansprechpartner für Medienvertreter:
Prof. Dr. Joachim Ruther
Universität Regensburg
Institut für Zoologie
Tel.: 0941 943-2151
Joachim.Ruther@biologie.uni-regensburg.de

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Alexander Schlaak idw

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