Schlüssel-Gen im Kampf gegen Mukoviszidose identifiziert: Forscher sehen neuen Ansatz für Therapien

Die Forscher um Prof. Dr. Karl Kunzelmann und apl. Prof. Dr. Rainer Schreiber vom Institut für Physiologie der Universität Regensburg entdeckte dabei auch eine Vielzahl von Genen, die einen Einfluss auf die Erkrankung haben, zuvor aber nicht mit Mukoviszidose in Verbindung gebracht wurden. Die Forschungsergebnisse wurden vor wenigen Tagen in der renommierten Fachzeitschrift „Cell“ veröffentlicht.

Mukoviszidose (von lat. „mucus“ für Schleim) ist eine vererbbare Stoffwechselerkrankung, die durch Mutationen des Gens CFTR hervorgerufen wird, das wiederum die Funktion des Proteins ENaC (des sogenannten epithelialen Natriumkanals) kontrolliert. Die CFTR-Mutationen führen zu ENaC-Überfunktionen und auf diese Weise zu Störungen und Verschleimungen in unterschiedlichen Organen: So kann gerade eine Verschleimung der Bronchien zu häufig wiederkehrenden Lungeninfekten oder schwerwiegenden Lungenentzündungen führen, die den Patienten das Atmen erheblich erschweren.

Das einzige bisher verfügbare Medikament, das direkt der Mutation des CFTR-Gens entgegenwirkt, führt lediglich bei den 3 % der Patienten zu guten Ergebnissen, die eine der über 2.000 bisher bekannten CFTR-Mutationen aufweisen. Vor diesem Hintergrund sind Therapieansätze notwendig, die nicht auf die unzähligen Formen der CFTR-Mutationen, sondern direkt auf die Funktionsweise des Proteins ENaC abzielen.

In diesem Zusammenhang ist dem internationalen Forscherteam jetzt ein wichtiger Schritt gelungen. Die Wissenschaftler haben untersucht, wie sich die gezielte Ausschaltung anderer Gene auf die Funktionsweise von ENaC auswirkt. Über ein Breitband-Screening gingen sie eine Liste von über 7.000 Genen systematisch durch. Die Forscher nutzten dafür eine Kombination aus Verfahren der Genetik und der automatisierten Mikroskopie.

Kunzelmann und seine Kollegen stellten fest, dass über 700 Gene einen Einfluss auf die ENaC-Aktivitäten haben, sofern die entsprechenden Gene einzeln ausgeschaltet bzw. unterdrückt werden. Einige davon waren bislang nicht mit Mukoviszidose in Verbindung gebracht worden. Ein besonderer Fund war allerdings das Gen DGKi. Bei der Untersuchung des Gens in Lungenzellen von Mukoviszidose-Patienten stellte sich heraus, dass DGKi ein vielversprechender Ansatzpunkt für Therapien mit neuen Medikamenten sein könnte. Denn die Ausschaltung von DGKi scheint die Effekte der Mukoviszidose umzukehren, aber das Protein ENaC nicht vollständig zu unterdrücken.

Diese vielversprechenden Resultate haben das Interesse der Pharmaindustrie geweckt und dazu geführt, dass die Forscher das Gen DGKi bereits als neuen Angriffspunkt für Medikamente zum Patent angemeldet haben. Vor diesem Hintergrund wollen sie jetzt weitere Moleküle untersuchen, die DGKi ohne größere Nebenwirkungen ausschalten können.

„Unsere Ergebnisse sind ein Ansporn, aber es liegt noch viel Arbeit vor uns“, sagt Kunzelmann. „Wir haben DGKi in unseren Zellen, weil wir es benötigen. Deshalb müssen wir sicher sein, dass neue Medikamente nicht zu unerwünschten Folgen in anderen Teilen unseres Körpers führen.“

Titel der Veröffentlichung:
High-Content siRNA Screen Reveals Global ENaC Regulators and Potential Cystic Fibrosis Therapy Targets. In “Cell” (2013), DOI: 10.1016/j.cell.2013.08.045
Der Original-Artikel im Netz unter:
www.cell.com/abstract/S0092-8674%2813%2901076-3
Ansprechpartner für Medienvertreter:
Prof. Dr. Karl Kunzelmann / Prof. Dr. Rainer Schreiber
Universität Regensburg
Institut für Physiologie
Tel.: 0941 943-4302
Karl.Kunzelmann@ur.de

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Alexander Schlaak idw

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