Sandwich im Kürbis

Wie ein Klettverschluss binden die Ferrocene (gelb) in die Cucurbite (grau) und verbinden die Werkteile (blau) auch unter Wasser sicher.<br>(c) Wiley-VCH<br>

Wenn man etwas kleben will, sollten beide Flächen trocken sein. Kleben feuchter Oberflächen oder gar unter Wasser ist noch immer eine Herausforderung. Koreanische Wissenschaftler stellen in der Zeitschrift Angewandte Chemie nun völlig neues Konzept vor: Sie erreichen eine reversible Unterwasser-Haftung durch einen supramolekularen „Klettverschluss“.

Bisher haben Forscher vor allem versucht, natürliche Unterwasser-„Klebstoffe“ nachzuahmen, etwa die Haftmoleküle von Muscheln. Solche Substanzen kleben zwar gut im Nassen, allerdings lässt sich die Haftung nicht wieder aufheben. Das Team um Kimoon Kim von der Pohang University of Science and Technology in Südkorea wählte jetzt einen anderen Weg: weg von natürlichen Vorbildern – und mit reversibler Haftung unter Wasser.

Die Hauptherausforderung beim konventionellen Kleben unter Wasser: Die Wassermoleküle müssen zwischen Klebflächen und Klebstoff verschwinden, damit diese chemisch reagieren können. Anders beim neuen Ansatz. Kim und seine Kollegen verwenden so genannte Gast-Wirt-Wechselwirkungen zwischen wasserlöslichen Wirtsmolekülen mit einer wasserabweisenden „Tasche“ und ionischen Gastmolekülen mit einem wasserabweisenden Baustein, die in Wasser sehr feste nicht-kovalente Bindungen miteinander eingehen. Das Vertreiben der Wassermoleküle ist sogar die treibende Kraft für die Entstehung der Bindung.

Die Forscher wählten Cucurbit[7]uril als Wirt und Aminomethyl-Ferrocen als Gast. Cucurbit[n]urile (n = 5, 6, 7, 8 oder 10] sind Makrozyklen, große ringförmige Moleküle, die sich aus mehreren Glycoluril-Einheiten zusammensetzen und andere Moleküle in ihrem Hohlraum binden können. Der Name leitet sich von Cucurbita ab, dem lateinischen Namen für Kürbisse, deren Gestalt sie ähneln. Ferrocene sind so genannte Sandwichverbindungen, zwei aromatische Kohlenstoff-Fünfringe bilden die beiden „Brotscheiben“, zwischen denen sich ein Eisenatom als „Belag“ befindet. Das gewählte Ferrocen lagert sich sehr fest und spezifisch in einen „Kürbis“ aus sieben Glycoluril-Einheiten ein.

Die Forscher stellten Silikonstreifen her, auf die viele „Kürbisse“, und solche, auf die viele „Sandwiches“ geknüpft wurden. Kommen diese Streifen in Kontakt, binden sie analog zu einem Klettverschluss sehr fest aneinander. Eine Fläche von 1×1 cm des supramolekularen Klettbandes hält, aneinander gedrückt, ein Gewicht von 2 kg in Wasser. Nach dem Trocknen in Luft trägt es sogar 4 kg. Das ist mehr als z.B. ein doppelseitiges Klebeband kann.

Wie ein makroskopischer Klettverschluss kann auch das molekulare Pendant durch kräftiges Abreißen wieder getrennt und mehrere Male wieder verbunden werden. Die Haftung kann aber auch chemisch gelöst werden, nämlich durch Hypochlorit-Lösung, die die Eisenatome oxidiert. Nach einer Reduktion, z.B. mit Ascorbinsäure, klebt der Klettverschluss wieder.

Da die verwendeten Stoffe bioverträglich sind, wären auch Bio-Anwendungen denkbar, z.B. beim Verschluss von Operationswunden oder bei der „Reparatur“ von lebendem Gewebe. Nachgemachte Muschel-Kleber sind hier nicht geeignet, da sie starke Oxidationsmittel für die Aushärtung benötigen.

Angewandte Chemie: Presseinfo 07/2013

Autor: Kimoon Kim, Pohang University of Science and Technology (Republic of Korea), http://css.postech.ac.kr/

Angewandte Chemie, Permalink to the article: http://dx.doi.org/10.1002/ange.201209382

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Dr. Renate Hoer GDCh

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