Ein vermeintlich schützender Firnis, der nach dem Tod des Meisters auf das Bild „Blumen in blauer Vase“ aufgetragen wurde, hat demnach die Verfärbung einiger Blumen von einem leuchtenden Gelb zu einem matten Orange-Grau eingeleitet.
Vincent van Gogh (1853-1890): "Blumen in blauer Vase" (KM 107.055), Öl auf Leinwand, 61,5 x 38,5 cm, circa Juni 1887.
Bild: Kröller-Müller-Museum
Mikroskopaufnahme einer Cadmiumgelb-Probe aus dem Van-Gogh-Gemälde "Blumen in blauer Vase". Das leuchtende Gelb ist von einer dunklen Kruste bedeckt.
Bild: Koen Janssens/Universität Antwerpen
Um der Ursache auf den Grund zu gehen, schickte das Museum schließlich zwei mikroskopisch kleine Farbproben – beide nur Millimeterbruchteile groß – vom Originalgemälde zur Untersuchung an das Team von Janssens. Die Forscher durchleuchteten die Farbproben an der ESRF-Messstation ID21 und an der Messstation P06 an DESYs Röntgenquelle PETRA III und untersuchten die chemische Zusammensetzung sowie die innere Struktur an der Farb-Firnis-Grenze. Kristallines Cadmiumsulfat, das bei der Oxidation entstanden sein sollte, ließ sich dabei überraschenderweise nicht aufspüren. „Es zeigte sich, dass die Sulfat-Ionen aus dem Cadmiumsulfat mit Blei aus dem Firnis sogenanntes Bleivitriol gebildet hatten“, erläutert DESY-Forscher Gerald Falkenberg aus dem Team. Bleivitriol (PbSO4), eine opake Verbindung, fand sich in weiten Bereichen des Firnis. „Quelle des Bleis ist vermutlich ein bleihaltiges Trocknungsmittel, das dem Firnis beigemischt worden war“, sagt Falkenberg.
„An der Grenzschicht zwischen Farbe und Firnis bildete sich zudem mit Abbauprodukten aus dem Firnis eine Schicht aus Cadmiumoxalat“, ergänzt ESRF-Forscherin Marine Cotte. Gemeinsam mit dem Bleivitriol ist das Cadmiumoxalat (CdC2O4) für die undurchsichtige, orange-graue Kruste auf den cadmiumgelben Bereichen des Gemäldes verantwortlich.
„Die Erforschung dieses bislang unbekannten Zersetzungsprozesses erlaubt uns, besser zu verstehen, warum das Gemälde heute so aussieht“, betont Leeuwestein. Und Joris Dik von der TU Delft ergänzt: „Die Arbeit liefert außerdem Information darüber, wie nachträglich aufgetragene Firnis-Schichten zu einem Verfall bestimmter Pigmente eines Gemäldes beitragen können. Künftig lässt sich dieser Zerfallsprozess hoffentlich stoppen oder sogar mit neuen Konservierungstechniken verhindern.“ Ob eine Entfernung des Firnis auf dem untersuchten Gemälde möglich und sinnvoll ist, sei aber noch nicht abschließend geklärt, sagt Leeuwestein. „Bei einer möglichen Entfernung von Firnis und Kruste muss man immer bedenken, dass Firnis und Kruste Originalmaterial des Cadmiumgelbs enthalten. Die mögliche Entfernung von Originalmaterial von einem Gemälde ist bei einer Konservierungsbehandlung natürlich unerwünscht.“
In vielen Museen werden Konservatoren sich nach dieser Veröffentlichung nun Fragen über die Restaurierung von Van-Gogh-Gemälden stellen. „Diese Studie zur Zersetzung von Cadmiumgelb ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie die Zusammenarbeit von Wissenschaftlern und Konservatoren helfen kann, den Zustand von Van Goghs Gemälden besser zu verstehen, und seine Werke besser zu bewahren“, sagt die Chef-Konservatorin des Van-Gogh-Museums in Amsterdam, Ella Hendriks, die an der Arbeit nicht beteiligt war. „Viele der Gemälde aus Van Goghs Französischer Periode sind in der Vergangenheit mit ungeeignetem Firnis versehen worden, und die Entfernung dieser nicht originalen Firnisschichten ist eine der Herausforderungen, denen Konservatoren weltweit heute gegenüberstehen. Janssens und sein Team haben entscheidende Informationen geliefert, um Konservatoren bei den schwierigen Entscheidungen über solche komplexen Reinigungsbehandlungen zu unterstützen.“
Dr. Thomas Zoufal | idw
Weitere Informationen:
http://www.desy.de
http://www.desy.de/infos__services/presse/pressemeldungen/2012/pm_140912/index_ger.html
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